4.) Kapitel

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,,Hier entlang bitte."

Die sogenannte ,,Ymbryne‶ führte mich um das ganze Haus herum, durch den Garten, an sämtliche Sträucher und Formschnitte vorbei. Und während wir uns daran vorbei schlängelten und ich versuchte, möglich dicht bei der Frau zu bleiben, da sie recht schnell um die Ecken lief, sodass ich schnaufend hinterher hetzen musste, verlor ich nach kurzer Zeit die vollständige Orientierung. Für Touristen schien der Ort, meiner Meinung nach dann doch nichts zu sein. Soviel stand fest. Deshalb verschwand schon bald der Glaube daran, dass dieses Haus hier wirklich für Besucher ausgestattet war. Denn sogar der Weg hierher stellte eine große Herausforderung dar. Nur auf Glück konnte ich dem Schicksal Hals und Beinbruch entgehen, da die Gefahr bestand, den steinigen Abgrund herunter zu stürzen, um sich munter fröhlich alles aufzureißen, was sich im Körper befand. Andere hätten sicher gute Gründe gehabt, warum sie daraufhin völlig zermatscht am Boden lagen. Ich würde dennoch nur erwidern können, dass ich einem Vogel hinterher jagen musste, welcher sich am Ende jedoch als attraktive Frau entpuppte, die mich versuchte mit ihrem charmanten Lächeln um den Finger zu wickeln. Ob mir dies jemand abkaufen würde, blieb beiseite gestellt.

Wir blieben letzten Endes an der Vorderseite des Hauses, unter einem Vordach stehen. Hier endete der Weg auch vorübergehend. Kleine, ordentlich geputzte Steintreppen führten hinauf zu einer breiten, mit Mosaikmustern verzierten Bogentür. Die Muster waren von einem grünen Türrahmen umschlossen. Fasziniert begutachtete ich mit großen Augen, wie liebevoll einzelne Details an Tür und Dach nochmals mit Dekor überarbeitet wurden. ,,Einen Moment." Die Ymbryne, welche bis gerade eben noch glückselig vor sich hin gesummt hatte, blieb verstummt vor der genannten Tür stehen und drehte sich mit einem breiten Lächeln zu mir um, bevor sie sich zurück wandte, gen Türgriff langte und beide Flügel zu den Seiten öffnete. Kaum waren diese weit geöffnet, bot sich mir ein prachtvoller Anblick, während ich kurz danach das Hausinnere erblickte. Mein Herz schlug ungewollt schneller, vor purer Entzückung und Überraschung. Denn es handelte sich hierbei um eine alte, doch prunkvolle Einrichtung. Ein aufwendig bestickter Teppich zog sich durch den recht breiten Flur. An den Seiten standen mehrere Trophäen, eine Holztreppe führte nach oben in die höheren Stockwerke. Zu meiner Linken und Rechten ging es weiter in die nächsten Räume.

