Kapitel 13

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Dann kam der Tag, an dem sie etwas Verblüffendes herausfand.

Lian und sie waren am Nachmittag zusammen in der Altstadt unterwegs. Es war warm und sonnig, an den Oleander- und Hortensiensträuchern der aufgestellten Pflanztröge am Marktplatz zeigten sich schon erste Blüten und es roch nach Sommer, Waffeln und Zuckerwatte. Sie streiften aufs Geratewohl durch die Gassen und Straßen der Stadt und ließen sich, in angeregtes Gespräch vertieft, ziellos treiben. Manchmal schwiegen sie, und sogar dieses Schweigen war schön. Lians aufmerksame Präsenz und das Blitzen in seinen Augen, wenn er sie ansah, füllten die Stille aus und ließen ihr Herz aufgeregt flattern.

Sie liefen gerade vom Konstantinplatz über das Kopfsteinpflaster zum Kurfürstlichen Palais hinüber, dessen Dach, blankgeputzt von einem nächtlichen Regenguss im Sonnenschein wie die schwarzpolierte Oberfläche einer restaurierten griechischen Keramikvase glänzte, als ein Schwarm Krähen, aufgescheucht von einem nur ihnen bekannten Ärgernis, schimpfend und zeternd über sie hinweg flog, an der mit weißem Stuck verzierten, altrosa-weißen Fassade des Rokoko-Schlosses entlang, um sich dann in einem schrägen Bogen nach oben aufzuschwingen und sich dort in wildem Durcheinander nebeneinander auf der Regenrinne des Daches niederzulassen. Beim Ton ihrer klackernden Krallen auf dem Metall fuhr Kira schaudernd zusammen. Ihr Puls hatte sich unwillkürlich beschleunigt. Argwöhnisch blickte sie nach oben. Die Krähen trippelten ein paar Mal an der Regenrinne auf der Stelle und kamen nur allmählich zur Ruhe, wobei sie immer wieder in seltsamer Manier die Hälse reckten. Verdammt, dieses flattrige Vogelvieh hatte die fatale Fähigkeit, sie jedes Mal umgehend zu destabilisieren.

Sowohl sie als auch Lian hatten unwillkürlich die Köpfe eingezogen.

Da begann Lian, hektisch in der Luft herumzufuchteln und wütende Verwünschungen auszustoßen: „Dumme Vögel! Verdammtes Pack! Zieht ab!", schrie er. Seine Brauen waren zusammengezogen, sein Kiefer so angespannt als hätte er einen unmittelbaren Zahnarztbesuch vor sich.

Vollkommen überrascht von seiner Reaktion starrte sie ihn an. Er machte den Eindruck, als fühle er sich auf irgendeine bizarre Weise persönlich von den Krähen angegriffen. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass er ihre Abneigung gegenüber Vögeln teilte! Es war ein unglaublich erhebendes Gefühl – er empfand das Gleiche wie sie!

Beschwichtigend fasste sie nach seinem Arm. „Hey, ich finde ja auch, dass es nur dumme Vögel sind, aber durch deine Verrenkungen wirst du sie auch nicht verscheuchen! Sie tun uns ja nichts da oben." Zumindest hoffte sie das ... Ungläubig musterte sie ihn. Hatte er eine Vogelphobie wie sie? Sie zögerte, ein wenig skeptisch. „Warum lässt du dich von ein paar Krähen so aus dem Konzept bringen?", fragte sie gedehnt.

„Sie sollen verschwinden!", knurrte er als Antwort.

Jetzt musste sie doch über seine finstere Miene lachen. „Magst du auch keine Vögel?", fragte sie.

Sein Gesichtsausdruck, gerade noch wütend und aufgebracht, wechselte urplötzlich. Er sah auf einmal überrascht aus. In etwa so, als sei gerade ein Schoko-Muffin von der Regenrinne des Kurfürstlichen Palais herunter direkt in seine Hände gefallen.

„Was heißt hier auch?", fragte er mit zusammengekniffenen Augen. Er fixierte sie beinahe lauernd. „Magst du etwa keine Vögel?"

„Nein, gar nicht", räumte sie ein. „Ich habe es allgemein nicht so mit Tieren", fuhr sie fort und sah ihn vorsichtig an. Schon oft war sie auf Unverständnis und Spott gestoßen, wenn sie von der Beklemmung erzählte, die sie beim Auftauchen von Vögeln ergriff. "Ich kann nicht anders, - vor allem bei Vögeln denke ich in erster Linie an Flöhe, Läuse und andere Parasiten." Wieder warf sie ihm einen zaghaften Blick zu. „Ich habe eine Vogelphobie, weißt du."

Im Schatten des PhönixNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