Kapitel 14 - Dunkelgrünes Feuer und meeresblaues Licht

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Als bald nur noch ein leichter Schein der Sonne am Himmel zu erkennen  war, entschlossen sie sich, noch kurz beim Rückweg die Beine ins Meer zu tauchen. Also zogen sie ihre Schuhe und Socken aus, alle bis auf Sally, da sie das bereits bei ihrer Ankunft getan hatte, und gingen dem rauschenden Meer entgegen. Plötzlich fiel ihm etwas auf: "Ich glaube, ich war nich nie am Meer", teilte er den anderen nachdenklich mit. "Es ist irgendwie komisch, aber ich war noch nie im Meer schwimmen oder einfach am Strand entlang laufen, ich weiß auch nicht wieso", verlegen strich er sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hmmm", grübelte Sally laut,"Hat deine Tante nicht überall in eurer Wohnung Meerbilder an den Wänden hängen? Und du warst noch nie mit ihnen am Meer? Das ist schon ein komischer Zufall. Ich war schon ein paar Mal am Meer mit meiner Mutter. Es ist wunderschön aber viel zu kalt", lachte sie.

Als Seck realisierte, dass er den Grund hinter den fehlenden Ausflügen zum Meer nie hinterfragt hatte oder diese überhaupt vermisst hatte, senkte er verlegen und nachdenklich den Kopf Richtung Boden und auf seine Füße im weichen Sand. Jetzt wo er darüber nachdachte, war er überhaupt schon mal mit seiner Tante im Urlaub? Ja, ein Mal nahmen sie ihn mit in die Berge, doch sonst fuhren sie immer zu dritt und ließen ihn allein zurück. Es war merkwürdig, doch die familiären Ausflüge vermisste er zum Teil. Wenn alle wegfuhren, sich auf eine schöne Reise ohne nervigen Neffen freuten und ihn zuhause ließen stimmte ihn das schon etwas traurig, auch wenn er seine Tante und ihre Familie nie wirklich als seine echte Familie ansah. Doch trotzdem, sie waren neben seinen Freunden die einzige, annähernde Familie die er hatte und es stimmte ihn traurig, dass sie ihn nie mit zum Meer nahmen.
Kenai sah ihn von der Seite an mit dem Blick, als würde er genau wissen, was er dachte und fügte dann zu Sally hinzu:" Es ist doch überhaupt nicht schlimm, noch nie am Meer gewesen zu sein. Mina und der Rest verdienen dich sowieso nicht. Denk jetzt nicht an sie. Immerhin bist du ja jetzt mit uns hier und das ist alles was zählt".
Das zu hören stimmte Seck glücklich, denn er wusste, er konnte sich auf seine Freunde verlassen, und brauchte Mina nicht, sowie die "Familienausflüge".

Inzwischen waren sie schon fast am Wasser angekommen, doch Seck wurde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Das Meer schwappte laut an den Strand und langsam verdunkelten Wolken den Himmel, es würde wohl bald regnen.  Ach was, sagte er sich, was sollte schon passieren. Hör auf mit dem Overthinking und genieß dein erstes Mal am Meer. Hand in Hand mit Sally und seinen Freunden an seiner Seite machte er entschlossen und erwartungsvoll den ersten Schritt ins Meer und spürte sofort die eisige Kälte des Meeres, die nach ihm griff. Es fühlte sich an, als würde sie durch seinen Körper in seinen Kopf kriechen, schmerzhaft, quälend. Schreiend riss er seine Hand aus Sallys und hielt sich mit beiden Händen den Kopf. Der kühle Schmerz durchzuckte ihn, er sah nur noch Blitze, Dunkelheit und graue Wolken, die sich um ihn drehten und mit den Wogen des Meeres verschwommen. Er krümmte sich, fühlte das Wasser an seinen Füßen kaum mehr, denn es schien, als sei es überall, diese Kälte war überall. Und er schrie, schrie vor Schmerz und vor Panick, konnte nicht denken, nicht handeln, nur den Schmerz fühlen. Schreiend schlug er um sich und versuchte vergeblich die Augen weiter aufzureißen, damit er etwas sah, doch dadurch verstärkte sich der Schmerz nur noch mehr und verfestigte sich kühl und klar in seinem Hinterkopf.  Seck merkte kaum, dass seine Freunde panisch um ihn herum standen, seinen Namen riefen, ihm schüttelten und versuchten, ihn festzuhalten. Vergeblich. Alles verschwamm zu einer einziegen, grauen wogenden Masse in seinem Kopf, die aus Schmerzen und Schreien bestand. Sonst fühlte er nichts, sah nichts, tat nichts, außer die Folter auszuhalten, getrieben von reiner Panick und Todesangst.

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Er wusste nicht, wie lange er in diesem Zustand war, ob es seine Schreie waren, oder die anderer Personen, doch plötzlich war der Schmerz verschwunden und alles war still. Er schlug die Augen auf und fand sich in einem hellen Raum wieder. Verwirrt blinzelte er gegen das plötzliche Licht an, sortierte seine völlig verzerrten Gedanken und war erleichtert, dass die Schmerzen verschwunden waren. Nachdem er einige Zeit brauchte, um sich zu erholen, blickte er sich um und stellte fest, dass er sich nicht mehr unter freiem Himmel bei seinen Freunden befand, sondern in einem Gebäude.

