Die Begegnung

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Ich blickte zögerlich auf und sah mich um

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Ich blickte zögerlich auf und sah mich um. Es war erstaunlich friedlich. Unendlich viel Grün, kleine Vögel auf den Ästen, im Wind tanzende Blätter und - mir entfuhr ein stiller Schrei und mein Körper erstarrte zu Eis. Zwei große, leuchtend orange Augen. Wolfsaugen.

Ich wollte wegrennen, aber mein Körper hörte nicht mehr auf mich. Mein Inneres wurde ganz warm und mir entkam ein Schnurren. Ich wusste, was das bedeutete. Der Werwolf, welcher auch immer hinter dem Fell steckte, war mein Mate. Mein Mate war ein Wilder.

Auch der Wolf schien kurz in einen Schock gefallen zu sein, dann begann er laut zu knurren und sprang auf mich zu. Ich zuckte bei dem unerwarteten Geräusch zusammen und stolperte Rückwärts durch das Geäst. Dabei verfing ich mich in irgendeinem der Farne und kippte nach hinten um. Laut ächzend und etwas perplex landete ich auf den Hintern. Ich konnte kaum gucken, da stand der Riesenwolf auch schon über mir und starrte auf mich hinab. Diese leuchtend gelben Augen, es war mir unmöglich den Augenkontakt abzubrechen. Er hatte dunkelbraunes Fell und eine hellgraue Blesse zwischen den Augen. Sein warmes Fell lastete schwer auf mir. als sich auf meine Beine senkte. Er senkte seine Schnauze bis zu meinem Gesicht herab, noch immer grollte er leise. Ich merkte, wie nun zum Schock bei mir auch Angst wieder hinzu kam. Ich fing an zu zittern schloss die Augen und entblößte ihm unterwürfig noch mehr von meinem Hals. Ich wollte heute noch nicht sterben.

Da hörte ich knacksen und brechen. Kaum zwei Sekunden hörte ich eine warme, tiefe Stimme, die mir gleichzeitig aus Faszination und Schreck heraus eine Gänsehaut über die Schultern liefen ließ. "Meine Mate. Unterwirf dich nicht." Vorsichtig öffnete ich die Augen und erblickte einen kräftigen, sehr ernst guckenden und - oh Luna steh mir bei - nackten Mann vor mir sitzen. Ich blickte schnell weg zu den Bäumen und spürte die Röte in meine Wangen kriechen. Erneut zuckte ich zusammen, als ich seine Finger auf meiner Wange spürte. Sofort durchfloss ein Kribbeln von dieser Stelle aus meinen Körper. Ich war grundlos überfordert mit der Situation. "Du siehst schön aus. Wolltest du hier deinen Wolf rauslassen?" Fragte er weiter. Stumm schüttelte ich den Kopf. Bei uns ließ man den Wolf nicht einfach "raus". "Wie heißt du?" Löcherte er mich weiter. Warum bitte war er so relaxt? War das aus seiner Perspektive eine normale Art und Weise seine Mate zu treffen? Noch immer wagte ich es nicht ihn anzusehen, zu Peinlich war es mir. Leise räusperte ich mich, doch mehr als ein Flüstern brachte ich trotzdem nicht raus. "Ophelia." Ich hörte ein zufriedenes Brummen. "Ophelia," Kam es fast genauso leise zurück und mich erfasste wieder ein Schauern. Luna, klang mein Name schön aus seinem Mund, "meine süße Ophelia. Komm." Schnurrte er weiter und zog mich mit einem Ruck mit ihm auf die Beine. Seine Arme umschlangen meinen Rücken und zogen mich an seine warme Brust. Er hatte als Mensch traumhaft schöne dunkelgrüne Augen. Einerseits wollte ich nur losschnurren und mich selbst an diesen wohlriechenden Mann kuscheln, andererseits ging mir seine Nacktheit nicht aus dem Kopf und ich versuchte mich von ihm weg zu stemmen. Als Erwiderung hörte ich aber nur ein knurren und sein Griff um mich verstärkte sich weiter. Es tat aber nicht weh, das Kribbeln und die Funken wurden nur noch stärker und brachten meinen ganzen Körper zum summen.

