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Durch das Rauschen des Meeres erwachte ich langsam in meiner bequemen Hängematte, die ich mir vor Jahren mühevoll an zwei Palmen aufgehängt habe. Die Augen öffnete ich daraufhin langsam, wobei sofort mir die Sonnenstrahlen entgegen geblitzten kamen. Durch die grellen Strahlen kniff ich meine Augen wieder zu, die ich allerdings nach einer kurzen Zeit wieder öffnete.

Ich stieg mit einem kräftigen Schwung aus meiner Hängematte, sodass ich mit meinen nackten Füßen den warmen Sand unter mir spüren konnte. Die Wärme, die mir die Sonne bat, verabreichte mir ein wohlhabendes Gefühl, sodass meine Haut leicht anfing zu prickeln.

Das Nest, was ich mir über die Jahre zurechtgemacht hatte, verließ ich und ging Richtung Strand, um wie jeden Morgen schwimmen zu gehen. Während ich den Weg zum Strand jedoch entlang spazierte, erinnerte ich mich wie jeden Tag an das vergangene.

,,Zélia, geh und hilf deinen Vater beim Packen!" Sprach meine Mutter, während sie in der Küche stand und Brote für den Ausflug zubereitete. Im Hintergrund lief das Radio, was gefühlt aus dem letzten Jahrhundert stammte und uns über ein schweres Unwetter informierte. ,,Mãe, sicher das wir heute auf das Meer fahren können?" Ihr Kopf richtet sie von der Arbeitsplatte zu mir und schien trotz des Unwetters entspannt zu wirken. ,,Wenn es zu schlimm wird, werden wir den Ausflug abbrechen. Mach dir nicht allzu viele Gedanken." Versicherte meine Mutter mir, während ich die Küche nun verließ, um meinen Vater zu helfen.

Wir lebten direkt an der Küste von Portugal, somit ist es mittlerweile Tradition geworden, das wir am Wochenende gemeinsam auf den Nord Atlantischen Ozean eine Tour veranstalten. Als ich das Haus verließ, gelang ich direkt auf den Steg und erkannte mein Vater fleißig am Einräumen.

Hin und wieder verstaute er die Fracht ins Boot und schien mich noch gar nicht entdeckt zu haben. Weiter lief ich über die Holzbretter entlang, die zu einem Steg verarbeitet wurden und das eine oder andere Brett nur noch aus Morsch bestand.

,,Freut sich denn die Prinzessin auf unseren Ausflug?" Erfragte plötzlich mein Vater, der mich mit ein Lächeln im Gesicht ansah. ,,Ja, allerdings soll ein Unwetter erscheinen." Dabei sah ich zum Himmel rauf, wo weit und breit keine Sonne mehr im Sicht war, sondern nur noch die dunklen Wolken, die einen sehr einschüchtern.

,,Solange es keinen Hurrikan ist." Lachte der gegenüberstehende Mann vor mir auf, der genauso braune Haare besaß, wie ich. ,,Es soll schlimm werden." Murmelte ich, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, was mein Vater jedoch nur belächelte. ,,Es ist bestimmt nichts Wildes." Ich ließ meine braunen Augen kullern und half ihn beim Packen des Bootes.

Nachdem wir mit allem fertig waren und sich die Wolken immer weiter verdunkelten, fuhren meine Eltern und ich soeben rauf auf den Ozean. Weiterhin war ich über die Wetterlage beunruhigt, doch meine Eltern ignorierten diese und nahmen die Lage nicht ernst genug.

Als wir weit genug von der Küste entfernt waren, schaltete mein Vater den Motor ab und gesellte sich zu uns an das Vorderdeck. Meine Mutter breitet eine weiße Decke aus, worin ich anschließend die Brote aus dem Rucksack herausnahm.

