Kapitel 1

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„Glaubst du wirklich, dass „Die Goldene Faust" ein guter Name ist für dein Wirtshaus Meko?", sichtlich unbeeindruckt musterte mich Sasatin.
„Ja, warum denn nicht?"
Wir saßen an einer wohl eingerichteten, mit Ebenholz verkleideten Bar, um die zehn hüfthohe Hocker standen. Ebenso wie die Bar bestanden sie aus schwarzem verrußtem Holz. Alles passt perfekt, selbst die Krüge sind dunkel gebrannt.
Während Sasatin auf einem der Hocker saß, öffnete ich uns hinter der Bar ein Fass Kirsch-Schwarzbier. Die Theke steht unter einer Abdeckung im Freien. Der Rest vom Haus ist hinter der Bar und nur über die Theke erreichbar.
„Na also, ich meine der Name lockt Schläger und anderes Gesindel an. Und das schmälert die Einrichtung.", gab er anklagend von sich.
„Ach damit weiß ich doch umzugehen. Der Alkohol lockt solch Gesocks doch sowieso an. Aber da du deine Schmiede um die Ecke hast und die Leute warten müssen, kannst du ihnen so bestimmt eine gute Bar um die Ecke empfehlen."
„So lang ich weiter mein Freibier krieg."
„Selbstverständlich. Wo wir davon reden, Prost! Auf „Die Goldene Faust". Möge der Met fließen und das Bier nie leer sein." Ich hob feierlich meinen Krug.
„Wie mein Alter sagte: Asche zur Glut, Stahl für Mut, ein Bier und alles ist gut. Hossa!"
Die Krüge krachten schwungvoll gegeneinander und etwas Bier schwappte über. Der Morgen würde früh genug kommen und mit ihm auch die Eröffnung. Ich ließ meinen Blick zufrieden über die kleine Siedlung schweifen, die sich vor mir erstreckte. In meinen Augen ein schönes Dorf. Vielleicht dreißig Häuser an einer Handelsstraße. Zwei Jäger, eine größere Bäckerei und der Rest alles Bauern, Viehhirten, Gerber und viele Bautätige. Auch ein Arzt und zwei Frauen, die ihn unterstützen, hatten sich hier niedergelassen. Dazu kommt noch die Bauerngilde, die alle umfasst, die sich zur Verteidigung finden ließen. Es verschlägt keine Soldaten hier her, da wir am Rand des Königreichs Evide leben. Im Norden befindet sich Niemandsland und dahinter erstreckt sich das Bergland Kaskatrre. Zudem grenzt Nordwestlich die Landzunge eines Vulkanes an unsere Siedlung.
Nun denn, nur noch schnell das Feuer austreten. Ich mag zwar das verrußte Aussehen meiner Bar, aber es fehlt nicht viel und ich mach' ein Laden für Kohlestifte auf.
Sasatin verabschiedete sich. Die Theke noch abgewischt und die Krüge an ihren Platz zurück, schweifte mein Blick noch einmal die Straße entlang. Eine Krähe flog am Mond vorbei. „So ein friedliches Dorf." Sagte Meko und ging zu Bette.
Der Morgen begann mit dem angsterfüllten Gebrüll des Jägersburschen: „Ritter! Sie kommen vom Niemandsland!"
Ritter? Von dort? Ich öffne das Fenster über der Bar.
Beschwichtigend redete ich auf ihn ein: „Ruhig Junge. Kannst du mir sagen welche Farbe sie trugen?"
„Schwarz mit einem Roten Kreis drauf.", stieß er keuchend hervor.
Irritiert starrte ich ihn an: „Das sind Kaskatrre, die wollen doch nur Handeln. Was regst du dich so auf?"
„ES WAREN NUR BEWAFFNETE! An die 20."
„Ach so .... WAS STEHST DU NOCH HIER? SAGS DEM ÄLTESTEN!"
Nachdenklich starrte ich in die fernen Berggipfel, die schwach am Horizont aufblitzten. Was sucht hier ein Regiment? Sie waren bestimmt nur auf der Durchreise. Wäre ja perfekt für die Eröffnung bemerkte ich zufrieden. Na, dann schnell runter und das Feuer an. Essen kann ich später. Mein Feuerstahl ist schonwieder weg. Mist, ich muss Sasatin nachher um einen neuen bitten. Wieso verschwindet der immer. Dann halt mit Magie. Ich greife ein Holzscheit und flüstere „Ignite". Das Holz glimmt erst ein wenig, dann zieht sich eine Flamme um seine Kanten. Wie nah sie wohl schon sind? Ich beschloss kurz auf die Hauptstraße zu treten und nachzuschauen. Ah ja, ich kann sie sehen, wie sie in drei Reihen marschieren. Dauert nur noch 5 Minuten. Dann mach ich schnell mal das Brot in der Pfanne warm und der große Schinken kann auch raus. Ach, das dauert zu lang'. Nachdem ich „Trahere per Ignite" aussprach stellte ich zufrieden fest, dass nun alles schmackhaft vor sich hin dampfte. Angesichts der Situation kommen mir 10 Hocker doch recht wenig vor.