Er befand sich in einem Raum, der durch große, detaillierte, bunte Fenster hell erleuchtet wurde. Die Wände und der Boden waren aus Holz und er saß auf einem gemütlichen roten Samtsofa, das hinter einem Eichenholztisch, mit wunderschönen Schnörkeln und Schubladen in der Tischplatte, stand. Der Tisch war gedeckt mit ein paar Tee-und Kaffee Tassen und Tellern, Zeitungen und Büchern. Neben dem Tisch standen mehrere Eichenholzstühle im gleichen Stil wie der Tisch. Den Rest des Raumes konnte man nur erahnen, da die Wände und Ecken weiter weg im warmen Licht zu verschwimmen  schienen. Als er versuchte aufzustehen merkte er mit großem Schrecken, dass er das nicht konnte. Es war, als wäre er festgeklebt. Er versuchte alles, um sich von dem Sofa zu lösen doch als nichts funktionierte erwachte die Panick in ihm wieder zum Leben.

Wo war er? Und warum war er überhaupt hier? Wie konnte das sein? In einem Moment war er noch bei seinen Freunden, dann die Schmerzen im Wasser und jetzt war er hier? Was war geschehen? Sämtliche Fragen gingen ihm durch den Kopf und die Panick wurde größer. Als seine Gedanken begannen, sich nur noch wild im Kreis zu drehen, und sich sein Atem beschleunigte, vernahm er eine Art Räuspern und er konzentrierte sich wieder auf sein Umfeld, wobei sein Blick immer wieder verschwamm.

Da erschien eine Stimme aus dem Licht direkt vor ihm und er bemerkte, dass auf der anderen Seite des Tisches noch ein Sofa stand, auf dem zwei Personen saßen. Vor schrecken versuchte er zurückzuweichen, doch das konnte er nicht. Er war gefangen und musste sich dem stellen, was auch immer gleich auf ihn zu kam.

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Von den Personen direkt vor ihm konnte er nur Umrisse erkennen, denn das Licht schien so hell und bunt durch die farbenfrohen Fenster hinter ihnen, dass die Gesichter im Schatten lagen und verschwammen. Trotzdem konnte er ausmachen, dass es wahrscheinlich ein Mann und eine Frau waren. Die eine Person war groß, schlank und hatte lange schwarze Haare, die kaum ein Ende zu nehmen schienen. Obwohl er kaum Gesichtszüge ausmachen konnten, blitzten ihm zwei waldgrüne Augen entgegen, die fast schon zu glühen schienen. Er wurde stutzig, er kannte diese Augen, und die Haare. Woher bloß? Warum waren sie ihm so bekannt? Er wusste es nicht und wandte sich der zweiten Person, dem Mann, zu. Dieser hatte blondbraunes Haar, dass ihm zottelig fast bis zur Schulter reichte. Auch seine Augen schienen ihm strahlend blau entgegen, doch auf eine andere Art als bei der Frau, mehr so, als wäre helles Licht hinter ihnen und nicht eine Art grünes Feuer, dass alles verschlang. Beide trugen keine auffällige Kleidung, nur schwarze und braune Pullover und jeweils eine Lederkette mit Ring um den Hals. Beide wärmten sich an einer Tasse heißem Tee, dem Geruch nach vermutlich Chai.

Die Stimme, die er hörte gehörte der Frau und er sah undeutlich, wie sich ihre Lippen bewegten, als sie zu sprechen begann:" Sicher wundert es dich, wieso du hier bist und dich nicht bewegen kannst, doch lass es mich dir erklären."

Ihre Stimme schien so unglaublich sanft und stark zugleich und zog Seck irgendwie an. Auch sie kam ihm seltsam vertraut vor, als würde er sie kennen müssen. Als sie weitersprach hörte Seck ihr angespannt zu.

" Es klingt vielleicht verrückt, doch wir sind nicht wirklich hier. Nun ja, nur zum Teil, denn dies hier ist eine Nachricht von uns aus der Vergangenheit. Und wenn du dich jetzt fragst, ob du verrückt bist, weil du eine Art Einbildung hast, dann kann ich dich beruhigen, denn das bist du nicht. Wir sind real, zumindest zum Teil." Als er das hörte war er zum Teil erleichtert, doch auch misstrauisch und etwas Panisch. Würde sein Kopf nicht genau das sagen, um ihn zu beruhigen? Es war schon nicht normal, die Stimme zu hören, doch das hier, war ein komplett anderes Level. Vielleicht gehörte er wirklich nicht in diese Welt. Vielleicht... Doch da sprach die Frau auch schon weiter und unterbrach seinen Gedankenstrom. " Wenn du diese Nachricht erhältst, konnten wir dir unser Anliegen aus irgendeinem Grund nicht mehr persönlich überbringen. Deswegen ist dies der einzige Weg, dir die Wahrheit zu erzählen. Hör gut zu den dies ist sehr wichtig." Ihre Stimme bebte und schien gefüllt mit Trauer, während sie ihm die letzten Sätze mitteilte. Der Mann legte unterstütztend seine Hand auf ihre und sah sie an. Sie holte tief Luft und wollte beginnen, zu reden, doch Seck unterbrach sie.

Seine Gedanken kreisten wild als er versuchte, all die Informationen aufzunehmen. Das war alles so verrückt, er war verrückt. Was sollte das alles und wer waren die beiden? Und diese Frage stellte er ihnen auch laut, mit etwas zitternder Stimme.
" Wer seit ihr? Was wollt ihr von mir?" 

Beide leuchtenden Augen wandten sich zu ihm um und sahen ihn auf so vertraute Weise an, dass er fast zusammen gezuckt wäre. Die Frau holte tief Luft und antwortete Seck mit fester Stimme:" Wir sind deine Eltern Sarin. Und wir sind hier, um dir die Wahrheit zu sagen."

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⏰ Letzte Aktualisierung: 3 days ago ⏰

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