Erinnerung - Marvel

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Tränen schossen ihm in die Augen, und er tat nichts, um es zu verhindern. Sie verschleierten ihm die Sicht, doch er bemerkte es noch nicht mal richtig. Sein Gesicht wurde von der Flüssigkeit benetzt, während er weiter an IHN dachte. Er vergrub das Gesicht in den Händen, versuchte nicht das hemmungslose Schluchzen zu beenden. Denn er konnte es nicht. Wollte seine Trauer nicht verstecken, denn es gab hier sowieso niemanden, der ihn sehen konnte.

Tony Stark.

Das Gesicht vor seinem inneren Auge sah ihn an. Seine braunen Augen fokussieren sich auf ihn, während er leicht lächelte.  Doch dann änderte sich das Bild.
Tony, sterbend, nachdem er die Infinitysteine genutzt hatte. Die Augen starr, die Haut verbrannt, den Iron Man-Anzug tragend. Er schluchzte auf.
Das war das letzte Mal gewesen, dass er ihn gesehen hatte. Das letzte Mal! Nie wieder würde Tony ihn anblicken.
Er wünschte sich gerade zu, dass Tony ihm eine Standpauke hielt, würde das doch bedeuten, dass er ihn sehen könnte, dass er lebte.
Er würde alles tun, alles!

Er erinnerte sich an das erste Mal zurück, an ihr Kennenlernen. Er erinnerte sich an die Verwunderung, als er Tony Stark neben May auf ihrem Sofa gesehen hatte. So als würde er dort hingehören. Er hatte sich einfach als „Tony" vorgestellt, doch er hatte ihn nie so genannt. Konnte es nicht. Das war schließlich Tony Stark.
Er war für ihn immer nur Mr. Stark gewesen. Bis auf ein einziges Mal. Das letzte Mal.

„ Es tut mir leid, Tony."

Eine Minute später war er nicht mehr da gewesen.

Er erinnerte sich daran zurück, als Tony ihm den Anzug weggenommen hatte. Damals hatte er es nicht verstanden, doch nun wusste er, wieso er das getan hatte. Für ihn.

Dann als er ihn umarmt hatte. Zumindest dachte er, dass es eine Umarmung wäre. Tony hatte ihm nur die Tür öffnen wollen.

Ihre erste und auch letzte Umarmung. Tony hatte ihn einfach umarmt, damals, bei der Schlacht mit Thanos. Für ihn hatten zwischen Titan und der Schlacht ein paar Sekunden gelegen, für Tony fünf Jahre. Er erinnerte sich an die Geborgenheit, die er in Tonys Armen gespürt hatte, wie bei der Umarmung eines Vaters.
Er konnte sich nicht mehr an seinen richtigen Vater erinnern. Doch Tony hatte diesen Platz in seinem  Leben eingenommen, den Platz seines Vaters. Denn das war er für ihn. Ein Vater.
Auch wenn er sich nie getraut hätte, ihn Dad zu nennen.

Nun wünschte er sich nichts mehr, als es ihm sagen zu können, ihn Dad zu nennen, ihn zu umarmen und seinen Vater einfach nur zu sehen. Egal was Tony davon halten würde. Vielleicht würde er wütend werden, vielleicht auch nicht. Er wusste es nicht. Und er würde es nie wissen. Denn er war fort. Tony Stark war fort. Für immer.

Gott, wie sehr er ihn vermisste.

Er ließ den Tränen ihren Lauf, während er seinen Atem langsam beruhigte. Vor seinen Augen sah er Tony, Tony und immer wieder Tony.

Langsam öffnete er die Augen, sah durch einen Tränenschleier hindurch den Grabstein.

Anthony Edward Stark

Seine Haare waren nass vom Regen, den er nicht einmal bemerkt hatte, seine Knie schwarz von der Erde, in der er gekniet hatte.

Mit zitternden Händen zog er eine einzelne weiße Lilie aus seiner Tasche und legte sie sorgsam zu den vielen Blumensträußen, die sich am Grab häuften. An den meisten steckten kleine Grußkarten, die sich wahrscheinlich mit dankbaren Worten für Iron Man überhäuften.

Er stand auf und blickte ein letztes Mal auf den Grabstein.

„Danke Dad.", flüsterte er leise. „I love you 3000."

OneshotsWhere stories live. Discover now