Als ich erstmalig die lauten Schritte hören konnte, stand ich gerade hinter meiner Theke und polierte einen Krug, während ich zur Straße schaute. Dann erblickte ich sie - Eiserne Handschuhe, Straffe Lederrüstungen, bewaffnet mit Speeren und Handäxten. Andere sogar komplett in Stahl und mit großen Anderthalbhändern. Der Anführer lief ganz vorne und trug eine Lederrüstung ohne Ärmel. Dazu eine große Streitaxt. Das Metall dieser Waffe schimmerte leicht. Ich wette magisch damit sie leichter ist. Der Anführer hob den Arm und alle blieben stehen. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert. Der Anführer trug eine Glatze aber dafür einen eindrucksvollen Bart. Mir fällt auf, dass er um die 1,80 Meter groß sein muss, als er stolzen Schrittes auf mich zuläuft.
„Guten Tag Wirt. Meine Männer bräuchten ihre erste Mahlzeit. Wir sind an die vierzehn Mann. Hättet ihr für jeden ein oder zwei Maß Bier?"
„Sowohl an hellem Weizen als auch am dunklen Bier mangelt es nicht. Ich kann ihnen auch warmes Brot und Schinken oder Wurst dazu anbieten. Jedes Bier macht zwei Kupfermünzen und Brot und Fleisch jeweils vier. Das für alle wären mindestens sechzig Kupfermünzen, wenn jeder zwei Krüge trinkt, wären es sogar neunzig Kupfermünzen oder neun Silbertaler."
Mit einem etwas kalten Lächeln auf den Lippen nickt er mir zu: „Ich gebe Ihnen zehn Silbertaler, wenn sie den Jungs ein wenig mehr geben und mir verraten würden wo der Schmied ist."
So fängt der Tag doch gut an. Die Soldaten setzten sich an die Bar. Es war offensichtlich, dass sie sich in nicht allzu entfernter Vergangenheit in einem Kampf befunden hatten. Sie waren ziemlich zerrüttet und voller blauer Flecken. Einer von ihnen hatte sogar eine gebrochene Nase. Als ich ihm eröffnete, wo sich unser Arzt befand, ließ der Anführer seine Soldaten bei mir zurück und ging zu Sasatin in die Schmiede. Es dauerte nicht sonderlich lange, bis der Dorfälteste vorbeikam und sich über die Ankömmlinge erkundigte, jedoch wurde schnell klar, dass er keine zufriedenstellende Auskunft von den Soldaten bekommen würde. Ich sagte ihm, wohin ihr Anführer gegangen war.
Ich gab den in sich gekehrten Männern an meiner Bar Käse und warmen Apfelmost ab und beobachtete mit Genugtuung, dass sich die Stimmung langsam hob. Doch auch ich musste unbefriedigender Weise feststellen, dass ich keine Antworten bekommen würde.
Der Anführer, Sasatin und der Dorfälteste kamen wieder zurück. Sie führten ein Gespräch und das Gesicht des Ältesten sah nicht gerade glücklich aus. Während ich jedem ein Bier und ein Holzbrett mit Brot, Käse, Schinken und zwei Würsten vorbereitete, machten die Soldaten drei Plätze frei. Der Anführer bedankte sich, während Sasatin entspannt anfing alles zwischen den Brotscheiben zu Stapeln und genüsslich abbiss. Der Älteste schien jedoch sichtlich ungeduldig zu werden: „Wie lang wollt ihr denn bleiben? Und wo wollt ihr unterkommen? Wir bauen ja selbst noch Häuser, da es zu wenige für uns gibt." Bevor der Anführer sich zu einer Antwort herabließ trank erst mal den gesamten Krug mit einem Ansatz und wischte sich mit seinem Handrücken den Schaum aus dem Bart.
„Wir werden uns selbst ein Lager am Rand aufbauen. Graben ausheben, Palisaden und so weiter.", sagte er betont langsam und eindringlich.