,,Nur keine falsche Scheu. Wir sind fürs Erste ganz unter uns. Die Kinder sitzen oben im Gemeinschaftszimmer und spielen. Ich werde sie dir nachher vorstellen.'' Miss Peregrine blieb an meiner Seite stehen und beobachte mich. Anscheinend gefiel ihr meine Begeisterung für das Haus und schien sich deshalb zu amüsieren. ,,D-das ist verrückt! Als befände ich mich wirklich im Jahre 1900'' presste ich noch immer wie erstarrt hervor und drehte mich nach allein Seiten um, aus Angst irgendetwas zu übersehen, was von Wichtigkeit war. ,,So ist es. Dennoch sollten wir die Hausführung auf später verschieben. Punkt zwölf gibt es Mittagessen. Uns bleiben exakt 15 Minuten und 45 Sekunden. Wir sollten uns beeilen und dich in Ordnung bringen, bevor du den Kindern einen Schrecken einjagst.'' Ich vernahm anschließend den rasselnden Klang einer Kette, sowie das Ticken einer Uhr, weshalb ich mich zu ihr umdrehte. Ihr Kopf war nach unten auf eine goldene Taschenuhr in ihrer Hand gerichtet. Die ebenso gleichfarbige Kette ragte aus ihrer Manteltasche hervor. Neugierig betrachtete ich das Ziffernblatt, das von einem metallen Gehäuse umschlossen wurde. Das Ziffernblatt bestand aus einem Tricompax. An der Äußeren Seite befanden sich die Sekundenangaben von 1-60. Daneben an der Innenseite standen die gewöhnlichen Zahlen von 1-12. Diese wurden dennoch noch einmal von 13-24 angezeigt. Selten hatte ich ein solches Modell sehen können. Wenn überhaupt, diese Taschenuhren waren schon lange aus dem Verkauf genommen worden und besaßen keinerlei Bedeutung mehr, besonders unter der jüngeren Generation. ,,Nun denn, fürs Erste zeige ich dir dein Schlafzimmer. Ich denke, du wirst für eine Weile hier bleiben müssen.'' meinte sie mit Eifer und steckte die Taschenuhr mit einer schnellen Bewegung zurück in ihre Tasche, bevor sie an mir vorbei lief und andeutete, ihr erneut zu folgen, was ich auch tat. Wenn auch zögerlich, da mir die Aussage, dass ich länger hier bleiben würde nicht sonderlich gefiel. ,,Verzeihen sie, aber ich denke, sie verstehen das falsch. Ich hatte nie vorgehabt über einen längeren Zeitraum hier zu bleiben. Mein Interesse lag gelegentlich darin der Bitte meines Großvaters nachzugehen. Ich sollte ausschließlich die Insel besuchen, von mehr war nicht die Rede." Ich lächelte unsicher, mein Herz begann erneut schneller zu schlagen. Nicht aus Freude, sondern aus purer Panik! Was ist, wenn sie mich nicht mehr gehen ließ? Wer wusste schon, in welcher Irrenanstalt ich mich gerade befand? Miss Peregrine blieb auf Hälfte der Treppe stehen. ,,Ahaaa. Deine Absicht liegt also darin, die morgige Fähre für die Überfahrt zu nehmen. Da muss ich dich leider enttäuschen. Mit der Nächsten kannst du erst in ein paar Monaten rechnen.'' erwiderte sie trocken und es kam mir so vor, als hätte sie sich instinktiv auf solch eine Situation vorbereitet. Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Dennoch versuchte ich so respektvoll wie möglich herüber zu kommen. Auch, wenn ich bereits pure Angst verspürte. ,,Das ist nicht möglich. In meinem Reiseprospekt steht eindeutig was von einer inklusive Rückfahrt die-" ,,Die exakt in 72 Tagen, zwei Stunden und 12 Sekunden für dich bereit stehen wird. Ich bitte dich (Y/N). Vorher müsstest du dich doch schon etwas mehr darüber informiert haben." Ihre Stimme klang sichtlich genervt, als wenn sie gerade nicht die Geduld dafür hätte. Und dass sie bis auf die Sekunde genau wusste, wann die nächste Fähre abfahren würde, schob ich ebenso in die hinterste Gehirnkammer. Das ergab für mich alles schon, seitdem ich die Höhle betreten hatte keinen Sinn mehr. ,,Gibt es keinerlei anderer Möglichkeiten? Ich werde Zuhause gebraucht. I-ich bin gerade von der Schule und muss mich um einen vernünftigen Job kümmern. Außerdem...meine Eltern, sie machen sich sicher Sorgen..." ,,Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen. Ich habe alles schriftlich geklärt..." ,,Sie verstehen nicht. Ich besitze ein wichtiges Leben außerhalb, welches-" ,,Schluss damit! Wie ich bereits sagte, es ist soweit alles abgesichert. Entweder du beendest die Fragerei fürs Erste und tust, was ich dir auftrage. Oder du verlässt meine Zeitschleife augenblicklich und verbringst die restliche Wartezeit im Wirtshaus. Meines Erachtens nach hat es dir dort nicht wirklich gefallen. Deshalb liegt an dir. Außerdem bin ich momentan nicht in Stimmung dazu eine Diskussion mit dir anzufangen. Des Weiteren würde ich auch später besprechen." Ihre Satzunterbrechung erwischte mich abrupt, ihr harscher Ton gab mir ein Unsicherheitsgefühl. Warum hat man mich überhaupt hierher geschickt, wenn es niemanden gab, der mir die Fragen beantworten konnte? Wie sollte ich mein Leben weiter führen? Wie um Gottes Willen hatte ich mir das Ganze überhaupt eingebrockt? Diese Frau war schließlich nicht mehr ganz bei Sinnen!

𝕸𝖞 𝖋𝖑𝖆𝖜𝖑𝖊𝖘𝖘 𝖇𝖎𝖗𝖉-Alma Peregrine x fem ReaderOnde histórias criam vida. Descubra agora