II - Lutz

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„Oh, Mann", beschwerte sich Rüdiger hustend, „in diesem alten Schuppen ist doch nichts zu holen, lass uns verschwinden."

Lutz untersuchte die gegenüberliegende Kellerwand mit seinem Metalldetektor. Das handliche Gerät in der Form einer übergroßen Lupe schlug quäkend aus, was jedoch maximal auf Metallstreben im Beton hinwies. Leider auf keinen massiven Metallblock, wie sie ihn suchten.

Genervt drehte er sich zu seinem Freund um und leuchtete quer durch den ausladenden Raum. Eine verstaubte und von Spinnenweben überwucherte Kellerbar aus den Neunzigern, zerplatzte Flaschen und verrottete Sessel, deren Farbe unter der zentimeterdicken Staubschicht nicht mehr zu erkennen war, huschten durch den Lichtkegel. Auf seinem Begleiter blieb das helle Rund kleben. Der dickliche Mittvierziger trug, genau wie er selbst, funktionale schwarze Kleidung mit Cargohosen, Stiefeln und Multifunktionsgürtel. Mit den Händen schüttelte er sich den Dreck aus den Haaren. Im wahrsten Sinne des Wortes Staub aufzuwirbeln, war bei ihrer Suche unvermeidbar.

„Rüdi. Wir sind erst seit zwei Stunden hier. Hast du erwartet, direkt den Jackpot zu knacken, sobald du das olle Gemäuer betrittst?", antwortete Lutz mit verständnislosem Kopfschütteln über die Ungeduld seines Begleiters. Schließlich waren sie schon öfters gemeinsam auf Schatzsuche gewesen. Davon konnten sie leben, aber der große Coup war ihnen bisher nicht gelungen. „Falls wir in zwei Tagen noch nichts gefunden haben, können wir gerne nochmals reden. Dieser Schuppen ist gigantisch."

„Ja, ja ...", kam die beleidigte Antwort, während Rüdiger weiter mit einem Hammer die Wände nach Hohlräumen abklopfte.

Regelmäßiges Knarzen über seinem Kopf ließ Lutz innehalten. „Pssst. Rüdi, hörst du das?"

Beide leuchteten sie mit ihren Taschenlampen an die Decke. Die Dunkelheit unter ihren Lichtkegeln schluckte die feinen Staubkörner, die zwischen den dicken Bohlen herunterrieselten. In Kombination mit dem Quietschen war das eindeutig.

„In dem Raum über uns ...", begann Rüdiger flüsternd.

„... ist der Eingangsbereich und in der Bibliothek daneben liegt die Ausrüstung. So ein verdammter Mist!", schloss Lutz dessen Gedanken ab. „Los! Schnell hoch! Ehe sich jemand an unseren Sachen vergreift."

Zügig rannten sie zum Kelleraufgang, die steinernen Stufen hinauf und durch einen kurzen Gang in die Empfangshalle. Niemand war zu sehen.

„In die Bibliothek!", rief Rüdiger. „Zu den Rucksäcken!"

Ohne innezuhalten, hetzte er zu der geschlossenen Tür, hämmerte auf die Klinke und stürzte in das chaotische Zimmer, in dem sie die alten Bücher durchsucht und auf Haufen gelegt hatten. Auch hier war niemand zu sehen. Also doch nur Einbildung? Oder war der Eindringling durch eine der anderen Türen geflohen?

„Lutz!", rief Rüdiger, der bereits bei ihrer Ausrüstung stand. „Da hat jemand rumgeschnüffelt. Ich bin sicher, dass ich alle Rucksäcke zugemacht hatte."

Mist. Mit zwei Schritten war er heran und untersuchte den Inhalt. Es fehlte nichts.

„Alles in Ordnung, Rüdi. Aber ich gehe lieber auf Nummer sicher."

Grimmig zog Lutz seine mattgraue Luger heraus, prüfte das Magazin und lud die Pistole mit dem schlanken Lauf durch. Das Teil hatte er in den wenigen noch zugänglichen Räumen einer vergessenen Bergfestung aus dem Zweiten Weltkrieg in den Südtiroler Alpen gefunden. Die Munition hat ihm einer seiner Kontakte in Berlin besorgt, bei dem er ihre Fundstücke, ohne Fragen beantworten zu müssen, zu Geld machte.

Laut sagte er: „Falls das kein Geist ist, werde ich ihn freundlich daran erinnern, dass das hier unser Claim ist."

„Und falls doch?"

𝐋𝐞𝐢𝐝𝐞𝐧𝐝𝐞 𝐥ü𝐠𝐞𝐧 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 ✔️Where stories live. Discover now