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"Du siehst wundervoll aus! Ihr alle seht wundervoll aus!" "Danke Maria", antworte ich einer Arbeitskollegin meiner Eltern, als wir als ganze Familie überpünktlich am Weingut ankommen. Die Party findet im Weinkeller des Weinguts statt, dazu wurden etliche Weinfässer aus dem Weg geräumt, sodass sich eine riesige, breite Fläche ergibt, die sich durch das gesamte Gewölbe erstreckt. Im hinteren Bereich wurde ein Podest aufgestellt, sodass die ganze Veröffentlichung durch Pedro und meinen Vater glatt ablaufen kann. Am Rand befinden sich Stehtische und Tischgruppen. Die Mitte des Gewölbes wurde freigelassen, sodass der Bereich als Tanzfläche dienen kann. Musik läuft gerade nur leise im Hintergrund, der Abend hat noch nicht offiziell begonnen. Alles in allem haben meine Eltern ordentlich Arbeit geleistet, das Gewölbe ist wie verzaubert mit dem gedimmten Licht, welches zur eleganten und besonderen Stimmung beiträgt. "Es ist sehr schön geworden", merke ich an. "Danke, mein Schatz. Du hast ja auch deinen Beitrag dazu geleistet", antwortet meine Mutter und gibt mir einen Kuss auf die Haare. Das stimmt, ich habe vorgeschlagen, die Veröffentlichung im Gewölbekeller abzuhalten, um etwas näher an dem ganzen Geschehen zu sein und da zu sein, wo die Arbeit vor sich hin reift. Ich erröte ein wenig.

Noch sehe ich kaum Leute, hier und da ein paar Arbeitskollegen und ein paar Techniker. Das wird sich in der nächsten halben Stunde ändern. Schon jetzt treffen vereinzelt geladene Gäste ein. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. 19 Uhr. "Pedro sollte mit den anderen auch gleich da sein", merkt mein Vater an. Er scheint etwas aufgeregt zu sein. Meine Mutter versucht deshalb, ihn ein wenig zu beruhigen, indem sie ihm die Hand auf die Schulter legt und ihn liebevoll anschaut. Wenn ich die beiden so ansehe, die sich nach so vielen Jahren immer noch so lieben, frage ich mich, ob es bei mir jemals auch so sein wird. Zu diesem Zeitpunkt kann ich mir das noch nicht vorstellen. Obwohl sich meine Eltern auch in meinem Alter kennengelernt haben. Mit meinen 20 Jahren bin ich noch jung, aber eine so erfüllende und anhaltende Liebe zu finden, erscheint mir noch unmöglich. Ich bin glücklich mit Matteo, jetzt gerade, keine Frage. Aber bis zum Ende meiner Tage? Ehrlich? Ich weiß es nicht. Meine Mutter sagt mir immer, mein Herz wird wissen, wenn mir der Richtige in den Weg grätscht. Nicht in der Form, aber ich habe das Wichtigste herausgefiltert. Weil es mich traurig macht, denn bei näherem überlegen weiß ich nicht, ob ich mir mit Matteo wirklich eine Zukunft vorstellen kann. Entscheidungen zu fällen fällt mir nicht leicht. Und ich liebe ihn. Das ist genug. Für den Moment. Und darüber hinaus will ich nicht denken.

