Habe ich gerade geschrien oder reden meine Gedanken mir das alles nur ein?

Alles tut weh, ich kann mich nicht bewegen. Nicht wehren gegen die starken Kräfte, die mich immer weiter drücken.

Warum hilft mir niemand? Warum bin ich allein?

Ein starker Griff hält mich fest, ich versuche mich zu winden, weg zu kommen, schreie stärker. Wehre mich. Ich weiß nicht wo oben und wo unten ist. Alles dreht sich.
Immer noch.

„MAILA!"

Erst jetzt nehme ich wahr, dass die Hände die Wirklichkeit sind, dass mich jemand festhält, vom Untergehen abhält. Das jemand nach mir ruft.

Ich schlage die Augen auf und für eine kurze Sekunde sehe ich Jan vor mir, wie er mir beruhigend eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht streicht. Doch diese Illusion ist genau so schnell verschwunden, wie sie kam und ich blicke in das verschreckte und besorgte Gesicht meines Vaters.

Ein erneuter Schluchzer zerreißt mich.

„Es ist alles gut Maila, ich bin da" sagt er, doch das macht es kein bisschen besser.

Denn sie ist auch da.

Steht schräg hinter ihm und schüttelt den Kopf.

Sie sieht enttäuscht aus. Enttäuscht, weil ich zu nichts in der Lage bin. Enttäuscht, weil meine Panikattacken ihren Schlaf stören.

Die Schluchzer werden stärker.

Egal was ich tue, ich bin nie genug.

Nie richtig, nie das, was sie wollte. Eine Last, eine Enttäuschung, ein Kratzer in ihrer Welt, das graue Entlein in der Familie.

Und egal wie sehr ich mich anstrenge, egal wie viel ich ihr noch von mir selbst gebe, egal wie sehr ich mich anstrenge und das letzte bisschen an Kraft gebe, was ich habe, ich werde es nie schaffen. Sie nie glücklich machen, nie das sein, was sie will, nie dazu gehören.

Und trotzdem ist es das was ich mir wünsche. Gesehen zu werden, dazu zu gehören, jemand zu sein, akzeptiert zu werden. Von ihr.

Ich sehe in ihr Gesicht und sehe alles, was ich über mich selbst denke. Eine Schande, nicht gewollt, falsch, unbrauchbar, zu kaputt, zu viel und doch zu wenig, eine Last für alle, vor allem für sie.

Und dann ist da er.

Sieht mich an mit seinen warmen Augen, voller Fürsorge und Sanftmut, mit Hoffnung im Herzen, mir endlich helfen zu können und gleichzeitig mit der Gewissheit, dass er es nie können wird.

Und ich sehe, dass er sich dafür die Schuld gibt. Er würde nie auch nur darüber nachdenken, dass es nicht an ihm liegt. Diese Möglichkeit besteht für ihn gar nicht. Er fragt sich, was er falsch macht, was er tun muss. Es zerreißt ihn und das Einzige was ich tue, ist ihm noch mehr wehzutun. Und das zerreißt mich, bricht mich immer weiter und darunter leidet wieder er. Es ist ein Teufelskreis aus dem ich nicht ausbrechen kann, nie können werde. Ich belaste ihn auf eine andere Weise als sie.

Eine noch schlimmere Weise, mit viel größerer Zerstörung.

Und genau das ist auch, was Jan erwartet, wenn er weiterhin versucht mir nah zu kommen, meine Mauern zu knacken. Er glaubt dahinter etwas Besonderes zu finden oder etwas, womit er mir helfen kann, doch wenn er dort ankommt wird er erkennen, dass da nichts übrig ist, was er heilen könnte.

Pure zerfleischende Dunkelheit. Dunkelheit die verschlingt, zerstört und gänzliche Leere übrig lässt. Etwas, was ich niemandem wünsche. Und erst recht nicht ihm. Es ist das Richtige ihn so weit wie möglich davon zu entfernen.

Er ist zu gut, zu warm, zu strahlend, zu perfekt, zu viel, viel zu viel. Und ich würde all das nehmen. Niemand kann es verhindern. Nur ich bin dazu in der Lage.

Und er macht es mir so schwer.

So schwer das Richtige zu tun. Denn ich denke dauernd an ihn udn unsere Gespräche. Es zieht mich immer zum Strand, in der Hoffnung, dass er da ist und mich mit diesem verschmitzten, frechen und so schönen Lächeln ansieht.

Und genau das soll er nicht, dass darf er nicht. Und ich darf das erst gar nicht denken, mir nicht wünschen. Niemals!

Tränen kullern meine Wangen hinab und hinterlassen nasse Flecken auf seinem Schlafanzug, da er mich mittlerweile an seine Brust gezogen hat. Er glaubt es hilft, doch es macht es schwerer, noch erdrückender.

Ich löse mich und sehen ihm mit unscharfen Blick an. Auch ihm läuft eine Träne aus dem Augenwinkel. Er versucht zu lächeln, mich aufmunternd anzusehen, doch scheitert kläglich.

„Maila." Er seufzt und streicht mir durch die Haare. Ein weiterer Schluchzer zerbricht die Stille.

„Es ist okay, ich bin da", flüstert er wieder.

Und sie sieht mich weiterhin so an.
Genervt, enttäuscht, vernichtend.

„Bitte geht", bringe ich hervor. Meine Stimme ist weg, ganz dünn und rau vom Schreien. Doch für diese zwei Worte reicht es.

Er sieht mich traurig an, nickt aber und legt seine Hand auf den Rücken meiner Mutter und schiebt sie langsam vor sich aus der Zimmertür. Sie verschwindet aus meinem Blickfeld und er dreht sich noch einmal um.

„Hab dich lieb mein Engel, versuch noch etwas zu schlafen." Ich nicke und er geht.

Und mein Gewissen erdrückt mich, da ich ganz genau weiß, dass ich das nicht kann, dass ich ihn anlügen musste, damit er geht. Dass ich nie etwas richtig mache und allen wehtue.

Ich starre an die Decke und wünsche das die Zeit bis zum Morgen schnell vergeht.

Sie tut es nicht.

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Wörter: 1503

Ein neues Kapitel 🥳🥳

Man ist das lange her, wie sehr habe ich es vermisst.

Wie gut tat es gerade endlich wieder zu schreiben, in diese Geschichte einzutauchen, die Charaktere zu spüren.

Ich bin gerade auf dem Heimweg und befinde mich im Auto und doch habe ich es irgendwie geschafft. Hoffentlich reicht das Internet, damit das Kapitel auch online kommt.

Euch wunderschöne Ostertage 💐

Ganz liebe Grüße
Annalena 🤍

- wir lesen uns -

Wenn Die Sterne Für Uns FallenWhere stories live. Discover now