Kapitel 7

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Nachdem Serafine geendet hatte, war es bereits Nachmittag. Die Sonne hatte sich wieder hinter ein paar grauen Wolken versteckt, die jetzt den Himmel schmücken.

Ein schneidender Wind fegte durch den Wald und lässt die Blätter rauschen. Ich sehe mich um. Die Äste wiegen sich im Wind.

„Wir sollten uns langsam ein Nachtlager suchen“, schlug ich Serafine vor und mache mich in eine Richtung auf. Sie folgt mir und ich wähle einen verschlungenen Pfad tiefer in den Wald.

Wir marschieren schweigend vor uns hin und versuchen, schnell voranzukommen. Der Weg schlängelt sich an den unzähligen Bäumen vorbei immer höher den nächsten Berg hinauf.

Dorniges Gestrüpp und hüfthohes Unkraut säumen den Pfad. Aus dem Boden erheben sich mittlerweile immer mehr schroffe Felsblöcke wie graue Zeugen ihrer Anwesenheit.

Ein unfreundliches, geradezu abweisendes Zittern liegt in der Luft, wie um Eindringlinge fernzuhalten. Vor uns ragt, mit jedem Schritt an Größe zunehmend, die Sierra empor.

Ihre zerklüfteten Steilhänge sind durchfurcht von verschneiten Schluchten. Der sonst so schwarze Fels saugt wie ein Schwamm das Licht auf und verdunkelte die gesamte Umgebung.

Zwischen der Sierra und der Bergkette, die die Ostseite bildet, befindet sich ein tiefer Einschnitt. Es ist der einzige Weg in die Berge hinein. Der Weg, den Serafine und ich beschreiten, führt uns direkt darauf zu.

Unsere Schritte knirschen auf dem unebenen Boden. Ich blicke empor und stelle erstaunt fest, dass der Gipfel weiß, wie Schnee ist. Tatsächlich habe ich nicht damit gerechnet, auf diesen schwarzen Berg eine schneeweiße Haube zu entdecken.

Wir wandern stundenlang. Zu unserer linken bildet der schwarze Fels eine massive Wand, nachdem wir in den Einschnitt zwischen den Bergen gelaufen sind.

Eine Weile befinden wir uns auf einem sehr steil ansteigenden Pfad, der sich neben Hügel und Schluchten hin und her windet. Dann, mit der tief stehenden Sonne im Rücken, erklimmen wir eine Anhöhe und können über die Bäume hinweg blicken.

Ich halte gespannt die Luft an. Links und rechts von uns sind weitere Berge, aber unter uns liegt die riesige Tiefebene, die sich bis zum Horizont erstreckt und dort mit dem Himmel verschmilzt.

Das Gras schillert in einem satten Grün und bildet ein grünes Meer, so weit das Auge reicht. Längliche, von scharfen Winden zerrissene Wolkenfetzen treiben über uns hinweg.

Wir haben vielleicht erst ein Viertel des hohen Berges bestiegen, dennoch verschwindet der Pfad vielerorts. Daraufhin suchen Serafine und ich eigenständig einen Weg weiter nach oben.

Der Boden ist nun voller Geröll, was den Halt trügerisch macht. Die Anstrengung treibt uns trotz der wachsenden Kälte den Schweiß auf die Stirn. Ein beißender Wind fegt über uns und peitscht uns gnadenlos entgegen.

Ich merke, wie mir dieser Wind zu schaffen macht. Er ist schuld an den aufgesprungenen Lippen, der trockenen Zunge und den brennenden Augen. Das unablässige Stürmen verfolgt uns, seitdem wir den Wald verlassen haben und nur noch Gestrüpp oder Felsbrocken unseren Weg kreuzen.

Je höher wir klettern, umso mehr nimmt er zu. Die Erde unter unsren Fußsohlen ist ausgetrocknet und Staub bläst uns in die Augen. Vor einem, durch Steinbrocken gut verborgenen, Dornengestrüpp bleibe ich stehen.

Die Lichtung im Zentrum der Büsche ist groß genug für ein kleines Lagerfeuer. Schwarz gefärbte Salamander fliehen unter hektischer Aufruhr in das umliegende Gestrüpp, als sie uns Eindringlinge erblicken.

Auch eine Bergziege sucht schnell das Weite als wir näher kommen. Noch ehe ich richtig realisiere, was passiert, höre ich meine Kleider reißen. Meliertes Fell sprießt aus meiner Haut hervor und ich komme mit vier Pfoten auf dem Boden auf.

Mein buschiger Schwanz zuckt, als ich die Witterung der Bergziege aufnehme. Meine Muskeln spannen sich an und ich renne los. Die Steine unter meinen scharfen Krallen rasen unter mir vorbei, als ich der Ziege nachsetze.

Schnell habe ich die Ziege zwischen zwei Felsblöcken eingekesselt. Mutig stellt sie sich auf die Hinterbeine, um mit ihrem Kopf von oben herab auf mich zu stoßen. Jedoch mache ich mit ihr nur kurzen Prozess und kehre mit dem toten Tier zu Serafine zurück.

Gerade als ich wieder komme, befreit sie sich von einer mit Dornen besetzten Ranke und schaut sich interessiert um. Ich beobachte sie eine Weile, bis mich die Kälte zum Handeln zwingt.

Eine gedrungen, kräftige Pflanze welche trotz dieser rauen Bedingungen gedeiht, reiße ich beherzt aus dem Boden. Diese lege ich sorgsam in der Mitte der Lichtung zurecht und versuche sie anzuzünden.

Die hölzernen Stängel fangen an zu qualmen und verströmen einen beißenden Gestank. Ich zupfe ein paar Zweige zurecht und probiere es erneut. Es qualmt, ansonsten tut sich nichts. Ich blicke mürrisch auf mein Werk und schimpfe leise vor mich hin. Als ich es nun verärgert erneut versuche, loderte eine Flamme auf.

Zufrieden seufze ich auf. Ich klemme meine kalten Finger unter die Achselhöhlen und hocke mich an das Feuer. Serafine gesellt sich ebenfalls zu mir, um sich ebenfalls zu wärmen. Ich spieße das Fleisch der Ziege auf und brate es über dem Feuer.

Das Fleisch brutzelt vor sich hin und verströmt auf der Lichtung sein volles Aroma. Die schlanke, schmale Zungenspitze von Serafine schlängelt sich aus ihrem Mund und sie kostet die Luft.

Als das Essen fertig ist, setzen wir uns nebeneinander und kauen schweigend. Die letzten Sonnenstrahlen werfen ein buntes Licht auf die vereinzelten Wolkenfetzen und zaubern scharfe Kontraste auf die Landschaft.

Von einer Seite her wird alles hell erleuchtet, während auf der anderen Seite alles im Dunkeln liegt. Gewöhnliche Dinge wirken überirdisch schön und ich komme mir vor, als säße ich in einem Gemälde.

Bevor das Licht verschwindet, kuschelte sich Serafine an mich und ist direkt eingeschlafen.

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Schwarz oder Weiß | ᵘⁿᶜᵒᵐᵖˡᵉᵗᵉᵈWhere stories live. Discover now