Er vergrub seine Nase an meinem Hals und ich konnte förmlich spüren, wie er meinen Geruch einzog. "Geh nicht weg, süße Ophelia." Wieder seufzte ich glücklich, als er meinen Namen aussprach. Ich wollte nicht weg von ihm, nie wieder. Mein ganzer Ärger, meine ständige Unzufriedenheit war wie weggeblasen. "Lass mich bitte los, ich fühle mich nicht wohl." Gestand ich trotzdem leise und hoffte, er würde mich verstehen. Es brauchte einen Moment, aber dann lockerte sich sein Griff mit einem unzufriedenen Knurren. "Weil ich nackt bin? Du wirst mich noch oft so sehen." Fragte er mit einem schelmischen Lächeln. Ich schüttelte einfach nur den Kopf. Ob die Wilden wohl immer nackt rumliefen? Hatten sie überhaupt Kleidung? Sie lebten ja im Wald, womöglich waren sie sogar die meiste Zeit als Wolf unterwegs und brauchten gar keine. Oh nein, mein Mate war ein Wilder. Ich konnte keinen Verwilderten als Mate haben. Ich war selbst doch fast nie als Wolf unterwegs und er könnte nicht ins Dorf. Wir kamen aus zwei grundlegend verschiedenen Welten. Ich würde ihn ablehnen müssen.

Er schien zu merken, dass mich die Panik überkam und fuhr mir vorsichtig über die Schultern, diesmal ohne mich direkt an sich zu ziehen. "Ruhig bleiben, süße Mate. Alles wird gut." Er schien kurz nachzudenken. "Ich habe hier in der Nähe eine Tasche mit Kleidung. Ich werde mich anziehen gehen. Warte hier." Befahl er dann und nickte zum Boden. "Lauf nicht weg, ich beeile mich." Sprach er sanft, aber bestimmend weiter und drückte mich an den Schultern vorsichtig zurück ins Laub. Bevor er sich wieder aufrichtete, fuhr er mir nochmal mit dem Daumen über die Wange und hinterließ einen Streifen der Wärme. Seine Augen glitzerten glücklich und er lächelte leicht. Was für ein traumhaftes Gesicht. Dann entfernte er sich von mir und ging zurück in die Bäume. Ich wollte nicht, dass er verschwindet und gleichzeitig war ich unheimlich froh darum. Ich war einem Wilden begegnet und hatte die Begegnung überlebt. Womöglich aber auch nur, weil ich mich als seine Mate rausgestellt hatte. Kaum war er außer Sicht sah ich mich um. Ich hatte vollkommen die Orientierung verloren.

"Ophelia?" Es war keine halbe Minute vergangen, da hörte ich wieder jemanden meinen Namen rufen. Ja, so heiße ich. "Ophelia! Was machst du hier!" Überrascht erblickte ich meinen Vater, der rechts von mir zwischen den Bäumen auftauchte. "Was hatten wir gesagt zum Thema Wald?" schimpfte er weiter, trat zu mir und zog mich am Arm hoch. Perplex von der unerwarteten Situation konnte ich ihn erstmal nur anstarren, dann sah ich in die Richtung der Bäume, bei denen mein Mate verschwunden war. "Ich-" - "Hier riecht es nach fremden Wolf! Wir gehen jetzt und Zuhause hast du einiges zu erklären, deine Mama hat sich Sorgen um dich gemacht." Rauschte er weiter und zog mich mit sich. Weg von ihm. Immer noch verwirrt ließ ich es zu und stolperte ihm nach. Vielleicht war es besser so, er war ein Wilder. Da fiel mir auf, dass ich garnicht seinen Namen kannte. Das würde mir den Abstand nur erleichtern.

 Das würde mir den Abstand nur erleichtern

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Die erste Begegnung mit ihm. Ich hoffe, euch gefällt der Einstieg in die Story bis jetzt. :)

AloisWhere stories live. Discover now