Kapitel 7

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»Was eine Hütte!«, staunte Charlie und beugte sich zu mir vor, um besser aus dem Fenster auf das schicke Haus zu schauen. Das Taxi hatte gerade in einer hochangesehenen Wohngegend angehalten und vom Auto aus konnte man die Menschenmassen erkennen, die sich auf dem Rasen des Vorgartens tummelten. Ich war äußerst angespannt wegen der Party, die Kimberly schmiss. Alex hatte mir im Mitarbeiterraum erzählt, wie viele Gäste kommen werden. Eigentlich wollte ich in der letzten Minute absagen, aber meinem besten Freund schien es nicht abzuschrecken, heute von zig Fremden umgeben zu sein. Charlie meinte, dass sei ein guter Grund, um endlich aus meinem Schneckenhaus zu kriechen, erhoffte sich, ich hätte Spaß und würde so ein Leben ab sofort bevorzugen. Das war aber mehr als dämlich, dachte ich mir und wurde als Nichtschwimmer gleich ins stürmische Meer geschmissen, anstatt meine ersten Versuche in einem ruhigen Teich zu probieren.
»Kimberly ist noch jung und wohnt bei ihren Eltern zu Hause«, meinte ich leise, sah dabei zu, wie der Blonde das Portmonee zückte, um den Fahrer zu bezahlen. »Das ist nicht ihr Haus«, fügte ich hinzu. Ich hatte angenommen, nur Alex wäre die Tochter von einem reichen Paar, aber ich wurde gerade eines Besseren belehrt. Jedoch prallte Kimberly mit diesem Detail nicht herum, weshalb ich eher damit gerechnet hatte, vor einem ganz normalen Einfamilienhaus zu halten. Aber hierbei handelte es sich um eine schicke und äußerst beeindruckende Stadtvilla.

Zögerlich legte ich die Hand auf den Türgriff der Innenverkleidung, betrachtete die Menschen, die alle einen roten Plastikbecher in ihrer Hand hielten und bei bester Laune waren.
»Das wird ein klasse Abend!«, rief der Extrovertierte begeistert und kaum hatte er das ausgesprochen, stieg er binnen von Sekunden aus dem Taxi. Die Leere, die er auf der Rückbank hinterließ, war unerträglich und nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel des Taxifahrers, verließ ich ebenfalls das Auto. Es war laut, als ich die Tür hinter mir schloss, unsicher auf das Haus sah, aus dem Musik strömte.
»Wie heißen deine anderen Kolleginnen?«, wollte Charlie wissen, nachdem er neben mir auftauchte.
»Deborah und Alex«, murmelte ich, erblickte gerade eine Frau und einen Mann, die sich nicht schämten, zwischen den Feiernden rumzuknutschen. Peinlich, meinte ich, wandte meinen Blick ab.
»Deborah ist so alt wie ich und ich glaube, eine sehr nette Frau. Alex hingegen... sie ist... sie ist laut und hat steinreiche Eltern, gibt mit dieser Tatsache gerne an.«

»Warum geht sie dann in einer langweiligen Kanzlei arbeiten?«, erkundigte sich mein bester Freund skeptisch. »Wenn die Eltern deiner Kolleginnen alle so reich sind, warum verschwenden sie ihre Zeit mit einem Job? Ich glaube, ich würde nicht arbeiten gehen, wenn ich nicht auf das Geld angewiesen wäre.« Argwöhnisch schaute ich auf das Haus, aus dem nicht nur Musik strömte, sondern auch schillernde Farben durch die Fenster hinaus drangen. Es wirkte wie eine Discokugel und ich wollte mir gar nicht ausmalen, was dort drinnen los war, wenn hier draußen schon gefühlt zehn Partys stattfanden.
»Das ist eine Strafe!«, meinte ich und schaute ernüchternd auf den Asphalt unter mir, der den Bürgersteig darstellte. »Ihr Vater hat ihr diesen Job besorgt, weil sie sich auf seinem Vermögen ausgeruht hat. Er möchte ihr damit zeigen, dass man für Geld etwas tun muss, damit man sich einen gewissen Lebensstil leisten kann.«
»Dafür, dass du nie mit jemanden sprichst, bist du aber gut informiert, Sophia«, bemerkte der Blonde spöttisch. Ich warf ihm einen genervten Blick zu, ehe ich mein Augenmerk wieder auf die Feiernden richtete.
»Wenn ich mit den Dreien von der Truppe in der Küche stehe und einen Kaffee trinke, bekomme ich so einiges mit. Ob ich will oder nicht, ich muss mir ihre Gesprächsthemen anhören. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie anstrengend das manchmal ist. Vor allem reden sie gerne über Männer und...« Unfähig das nächste Wort auszusprechen, prustete Charlie laut los und war schuld daran, dass einige Fremde zu uns sahen.

»Sex?«, kicherte er und ließ mich peinlich zu ihm aufsehen. Hoffentlich hatte ihn keiner gehört, dachte ich mir und fuhr beschämt mit der Hand über meine Stirn. »Du bist so verklemmt, Sophia.« Nein, ich war nicht verklemmt, sondern der Ansicht, manche Dinge sollte man für sich behalten und sie nicht hinausposaunen.
»Vielleicht habe ich Glück und treffe heute Abend einen heißen Typen, der mir meine Nacht versüßt.« Blitzschnell sah ich zu dem Extrovertierten, bemerkte seinen prüfenden Blick auf den Männern haften, die hier draußen standen.
»Denk bitte daran, Charlie! Du hast mir versprochen, mich nicht allein zu lassen.« Das war meine Bedingung an ihm gewesen, damit ich heute auf diese Fete gehe und nicht zuhause bleibe.
»Das stimmt, Luv! Aber vielleicht lernst du auch einen interessanten Mann kennen«, wandte er ein, als seine Augen über das auffällige Kleid wanderten, welches ich heute trug. Aufgrund seiner prüfenden Augen rückte ich dieses beschämt zurecht.
»Heiß bist du allemal. Wenn du ein wenig aus deinem kleinen Schneckenhaus kommst, dann könntest du sicher einen Typ abschleppen.« Unzufrieden sah ich an mir hinunter, hatte meinen Körper mit einem schwarzen und figurbetonten Minikleid geschmückt. Ein Geschenk von meinem besten Freund, welches er gestern schnell besorgt hatte. Jedoch hatte der Designer zu tief ins Glas geschaut, als er das Kleid entworfen hat. Anders konnte ich es mir nicht vorstellen. Der schwarze Stoff, der für die langen Ärmel verwendet wurde, hätte sicher noch unten an den Saum gemusst, damit das Kleid in seiner Länge mehr hergab. Dieser dämliche Putzlappen ging gerade so über den Hintern und würde alles frei legen, sobald ich mich falsch bewege. Zu meinem Glück zeigte der Karrée-Ausschnitt nicht ganz so viel von meinem Busen, sonst würde ich mir völlig nackt vorkommen. Charlie hatte mich gezwungen in diesem Outfit zur Party zu gehen, sonst hätte er sich etwas einfallen lassen, mit dem er mich am heutigen Abend blamieren kann. Das war seine Aussage, als ich das bisschen Stoff das erste Mal betrachtet hatte. Nur aus diesem Grund trug ich keine lange Hose oder eine weite Bluse.

Für immer noch einmalOù les histoires vivent. Découvrez maintenant