Indessen begutachtete ich weiterhin das Wetter, was mir immer mehr ein mulmiges Gefühl in der Magengrube verabreichte. Die Wolken am Himmel waren dunkel wie die Nacht, wobei leichte Windstöße das Boot hin und her schaukeln ließ. ,,Ich möchte hier weg." Doch meine Eltern hörten der 14-Jährigen nicht zu, da sie zu vertieft in ihrer Unterhaltung waren und ich weiterhin mit meiner Angst zu kämpfen hatte.

Der Wind wurde stärker, was auch meine Eltern endlich mitbekamen. Der erste Tropfen des Regens traf meine Nasenspitze, weshalb ich kurz zu meiner Nase schielte und daraufhin wieder zu meinen Eltern blickte. ,,Vielleicht sollten wir wieder nach Hause fahren." Erklang dies von meinem Vater besorgt, worin meine Mutter zustimmte und die Sachen im Rucksack wieder verstauten.

Durch den Wind wurden jedoch die Wellen kräftiger und es schien so, als würde das Wasser mit uns spielen wollen. Meine Mutter und ich verschwanden im Boot, in der Hoffnung, in Sicherheit zu sein. Der Regen prasselte mit Gewalt auf das Dach, was mich ab und zu zusammen zucken ließ.

Die Wellen wurden stärker, doch ich war erleichtert, als mein Vater am Steuer saß. Für einen kleinen Augenblick war ich erfreut, die allerdings wieder schnell verflog. ,,Der Motor springt nicht an!" Meine Mutter, die mich noch gerade im Arm hielt, ging auf meinen Vater zu. ,,Wie es springt nicht an?" Unerwartet stieß eine weitere kräftige Welle gegen das Boot, was uns alle umfallen ließ.

,,Mãe!" Schrie ich und bemerkte, wie sich meinen Augen mit Tränen füllten. ,,Alles wird gut." Kam sie wieder auf mich zu und saß neben mir am Boden. Sie hielt mich kräftig in Armen, wobei mein Vater versuchte, die Rettungsstation zu erreichen. An deren Mimik erkannte ich, wie erfolglos er gewesen sei. ,,Amália, zieh unserer Tochter die Schwimmweste an!" Wackelig stand sie vom Boden des Bootes auf, sodass sie aus einer grauen Kiste eine Schwimmweste herausnahm.

Als sie eine orangene Weste hervornahm, kam sie wieder auf mich zu und zog mir die Weste über. Sie schien besorgt und zugleich beunruhigt zu sein, dass, was wir alle sind.

,,Wo sind eure Westen?" Sie kam wieder zu Boden, wobei sie mich schief anlächelte. ,,Mach dir keine Sorgen um uns." Doch innerlich wusste ich Bescheid, dass sie keine Westen für sich parat hielten und für mich opferten.

Ich nahm wahr, wie meine Mutter zitterig sich um den Hals fasste und ihre Kette von ihrem Hals löste. ,,Egal was geschehen wird, trag die Kette und behalte sie für immer." Dabei legte sie die Kette um meinen Hals und umschloss sie.

Durch die akuten Wellen strömte irgendwann das Wasser in allen Ecken des Bootes. Mein Vater öffnete die Tür nach draußen, wo uns der Wind direkt wieder ins Boot stieß.

,,Was habt ihr vor?" Schrie ich gegen den Wind, doch meine Eltern gingen mit mir auf das Vorderdeck. ,,Das Boot wird jederzeit untergehen!" Versucht mein Vater gegen den Sturm anzukommen und nahm mich in den Arm.

,,Wir werden das nicht schaffen, jedoch wissen wir, dass du es schaffen wirst! Wir lieben dich, Zélia!" Ich vergoss weitere Tränen und schon riss eine Welle das komplette Boot um, wobei wir alle im Wasser landeten und meine Eltern aus meiner Sichtweite gerissen worden sind.

𝒁𝒆́𝒍𝒊𝒂 𝑪𝒂𝒓𝒔𝒐𝒅𝒐Where stories live. Discover now