14 Jahre

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Geschichte für den Schreibwettbewerb von eisbaerlady
1554 Wörter
Thema: Romantik

Katherine
Die Uniform straffte sich um meine Arme, als ich auf sie zu rannte und sie so fest umarmte, wie ich konnte. Rufende Soldatinnen rannten an uns vorbei, man konnte die Schüsse durch die Luft sausen hören. Eine Träne rann über mein Gesicht und landete auf ihrer Schulter.
     Es war mir egal, wer uns sah, ob wir gegen die Regeln verstießen. Die Freude, die in mir explodiert war, als ich sie sah, war unbeschreiblich. Sie lebte. Sie lebte und lag in meinen Armen, weinte in meine Schulter.
„Alles wird gut" flüsterte ich „Versprochen." unsere Chancen standen schlecht, aber sie durfte die Hoffnung nicht verlieren.
„Wenn das hier vorbei ist, trete ich zurück und wir können zusammen in einem kleinen Haus in Norwegen wohnen, so wie du es immer wolltest." Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ich wusste, dass sie lächelte.
     „Sei vorsichtig." Dann beugte ich mich zu ihr runter und küsste sie zum ersten Mal. Es war tausend mal schöner als ich es mir hätte vorstellen können. Ich konnte die Blicke in meinem Rücken spüren, aber es war mir egal. Ich wollte mich nicht länger verstecken. Mit einem letzten Blick auf die Liebe meines Lebens umfasste ich mein Gewehr, salutierte und trat zu meiner Einheit während sie mir mit eingefrorener Miene hinterherblickte.

Mein hämmerndes Herz übertönte die Schreie um mich herum. Nur noch mein rasselnder Atem rang durch meine Ohren.
Jetzt war ich mir sicher. Ich liebe Vivian. Ich hatte es nicht wahrhaben wollen, doch es gab keinen Weg mehr drumherum. 14 Jahre lang war sie meine beste Freunden gewesen, 14 Jahre lang hatte sie mich geliebt und 14 Jahre lang hatte ich es geleugnet.
Nach der Schlacht würde ich es ihr sagen. Ich würde sie halten, sie küssen und ihr sagen, dass ich sie liebte.
„General Glasgow", die Stimme riss mich aus meinen Gedanken, „die Einheit ist bereit zum Vorrücken." Lieutenant General Jersey, Gewehr unterm Arm salutierte mir und trat in ihre Formation zurück.
     Ich musste mich konzentrieren. Der Rest konnte warten. Ich verbannte Viv aus meinem Kopf und zwang mich nur noch an diese Schlacht zu denken.
Vor meinen Augen erschien der Schlachtplan, die einzelnen Gräben und meine Einheit die als zweites vorrücken und durch die linke Hälfte des Schlachtfeldes kämmen sollte. Ich war Leading General of the Army. Mein Job war es, meine treuen Soldatinnen lebendig aus diesem Kampf zu bringen.
Fest entschlossen kniff ich meine Augen zusammen. Dann drehte ich mich zu den erwartungsvollen Soldatinnen um:
„Einheit Beta, vorrücken zu Sektor 12-6B7! Keine Gnade, keine Geisel. Kämpft für euer Land, für eure Familie, kämpft für euch!" und mit diesen Worten zogen wir in den Krieg.

Vivian
Wie Versteinert stand ich immer noch vor den Zelten. Während mein Verstand versuchte zu realisieren, was gerade passiert war, hatte mein Herz schon lange aufgegeben. Sie hatte mich geküsst. Kathy, die ich schon seit meiner Geburt kannte, in die ich schon seit zwei Jahrzehnten verliebt war, hatte mich geküsst.
     Sofort machten sie die schönsten Bilder in meinem Kopf breit, Kathy und ich in Norwegen in einem wunderschönen Haus mit einem riesigen Garten und einem See in der Nähe. Das, worüber ich schon seit Jahren fantasierte außer, dass es jetzt wahr werden würde.
Doch mein rasendes Herz setzte kurz aus als es zu mir durchdrang, dass wir erst die Schlacht überstehen mussten. Über mich selbst sorgte ich mich nicht. Ich war geschickt mit dem Gewehr, eine gute Scharfschützin. Aber Kathy würde alles für ihre Soldatinnen riskieren, würde sich vor jede werfen um sie zu retten.
Aber sie war auch Kathy. Meine mutige , starke Kathy, die vor nichts halt machte. Sie würde es schaffen. Doch ein mulmiges Gefühl in meinem Magen blieb trotzdem.

***

Stolpernd viel ich zu Boden. Ich hörte meine Uniform am Knie reißen, hörte meine Knochen knacken. Doch ich musste mich aufrappeln, musste zum nächsten Graben kommen, sonst wäre ich verloren. Keuchend stemmte ich mich auf meine Beine. Meine Augen glitten suchend über den matschigen Erdboden. Der Graben war noch ungefähr 50 Meter entfernt.
     Ich konnte meine Kameradinnen schon rufen hören, aber hinter mir, leise in der Ferne hörte ich auch das stampfende Getrappel der Feinde.
Wenn ich aufstand und rannte, wäre ich ein einfaches Ziel, wenn ich kriechen würde, würden sie mich erreichen bevor ich in Sicherheit war. Wir hatten nur wenige Scharfschützinnen, sie würden treffen aber sie konnten mich nicht retten.
Ich musste eine Entscheidung treffen. Katherine hätte gesagt, Vorsicht sei überflüssig. Sie wäre aufgesprungen und um ihr Leben gerannt. Aber ich war nicht Katherine. Ich war Vivian und ich war feige. Doch meine Angst war stärker. Sie zog und rückte an mir, zwang mich auf die Beine, zwang mich loszurennen. Meine Beine trugen mich so schnell wie noch nie zuvor, als würde ich um mein Leben rennen. Denn das tat ich auch.
     Vor meinen Augen sah ich Kathy, stellte mir vor wie sie mich aus dem Graben beobachtete, mich mit gefrorenem Blick verfolgte. Dieses Bild spornte mich noch mehr an, ich rannte und rannte, mit zitternden Muskeln, rasselndem Atem, Herzschlag und Schreien in meinen Ohren. Ich sah nur noch den Graben 15 Meter vor mir, zehn Meter vor mir und ich wusste ich hatte es geschafft. Ich rannte und rannte und... ich fiel.
     Die Kugel glitt durch mich wie Butter, ich hatte keine Zeit zu schreien, keine Zeit Schmerz zu spüren.
Ich fiel mit dem Gesicht in den Schlamm. Das letzte, an was ich denken konnte, war Kathy.
Dann war ich tot.

