„Weil sie unerreichbar ist?"

„Weil Magie weit außerhalb unseres Vorstellungsbereichs liegt, ja."

„Fangen wir doch mit dem Prickeln in den Händen an ... Das hast du ja seitdem du den Phönix ausgegraben hast. Vielleicht war das schon ein Zeichen für die neuen Kräfte, die du gekriegt hast." Joella hob die Blümchendecke vom Boden auf und schüttelte sie auf. Ein paar Sonnenblumenkerne flogen durch die Luft.

Kira hob ungehalten eine Braue.

Joella grinste vergnügt vor sich hin. „Du hast keine Sonnenblumenkerneallergie, oder?!", sagte sie und schüttelte die Decke erneut.

„Aber vielleicht eine Joella-wirft-Sonnenblumenkerne-durch-die-Luft-Allergie", rief Kira und warf Joella einen gespielt strengen Blick zu.

Joella legte die Blümchendecke ordentlich zusammen und strich sie glatt. „Vielleicht könnte ich ja auch mal in diesen Lichtkreis treten", sagte sie beiläufig. „Ich hätte große Lust, meinem Physiklehrer von früher, der mich und meine minderbemittelte Begabung in Physik immer bloßgestellt hat, ein paar Löcher in seinen weißen Kittel zu brennen!"

Kira zog amüsiert einen Mundwinkel nach oben. „Keine schlechte Idee. Ab sofort bekommen alle, die nicht nett zu mir sind, - zack -, eine Ladung Feuervogelenergie ab! Also pass auf, was du sagst!"

„Wie hat es sich eigentlich angefühlt, Zeus zu spielen?"

„Hm, gute Frage. Kennst du das Gefühl, wenn du so wütend bist, dass du die Fäuste ballst? Genau so hat es angefangen. Ich war wütend. Verdammt wütend. Es war, wie wenn sich die Energie dadurch in meinen Händen angesammelt hätte. Dann drängten auf einmal Funken aus meinen Händen, ganz ohne dass ich es willentlich herbeigeführt hätte, einfach von allein. Als ich die Fäuste aufgemacht habe, sind die Blitze förmlich herausgeschossen."

„Schon krass."

„Ich frage mich, ob es nur geht, wenn der Feuervogel da ist und ich wütend bin oder ob es immer geht."

„Worauf wartest du dann noch?"

„Was?"

„Naja ... probiere es!"

Kira wand sich. Sie hatte auch schon daran gedacht, schreckte jedoch davor zurück. Doch wovor hatte sie eigentlich Angst? Sie starrte ihre Hände an, als seien sie ein eigenständiger, autonomer Bestandteil ihre Körpers. „Also ... ich ..." Sie schloss die Hände ein paar Mal zu Fäusten und öffnete sie wieder. Nichts passierte.

„Es geht nicht. Ich nehme an, die Wut fehlt."

„Oder der Phönix fehlt."

Kira ging zum Fenster hinüber und sah niedergeschlagen hinaus. „Ja, das tut er!", sagte sie verdrossen. „Und dabei hatte ich es doch sogar geschafft, die Scuros zu verjagen! Wäre der dumme Vogel dageblieben, wäre alles gut. Aber er musste ja unbedingt wegfliegen ..." Dann fiel ihr etwas ein. Sie drehte sich zu Joella um und fragte: „Hast du unsere Räder zum Fahrradstellplatz rübergeschoben und unter die Überdachung gestellt?"

„Ja, habe ich. Erst meines, dann deines, ich konnte es ja schlecht da liegen lassen. Während ich sie angekettet habe, kam dann Lian."

Kira fuhr auf. „Wie bitte? Lian? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Wo ist er jetzt?" Ihre erste Reaktion war Freude. Er kam sie zu besuchen! Vielleicht hatte er Sehnsucht nach ihr? Dann aber kamen ihr Zweifel. Warum war er dann gleich wieder verschwunden?

„Ich weiß nicht", sagte Joella. „Er war komisch. Er hat was von einem dringenden Termin gesagt. Und er meldet sich später bei dir, soll ich dir ausrichten."

Im Schatten des PhönixWhere stories live. Discover now