„Entschuldige, wenn ich dich in deiner Meditation störe, aber ich würde mich gerne hinsetzen", brummte sie.

Als er immer noch keine Miene machte, seinen verdammten Rucksack von dem Sitz zu nehmen, spürte sie, wie sich ihr Puls beschleunigte. Unschlüssig stand sie da. Jemand sollte ihm sein Gepäck mitsamt Spruchaufkleber um die Ohren pfeffern! Als ihre Hände wieder zu prickeln begannen und genau im selben Moment von dem metallenen Mülleimer neben der Bank Funken hochstieben, riss sie erschrocken die Augen auf. Wie war das jetzt schon wieder möglich?

Der Junge sah auf. Er hatte nichts bemerkt, zog im Schneckentempo den Rucksack vom Sitz und ließ ihn endlich vor sich auf den Boden gleiten. „Bitteschön", sagte er gelangweilt. Dann biss er noch einmal von seinem Sandwich ab.

„Viiiielen Dank für die Mühe! Du hast dir dabei hoffentlich nicht den Arm ausgerenkt?!", entfuhr es ihr. Ihr Ton war unmissverständlich säuerlich.

Da sah er sie an. Er grinste. „Tut ein bisschen weh, aber es geht gerade noch", sagte er und fing dann an, demonstrativ die Schulter zu rollen.

Seine Augen waren echt unglaublich. Wieder fühlte sie ihr Herz pochen. Aber was für ein Idiot!

Sie setzte sich auf den endlich freien Sitz neben ihm, wobei sie darauf achtete, dass möglichst viel Platz zwischen ihnen war. Ihren Rucksack stellte sie vor sich auf dem Boden ab.

Kurz sah sie zu ihm hinüber. Seine Augen lagen auf ihr, beinahe neugierig und mit einem fast metallisch harten Glanz darin. Sein Profil war ein südländisches und mit den dunkelbraunen, leicht welligen Haaren und dem gebräunten Teint hätte man ihn für einen Italiener halten können. Was er hier wohl in Neapel gemacht hatte? Aber was ging sie das an.

Sie nestelte an ihrem Rucksack herum und holte ihr Handy heraus. Seine Anwesenheit machte sie nervös.

„Fliegst du auch nach Deutschland?", fragte er lässig, bevor er den letzten Bissen seines Sandwichs verschlang.

Bewusst gleichgültig nickte sie. Sollte er sich ruhig mal ein bisschen Mühe geben nach so einem armseligen Start.

„So wie ich also", brummte er.

Sie spürte seinen Blick weiter auf sich und konzentrierte sich darauf, so desinteressiert wie möglich zu wirken. Über ihr Handy gebeugt tat sie so, als läse sie eine hochinteressante, wichtige Nachricht.

„Le ragazze più interessanti sono sempre testarde come muli * ", brummelte er, als sie nicht reagierte. Überrascht hatte sie aufgehorcht. Die interessantesten Mädchen sind immer so stur wie Esel? Er konnte recht gut Italienisch, aber ein Kompliment war das nur ansatzweise. Sie verbiss sich ein Lachen. Er konnte nicht wissen, dass sie Italienisch konnte.

„Wieso lachst du?", fragte er.

„Ich lache nicht."

„Aber natürlich. Ich höre dich doch innerlich glucksen."

„Ich gluckse nicht."

„Und ob du das tust. Wie ein ganzer Bach. Zumindest innerlich."

Sie gab sich Mühe, ernst zu bleiben. Dann zuckte sie grinsend mit den Schultern. „Nur zu deiner Info, ich kann Italienisch."

An seiner Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet. „Ups", machte er. Dann sagte er nichts mehr.

Irgendwie fand sie ihn doch sympathisch. Vor allem, wenn er schwieg.

„War nur so ein Spruch ..., was man eben so sagt ...", begann er jetzt und ihr war klar, dass es eine schamlose Lüge war. „Und, äh ... ich würde dich natürlich nie im Leben mit einem Maulesel vergleichen!"

Im Schatten des PhönixМесто, где живут истории. Откройте их для себя