8 - Am Ziel angekommen

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Geräuschevoll ließ ich die Klappe zufallen, ehe ich mich auf auf dnen Gehweg begab. Nun deutlich wieder mehr Herr meiner Person, strich ich mir die Haare aus dem Gesicht, richtete sie mir, glättete meinen Mantel und bekam mit, wie er den Motor wieder aufröhren ließ.

Erleichtet seufzte ich und schloss die Augen.

Endlich ist er weg.

Ich drehte mich, in diesme Moment nichtmal sicher, warum - und bemerkte, wie der schwarze Mustang auf die breit gepflasterte Einfahrt vor einer reisigen Holzblockhütte fuhr. Und diese Holzblockhütte befand sich genau... genau neben dem grauen Haus meines Onkels.

Mir klappte die Kinnlade herunter und vor Schock entglitten mir sämtliche Gesichtszüge.

Das darf doch nicht wahr sein!

Dass wir Nachbarn und in einer Straße wohnen würden - nun gut, darauf hatte ich mich jetzt schon irgendwie vorbereitet.

Aber das wir direkt nebeneinander wohnen würden?

Scheisse, davon war nicht die Rede gewesen!

Erstarrt konnte ich nur mit großen Augen zu ihm herüberschauen - während er hingegen in einer fließenden eleganten Bewegung aus dem Wagen stieg, die Tür zumachte und auf das Haus zu schritt. Als er die Haustür aufgeschlossen hatte, drehte er sich zu mir um - so als wisse er genau, dass ich ihn die ganze Zeit beobachtet hatte, schenkte mir ein teuflisches Lächeln und verschwand dann in das Innere der riesigen Holzblockhütte.

Verdattert öffnete und schloss ich meinen Mund, dabei ballte sich die Hand, die Gretels Leine nicht festhielt, zu einer großen Faust.

Offentsichtlich hatte ich jemanden gefunden, der in einer völlig anderen Liga spielte, als ich es bisher kannte. Und das war gefährlich - viel zu gefährlich.

Ich lockerte den Griff um Gretels Leine und atmete nochmals tief durch.

Egal. Es gab Schlimmeres als diesen Charon als Nachbar.

"Lavender!"

Überrascht fuhr ich herum, um dann endlich mal in ein Gesicht zu blicken, das mir bekannt vorkam.

Mein Onkel Ace kam mit einem breiten Strahlen auf mich zu, die Arme weit ausgestreckt. Sofort verschwand meine missmutige Miene und ich spürte, wie sich auf meinem Gesicht ebenfalls ein Lächeln an die Oberfläche kämpfte.

Ich liebte meinen Onkel über alles und hatte mich als kleines Kind immer gefreut, wenn er zu uns zu Besuch kam oder wir zu ihm und seinem Lebensgefährten, Jona, gefahren sind. Leider war das nie oft gewesen, da er und Jona schon immer weit von uns weggewohnt haben. Doch wenn wir uns mal trafen, dann ging die Sonne auf.

Vor einiger Zeit nun haben sie dieses riesige, wunderschöne große Appartement in New York aufgegeben, waren für fast zwei Jahre auf Weltreise und sind dann hierhergezogen.

Also sah ich meinen Onkel das erste Mal seit fast zwei Jahren wieder (bis auf ein paar Video Calls zwischendurch, was niemals das Gleiche ist) und mindestens genauso fest drückte ich ihn, als wir uns gegenseitig in die Arme fielen.

Zufrieden seufzte ich in die Umarmung hinein und sog seinen vertrauten Geruch nach irgendeinem wolkigen Wäschepulver tief in meine Nase.

Ace ist schon immer cool drauf gewesen und jetzt, als wir voneinander abließen und er mich weiter erfreut anfunkelte, erkannte ich, dass er sich in den zwei Jahren nicht verändert hatte.

Mein Onkel war schon immer groß und kräftig gebaut, die braunen Haare auf seinem Kopf stets kurz geschoren und dazu diese warmen braunen Augen, die mich schon so oft aufgemuntert hatten.

"Meine Güte, Venni", sprach nun mein Onkel und nannte mich gleich bei dem Spitznamen, den er mir schon seit dem ich ein kleines Kind war, gegeben hatte. "Bist du groß geworden! Und hübsch - Jona, schau sie dir mal an!", rief er hinter sich in Richtung Haus. "Unsere Venni ist hier! Und die süße Gretel hat sie auch mitgebracht." So gleich beugte er sich herunter und begrüßte nun auch meine Jack Russel Dame, die schwanzwedelnd an seinem Hosenbein hochsprang.

Nicht viel später trat jemand Zweites aus dem Haus.

Extrem hellblonde Haare, blasse Haut, einen verwaschenen Pullover mit irgendeinem Snoopy Logo, eine Jogginghose und knallgelbe Latschen. Jona kam mit einem ebenso breiten Grinsen auf seinem wie ich fand schon immer engelsgleichen Gesicht zu mir heran und nahm mich ohne weiteres in die Arme. Da ich ihn von Anfang an der Seite meines Onkels kennengelernt hatte, hatte ich Jona mindestens genauso lieb.

Als sie nun beide so vor mir standen, glücklich, dass ich mich zu ihnen auf den Weg gemacht hatte, waren meine Sorgen und Ängste plötzlich wie weggewischt.

Klar ist die Entscheidung, bei ihnen nun für einige Zeit zu wohnen, ein Risiko gewesen. Und doch merkte ich, dass ich das Richtige getan habe.

Brokenville, mein Onkel und Jona hatten also doch eine Chance verdient.

Wie es mit meinem Auto stand, ob Tate seine Worte wahr machte und mich unter seine Fittiche an der Uni nahm und wie ich mit meinem neuen Nachbar zurechtkam, war mir erstmal egal.

Zählen tat nur, dass ich endlich an meinen Ziel angekommen bin.

Alles weitere wird schon irgendwie werden.


Dark HeartWhere stories live. Discover now