Kapitel 19: Meine Schuld, oder nicht?

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4.2.43, Mittwoch

Ich saß vor der Tür zu Theos und Leos Zimmer. Inzwischen war es Nachmittag und Marie, Paul und Mia waren gerade bei den beiden.

Nachdem der Arzt uns gestern mitgeteilt hatte, dass Kai gestorben sei, ist Amelie in Jonas' Armen zusammengebrochen, genauso wie Marie. Und selbst ich wäre fast zu Boden gefallen, hätte Kilian mich nicht schon längst in seine Arme gezogen.

Mir war klar, dass der Tod von Kai Amelie sehr schwer zusetzte. Sie waren zusammen. Sie haben sich geliebt oder eher sie lieben sich immer noch.

Und da konnte ich natürlich auch Paul, Marie und Mia verstehen. Kai war ein Teil der Familie. Er war ihr Sohn oder Bruder und nun war er einfach weg.

Theo wusste natürlich noch nicht davon, aber ihn würde es wohl noch härter als Amelie treffen. Kai war sein Zwillingsbruder und sie standen sich so nah wie niemand anderer. Kai war immer für ihn da und sie waren so glücklich. Die beiden waren so perfekt zusammen, da wurde man manchmal schon etwas eifersüchtig. Sie wussten, wie es dem anderen ging und was er dachte oder fühlte. Sie konnten sich blind vertrauen. Sie konnten alles miteinander machen. Theo würde in ewige Trauer verfallen und irgendwie wollte ich ihn daraus befreien.

Doch auch ich verkraftete Kais Tod nicht wirklich gut. Auch wenn wir uns nicht so nah standen, war er immer noch wie ein Bruder für mich. Er half mir bei jeder Sache und war irgendwie auch ein wichtiger Faktor bei Theo und mir. Selbst als wir uns getrennt hatten, war er auf beiden Seiten. Er konnte einen so gut trösten, war aber dennoch lustig.

Kai strahlte einfach das Glück aus. Er war, man könnte sagen, wie eine Sonne. Irgendwie schien er so perfekt und als könnte ihm niemand etwas antun. Doch jetzt war er weg. Unter den vielen Sonnen, die es auf der Welt gab, war ausgerechnet eine der Stärksten weg. Kai hatte das nicht verdient. Niemand hätte es verdient, aber Kai noch weniger. Es gab so viele Menschen, die ihn brauchten und die er mochte. Theo, Amelie, Leo, Jona, Lukas, Marlon. Wir alle würden ihn vermissen.

Er war einer der wichtigsten Bestandteile in unserem Leben. Und jetzt war da eine große Lücke und Lösungen, wie man sie wieder füllen könnte.

Natürlich könnte man einen neuen Menschen suchen, der so war wie er, doch das würde schwierig werden. Kai war besonders und es gab nicht viele Menschen, die wie er waren.

Dann konnte man trauen, Abschied nehmen, aber nicht vergessen. Es war vielleicht eine der besten Lösungen. Wir mussten alle in einer Weise von Kai loslassen, aber nur wie. Es gab so vieles, was uns an ihn erinnerte.

Nun, und dann wäre vielleicht eine Lösung, diese Lücke dar zulassen; die Zeit heilen lassen, bis nur noch eine Narbe da war, die uns an den erinnerte, der uns so wichtig war. Ihn nicht loszulassen, aber ihn dennoch langsam verabschieden.
Wie, wenn man ein Pflaster von einer Wunde nimmt. Entweder man riss es schnell, aber schmerzvoll ab, oder man zog es langsam herunter, sodass es nur zog. Vielleicht sollten wir Kai nicht schnellstmöglich vergessen, da es am meisten wehtut, aber wir konnten ihn langsam aus unserem Leben, wie ein Luftballon aus einer Hand, fliegen lassen. Wir würden ihm hinterhersehen, aber irgendwann müssten wir wieder auf den Boden schauen, denn sonst würden wir nicht sehen, was kommt. Wir müssten nach vorne Blicken, aber immer mit ihm in unseren Gedanken.

Es war wie die Sterne am Himmel. In der Nacht waren sie zu sehen, aber am Tag nicht, dennoch waren sie da. So musste es auch mit Kai sein. Wir konnte ihn nun nicht mehr sehen, aber dennoch war er da. Er war bei jedem von uns, wenn wir ihn nur nicht vergaßen.

Als sich die Tür zu Theos und Leos Zimmer öffnete, zuckte ich heftig zusammen. Marie, Paul und Mia kamen heraus. Ich stand zögerlich auf und ging auf sie zu.

Number 9 - My handball love Onde as histórias ganham vida. Descobre agora