Katherine
Keuchend kam ich vor dem Eingang der Hauptbasis zum Stillstand. Ich hatte es geschafft. Alle lebten. Wir waren zwar nicht weit gekommen, aber das machte nichts. Wichtig war, dass alle lebten. Sonst hätte ich mir das nie verziehen. Meine zitternden Hände umklammerten das Gewehr, welches mit einer Schicht aus Blut, Schweiß und Staub bedeckt war.
Ich blickte mich um. Alles war still. Ich war alleine. Wenn man ganz genau hinhörte, konnte man das Rauschen eines Baches im nahen Wald hören. Wenn man noch genauer lauschte, drang das Vogelgezwitscher durch die Bäume.
Ich betrat das Gebäude und stieg die Treppe in den Besprechungsraum ab. Dort wuselten Offiziere und Generale durcheinander, verbissen einen besseren Plan zu finden. Keiner war so glücklich wie ich. Bei meinem Anblick traten sie alle zur Seite, ließen mich durch zu meinem Büro.
Ich trat durch die Tür. Im Raum war es noch leiser als draußen. Es fühlte sich erdrückend an. Dabei sollte ich feiern, mit meine Soldatinnen lachen und trinken. Aber etwas war falsch. Etwas fühlte sich nicht richtig an.
Genervt schüttelte ich meinen Kopf. Ich musste Viv finden. Sie würde mich aufmuntern. Ich zog meine Blutverkrustete Jacke von meinen Schultern und ließ sie an meinem Tisch zurück. Meine Finger kribbelten, meine Beine wollten laufen. Meine Arme wollten sich um Viv schließen, sie halten und sie endlich lieben können. Sie war wahrscheinlich in ihrem Quartier und bereitete sich auf unsere Abreise vor. Wie sehr ich die Menschen hier auch liebte, ich würde mein Versprechen halten. Meine Zeit hier war abgelaufen, es gab viele neue talentierte Kämpferinnen, die mich ersetzen konnten.
     Mit diesem Gedanken lief ich schnellen Schrittes die Treppen zu den Quartieren der Soldatinnen runter. Die Steinwände starrten mir kalt entgegen, doch ich war hier schon tausend Mal gewesen, also kannte ich mich aus. Zielstrebig ging ich auf die letzte Tür im Gang zu und klopfte dreimal an. Mein Herz hämmerte im Rhythmus meines stockenden Atems. Ich wollte Viv so sehr sehen, wollte sie wieder küssen, endlich mit ihr das Leben führen, was wir uns gewünscht hatten.
Doch es öffnete eine andere Soldatin aus Vivs Sektor. Ihre dunklen Haare waren stramm zurückgezogen und ihre Augen waren mit Müdigkeit und Tod getränkt. Sie salutierte und fragte mich schwach lächelnd, womit sie mir helfen konnte.
     „Ich suche Sergeant Mack." bei diesen Worten verblasste das Lächeln sofort vom Gesicht der Soldatin. Mein Herz stockte. War ihr etwas passiert? War sie verletzt? Verschwunden?
„General Glasgow, haben sie es noch nicht gehört?" stammelte die Soldatin. Was gehört? Was ist passiert? Wollte ich schreien, aber kein Laut verließ mich. Die Soldatin bohrte ihren Blick in den Boden. „Sergeant Mack ist in der Schlacht..." die Luft stand still, mein Atem stand still, die Welt stand still, „gefallen."
     Die Welt stand auf einmal nicht mehr still. Sie bröckelte, fiel auf mich nieder, schrie mich an, zerrte an meinem Herzen. Ich konnte mich nicht rühren, nicht atmen, ich konnte mich nur dem absoluten Elend hingeben. Vivian, meine Geliebte Vivian war tot. Sie war tot wegen eines Krieges, eines Lebens, das sie niemals wollte. Sie war tot, weil ich sie nicht beschützt hatte, weil ich sie nicht gerettet hatte. Ich wollte schreien, ich wollte wüten, Vivian rächen, aber alles was ich konnte, war weinen. In strömenden Mengen fielen die Tränen aus meinen Augen, jede einzelne war für Viv, jede einzelne war für die Zukunft die ich mit ihr niemals haben konnte. Endlich befreite ich mich aus meiner Starre. Blind vor Tränen stolperte gegen die Wand, ließ mich an ihr runtersinken. Ich wollte nie wieder aufstehen, nie wieder aufhören zu weinen. Mein Leben war vorbei, es hatte keinen Sinn mehr. Nichts war es wert, jetzt noch weiterzumachen.
Denn Vivian Mack war tot.

!!Disclaimer!! Ich bin kein „Army/Military" Experte, also ist macht die Hälfte der Bezeichnungen usw keinen Sinn... ich hoffe die Geschichte ist trotzdem schön (:

CU
-A.D.

🫧Im Wind gewehte Wörter✨Where stories live. Discover now