"Schau Toni, hinten ist Giovanni. Wir können mit ihm noch einmal den Ablauf durchgehen, ja?" Damit werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als meine Eltern sich wortlos verabschieden und in den hinteren Bereich des Gewölbes verschwinden. "Carla, ich gehe zu Tea. Wir sehen uns später", so lässt mich auch meine Schwester allein, als sie ihre Freundin erblickt. Na toll. So bleibe ich allein auf der Treppe stehen, die weiter nach unten in den Keller führt. Ich will gerade die restlichen Stufen nach unten gehen, als sich zwei starke Arme von hinten um mich legen. Ich atme den mir schon bekannten frischen, holzigen Duft ein und lehne mich etwas nach hinten. "Wolltest du etwa gerade ohne mich runtergehen? Unerhört", höre ich an meinem Ohr. Ich lächle und drehe mich in seinen Armen um. "Matteo, du bist schon da." "Ich kann doch meine schöne Freundin nicht so lange auf mich warten lassen", neckt er mich und gibt mir einen leichten Kuss auf die Lippen. "Du siehst wunderschön aus", haucht er und schaut mich aus seinen haselnussbraunen Augen an. Mein Herz macht einen Sprung. Obwohl wir schon so lange zusammen sind, kann ich ihm noch immer nicht lang in die Augen schauen. Sie scheinen direkt in mein Inneres zu schauen und strahlen so viel Wärme und wahrhaftige Liebe aus, dass ich es nicht aushalte. Beschämt wende ich meinen Blick ab und merke im gleichen Moment die Farbe seiner Fliege, die gekonnt um seinen Hals geschlungen ist. Sie hat exakt den gleichen Farbton wie mein Kleid. Er liest meine Gedanken und aus seinem Blick kann ich Stolz herauslesen. "Du siehst auch wunderschön aus", gebe ich leise zurück. Er sieht wirklich gut aus in seinem schwarzen Sakko und der meeresgrünen Fliege, die so gut zu meinem Kleid passt und die unverkennbar zeigt, dass wir zueinander gehören. Seine dunkelblonden Harre sind wie immer leicht wuschelig, aber dieses Mal etwas weniger als sonst. Er hat sich wirklich Mühe gegeben, weil er weiß, dass mir diese Veranstaltung wichtig ist. Als Ganzes ein gutes Bild abzugeben. Vor der Firma und vor der Presse, die auch da sein wird, um Bilder zu machen und einen Artikel zu schreiben. Das Weingut meiner Eltern gehört zu den beliebtesten Newcomern hier in der Stadt und alle erwarten einen weiteren Hit. Besonders mit den Vitales, die hier seit Generationen Wurzeln haben.

Ich würde Matteo am liebsten durch seine Haare gehen, aber weil ich stolz bin, dass er dieses Mal Arbeit in seine Haare gesteckt hat, möchte ich das nicht zunichte machen. Meine Haare haben auch ewig gebraucht bis sie so standen, wie ich sie haben wollte, obwohl ich letzendlich nur einen locker sitzenden Knoten hochgesteckt habe, der so aussieht, als hätte ich ihn auf der Stelle in einem One-take hinbekommen, der mich aber eine gute halbe Stunde und viele Nerven gekostet hat. Mit rotem Kopf und schmerzenden Armen stand ich nach Vollendung meines Werkes im Bad und saß auf dem Badewannenrand, bis meine Mutter vom Flur aus rief, ob ich schon fertig bin. Mit einem Seufzen bin ich aufgestanden und habe mir das Kleid angezogen, das wie angegossen sitzt. Es ist grün, mit dünnen Trägern, die sich hinten am Rücken zu einem extravaganten Ausschnitt schlingen. Vorne ist es eher klassisch gehalten und fällt ab der Taille in einem fließenden, seidigen Stoff und schließt an den Waden ab, sodass man noch etwas gebräunte Haut sehen kann. Komplettiert habe ich das Outfit mit silbernen, nicht zu hohen Riemchensandalen und einer silbernen Clutch. Daraus hole ich jetzt mein Handy, um zu überprüfen, ob es wirklich auf lautlos gestellt ist. Da entdecke ich noch eine Nachricht von meiner besten Freundin Sofia, die mir viel Spaß beim Cocktailabend wünscht. Oder eher beim Weinabend. Wir sind Freundinnen seit dem Tag, an dem ich mit meiner Familie hierher gezogen bin. Und das Beste ist, sie wohnt nur zwei Häuser neben unserem.

"Wollen wir, Mylady? Wir blockieren hier sonst den Weg für die anderen Gäste", zwinkert Matteo mir zu. "Aber natürlich, Mylord", spiele ich mit und hake mich bei seinem angebotenen Arm unter.

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⏰ Last updated: Apr 04, 2023 ⏰

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Tainted LoveWhere stories live. Discover now