2.) Kapitel

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Nachdem ich mich wieder rechtmäßig gefasst hatte und nun endlich das Meer in mein Augenfeld trat, wurde ich doch ein wenig nervös, musste meine Finger regelrecht in den Bussitz vergraben, um nicht aufzuspringen. Denn nun hatte sich auch die Straße in einen ziemlichen Polterweg verwandelt, weshalb ich es für keine gute Idee hielt, bereits jetzt schon den Sitz zu verlassen. Und überhaupt hatte ich noch zehn Minuten Zeit, bis die Fähre abfuhr und mich zur Insel führte. Deshalb schien meine Aufregung doch recht unbegründet.

Nach wenigen Minuten des quälenden Wartens, hielt nun der Bus, an einer herunterkommenden Bushaltestelle an. Buntes Graffiti war über die eingeschlagen Scheiben geschmiert, veraltete Werbeplakate hingen bloß noch in Fetzen herunter. Kein Wunschort, um die Zeit dort herum zu bekommen, während man auf seinen Bus wartete, welcher dich dann letzten Endes nach Hause brachte.
Ehrlich gesagt taten mir die Menschen hier sogar leid. Wer in diesem Hafenviertel wohnte, indem einem täglich beißender Fischgeruch entgegen schlug, würde höchstens nach zwei Tagen verrückt werden.

Ich hielt mir deshalb widerwillig die Nase zu, als mir dieser bestimmte Geruch sogleich entgegen schlug, nachdem die Bustüren aufschwangen und mir den Zutritt nach Draußen erlaubten. Dunkel war es bereits geworden. Nur das Aufleuchten der kleinen Lampen der Schiffe wiesen mir die richtige Richtung. Die angereihten Straßenlaternen schienen entweder eine kaputte Birne zu beinhalten oder waren so gut wie nie in Betrieb. Und nachdem ich mich kurz umgesehen, sowie einen Weg zur Fähre gefunden hatte, drehte ich mich noch einmal um. Der Bus, welcher mich überhaupt hierher bringen konnte, stand dort, als wartete er noch auf irgendetwas. Vielleicht wusste er genau, dass ich es mir vielleicht doch noch einmal anders überlegen würde.
Soweit kam es dennoch nicht und ich hörte sogleich, wie das bekannte Motorgeräusch ertönte und der Bus in die entgegengesetzte Richtung davon fuhr.

Ich biss mir auf die Lippe, sah nur gerade aus, drehte nicht um und steuerte direkt auf die Fähre zu.  Ich rannte regelrecht. Die kleinen Hafenhäuser um mich herum tauchten vor mir auf und waren im Nu wieder hinter mir. Ein Blick auf mein halb volles Handy, die Uhr zeigte fünf vor sechs. Ich lag gut in der Zeit. Denn vor mir baute sich bereits, zwischen zwei Segelschiffen das recht schwächlich beleuchtete Schiff auf. Aus geringer Distanz konnte ich einen Mann, welcher ein gelbes Regencape trug, erkennen. Er hielt eine ebenso schwächlich leuchtende Lampe hoch und zeigte mir mit langen Schwingbewegungen, wo ich lang musste. Hastig kramte ich die Fahrkarte aus meiner Jackentasche. ,,Da sind sie aber gerade noch rechtzeitig gekommen!" rief mir der Mann zu, als ich nur noch wenige Meter entfernt war und schließlich direkt vor ihm stehen blieb. ,,J-ja, es gab ein paar Komplikationen. H-hier." Durch meinen ansteigenden Puls war es mir nicht möglich, überhaupt einen vernünftigen Satz heraus zu bringen, ohne, dass meine Stimme ins Schwanken geriet und abbrach. Mit zitternden Händen zeigte ich ihm die Karte, welche der Kapitän sogleich annahm. ,,Hm..." Er begutachtete das Stück Papier in seiner Hand sorgfältig, wechselte zwischen meinem Gesicht und der Karte in kurzem Abständen Hin und Her, als käme sie ihm merkwürdig vor. Für einen Moment hatte ich Panik, dass sie vielleicht abgelaufen sei, bevor er dann schließlich nickte und breit lächelte. Sein gelbes Gebiss zeigte sich. Ein paar Zähne fehlten in der obersten Zahnreihe. Urgh. ,,Willkommen an Bord. Sie sind nicht die einzige Person, welche zur Cairnholm Island fahren. Eine Touristengruppe hat sich bereits im Vorhinein dafür angemeldet. Ich denke, ein Zimmer in dem Gasthaus werden sie heute Nacht nicht nehmen können." warnte er mich mit leichter Belustigung in seiner Stimme, welche kaum zu überhören war. Als wenn er täglich Fahrgäste hatte, die vergeblich versuchten auf einer abgelegenen Insel noch eine Schlafmöglichkeit zu ergattern. Mir war es nur recht. Sollte ich doch in der Fähre schlafen. ,,Wie lange wird die Reise dauern?" fragte ich deshalb. Der Mann zuckte jedoch mit den Schultern und lachte erneut. ,,Eine genaue Stundenanzahl ist mir nicht bekannt, Schätzchen. Ich denke, dass wir erst nach Mitternacht dort eintreffen und..." Ein Warnton ertönte und unterbrach den Kapitän in seinem Redefluss. Ein Zeichen, mich an Bord zu begeben. ,,Vielen Dank. Ich sollte jetzt trotzdem am besten...ähm..." Ich wies hilflos auf das Schiff, um anzudeuten, dass ich nun wirklich keine Zeit mehr hatte. ,,Natürlich, nur keine falsche Scheu." Sein zahnloses Lächeln wurde nur noch breiter, während er beiseite trat und mir so den Weg frei machte. Oh man. Schnell weg. Nicht, dass er sich das noch anders überlegte. Und überhaupt gab er mir ein gewaltiges Unwohlsein.

𝕸𝖞 𝖋𝖑𝖆𝖜𝖑𝖊𝖘𝖘 𝖇𝖎𝖗𝖉-Alma Peregrine x fem ReaderWhere stories live. Discover now