[𝟕] 𝐙𝐮𝐡𝐚𝐮𝐬𝐞

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☀︎ SAPHIRA ☀︎

Sieben Tage sind vergangen. Sieben Tage, seitdem ich Romea von ihrem Tod abhielt und bei dem grausamsten Mafia-Boss des Landes landete, welcher mich nicht nur nicht leiden konnte, sondern welcher ununterbrochen in meinem Kopf herumschwirrte.

Er füllte meine Gedanken am Tag und in der Nacht und das, obwohl er und ich uns kaum kannten und uns auch, wie es schien, nicht sonderlich gut verstanden. Diese Tatsachen änderte trotzdem nichts daran, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Ich würde ihn nie wieder sehen, weil ich es nicht sollte und nicht durfte. Mein Leben war auch so schon aus den Fugen geraten, da konnte ich es nicht gebrauchen, mich in den gefährlichsten Mann des Landes zu vergucken.

Auch wenn seine giftgrünen Augen mir unter die Haut gingen, wenn ich mich an die Dankbarkeit in diesen erinnerte, als er seine Schwester in meinen Armen auffand. Dieser Mensch war alles andere als dankbar oder gut oder nett. Er war die Boshaftigkeit in Person. Er nannte sich Der Gerechte und brachte Menschen um, als wäre sein Name irgendeine Rechtfertigung für das, was er tat. Er führte Drogengeschäfte. Er besaß Waffen. Er schadete dem ganzen Land und war ständig auf der Flucht, obwohl selbst die Behörden des Landes Angst vor ihm hatten und ihn nicht einsperren konnten.

Das alles war eine Welt, in die ich nicht eintreten und eine Last, die ich nicht tragen wollte.

Die letzten sieben Tage waren eine Zumutung. Jeden Tag versuchte meine Großmutter sich um meinen Vater zu kümmern, doch all das endete in einem Streit. Nael war nach dem letzten Streit mit meinem Vater spurlos verschwunden und ging nicht an sein Telefon. Ich hatte ihm etliche, verzweifelte Nachrichten geschrieben, doch sie kamen nicht an. Ich vermisste Nael sehr, weil er mein Bruder war. Ich könnte es nicht verkraften, meinen einzigen, lebenden Bruder auch noch zu verlieren. Aber andererseits hasste ich ihn. Ich hasste ihn aus tiefstem Herzen dafür, dass er einfach so gegangen war und sich nicht meldete. Trotzdem wurde dieser Hass von der Sorge übermalt und ich hoffte, dass ihm nichts passiert war.

Ich ging die Treppen herunter und sah schon meine Großmutter, welche in der Küche stand und mal wieder etwas kochte, was sowieso keiner Essen würde. Mein Vater versuchte gezielt, sie zu vergraulen und gestern hatte er das Essen sogar gegen die Wand gedonnert.

Ich wollte nicht, dass sie das Essen wegschmeißen musste, aber ich konnte nichts zu mir nehmen. Ich fühlte mich miserabel und es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Ich wurde immer trauriger. Immer kraftloser. Immer depressiver.

Und ich konnte nichts dagegen tun.

Mein eigenes Leben zog an mir vorbei und ich konnte es nicht packen und verändern, sondern wurde immer wieder von meinen eigenen Dämonen zurückgezogen und daran gehindert.

»Guten Morgen, Oma«, murmelte ich vor mich hin, öffnete die Schublade und durchsuchte diese. Ich hoffte darauf, dass ich noch irgendwelche Schlaftabletten finden würde, um endlich mal eine traumlose Nacht zu erleben, doch vermutete, dass ich alle, die wir jemals besaßen, schon längst geschluckt hatte.

»Kalimera, mein Schmetterling.«, begrüßte meine Großmutter mich auf Griechisch und ich schenkte ihr ebenfalls ein griechisches »Kalimera«. Ich konnte mich auf der Sprache zwar verständigen, aber nicht so gut, wie ich es eigentlich wollte. Zumal ich gerade auch nicht den Kopf dazu hatte. Trotzdem versuchte meine Großmutter mir ab und zu ihre Muttersprache beizubringen.

»Wie hast du geschlafen? Ich habe uns Frühstück vorbereitet. Setz dich doch, die Pancakes sind gleich fertig«, merkte sie an und setzte sich ein gezwungenes Lächeln auf, doch ich erkannte, dass dieses alles andere als ehrlich gewesen ist. Ich schaute zu ihr.

»Ich esse etwas später, Oma. Ich habe gerade keinen Hunger«, erwiderte ich und erntete nur einen enttäuschten Blick. Ih wollte sie nicht enttäuschen. Aber ich wollte auch nicht Diejenige sein müssen, die diese Familie noch zusammenhielt. Ich würde keinen Bissen herunterbekommen, wie schon die letzten Monate auch, also würde ich mich nicht mit ihr an einen Tisch setzen und es versuchen.

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