„Wie?, der Älteste zog die Augenbrauen hoch. Das klingt aber nach Belagerung. Zumal dies nicht euer Hoheitsgebiet ist." Nun hielten alle Soldaten inne und sahen zu uns. Ich glaube der Alte ist etwas überfordert. Sasatin, dieses Drachenmaul, hatte derweil aufgegessen und sagte:
„Ich soll Rüstungen reparieren und Waffen schärfen. Die Esse ruft. Während ihr hier diskutiert, würde ich bitten das alle Soldaten, denen es nach der Arbeit eines Schmieds bedarf, mir nun folgen mögen." Der Anführer schickte mit einer flüchtigen Armbewegung die Hälfte seiner seine stark gepanzerten Männer mit. „Die anderen kommen dran, wenn er mit denen fertig ist.", murmelte er und drehte sich, nun da das geklärt war, zum Ältesten. Ich spürte, dass für die nächsten Minuten ein voller Krug von Vorteil wäre und füllte ihn hastig auf. „Wir sind im Auftrag der Rittergilde der drei Reiche hier. Ich komm gleich zum Punkt. Vom Vulkangefängnis Aska sind Monster geflohen. Sie werden auf ihrem Weg hier durchkommen. Noch Fragen?" Der Alte erblasste und auch ich wurde stutzig. Soweit ich weiß, ist von dort noch nie einer geflohen. Wie auch, das Gefängnis schwimmt in Magma.
Ich runzelte die Stirn: „Wisst ihr was für Monster?"
„Ein Paar Wölfe und ein Medium der Nacht." Ah, davon habe ich gelesen. Sie können tagsüber keine feste Form annehmen. Aber in der Nacht sind die in ihrem Element. Wer hätte es gedacht.... Sie sind wie große Schlangen und schleichen sich an, um mit ihrem Atem die unglückseligen Opfer in Raserei verfallen zu lassen, sodass diese nicht mehr unterscheiden können, wer Freund oder Feind ist. Und wenn dann die Erschöpfung eintritt, ist das Festmahl eröffnet. Wobei anzumerken ist, dass sie nicht ein einziges Mal kauen müssen, um ihre Beute zu schlucken. Anders gesagt, sie sind verdammt groß. Ohne Magie kommt man kaum gegen sie an. Zu doof, dass die Rittergilde Magie außerhalb des Hofes verbietet. Es kam zu oft zu Missgeschicken, in denen nicht selten monströse Kreaturen beschworen wurden. Ich spreche aus Erfahrung. Der Älteste stand auf. Er schien seinen Argwohn hinter sich gelassen zu haben: „Ich vermute ihr werdet den Hügel nehmen? Soll ich Arbeiter zu euch kommen lassen?"
Mit harter Miene erwiderte der Fremde: „Nein, wir bleiben vollkommen unter uns." Der Älteste nickte respektvoll und ging seines Weges. Der Anführer setzte sich wieder zur Theke gerichtet und ich positionierte mich vor ihm – schließlich hatte ich auch Fragen.
„Wie viele habt ihr gegen das Medium verloren?" Der Anführer schaute mich musternd an. Was er sah, war wohl ein kräftiger Mann Anfang des dritten Jahrzehntes seines Lebens. Was viele nicht zu sehen bekamen, waren die Tätowierten Drachenflügel auf meinen Armen. Der Orden des Merlins. Der Nachweis für überragendes magisches Talent. Der Anführer nahm einen Schluck und fragte merklich verwundert: „Woher hat ein Wirtsmann den Merlinsorden?" Ich verschluckte mich an meinem Bier. Wie? Ach, ich Idiot habe das Hemd ohne Ärmel an. Bei Merlins Bard, kann mich bitte das Medium fressen?
„Sagt das doch nicht so laut, muss schließlich nicht das ganze Dorf hören.", zischte ich. Dann fügte ich bestimmt hinzu: „Wenn ihr zuerst redet, dann lockert das vielleicht auch meine Zunge."
Er mustere mich eingehend, fuhr dann aber fort: „Nun, wir haben sechs Mann verloren. Es ist nichts von ihnen Übrig. Jetzt ihr."
„Nun, ich hab' mit sieben Jahren das Wirtshaus meiner Eltern gesprengt. Diese haben mich dann beim Kloster abgegeben, welches ich wiederum geflutet habe. Dann kam der Orden. Ein Paar Jahre Ausbildung, viele Aufträge und nun Ruhestand."
Er zog seine Augenbrauen sichtlich amüsiert hoch: „Wie gut seid ihr?" Haha wie erklär ich das am besten? Ach, ich weiß wie. „Carnem porcinam assam"
Ein Gebratenes Schwein am Spieß baute sich vor den Soldaten auf. „Cultro"
Drei Messer schossen in das verzehrfertige Schwein.
„Genießt es." Der Anführer war absolut nicht beeindruckt.

Die Goldene FaustWhere stories live. Discover now