Kapitel 11

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Als Niamh wieder zu sich kam, war es wie durch eine klebrige Masse nur langsam an die Oberfläche des Bewusstseins zu gelangen, während sie nicht wusste, wo oben und unten war. Völlig orientierungslos griff sie nach jedem noch so kleinen Strohhalm und kämpfte gegen das Schwindelgefühl und die Übelkeit an. Dann war es wie ein Schlag ins Gesicht, als sie endlich die Augen aufschlug und panisch nach Luft schnappte. Das Schwindelgefühl hallte noch ein paar Augenblicke nach, bis sie es geschafft hatte, sich auf die Ellenbogen zu stützen, um tief Luft zu holen. Schwer atmend kam sie so langsam in der Realität an.

Quaritchs Hand legte sich auf ihre. „Wie geht es dir?"

Ihr Kopf fühlte sich seltsam schwer an, als sie zu ihm aufsah. Sie brauchte selbst einen Moment, um sich ihres eigenen Zustands bewusst zu werden.

„Ich lebe noch", stellte sie schließlich fest und brachte ein schwaches Lächeln zustande.

Er erwiderte es und sie sah, dass es aufrichtig war. Es war ein schönes Lächeln und sie hätte es gern noch einen Moment länger gesehen, aber da zerfloss es auch schon wieder zu einem besorgten Blick.

„Und wie geht es deinem Rücken?"

Niamh hielt seinem fragenden Blick stand. „Besser. Es tut nicht mehr so sehr weh. Es brennt nicht mehr."

Er nickte. „Du warst ein paar Minuten weg. Ich dachte schon, du würdest nicht mehr aufwachen." Ein nervöses Lächeln umspielte seine Lippen, so als wäre da noch mehr, das er sagen wollte. „Ich hab das Laheyti aufgetragen. Es scheint zu wirken."

Sie nickte. „Ja, das tut es."

Quaritch riss sich von ihrem Blick los und schaute ins Feuer. Seine Hand ruhte immer noch auf ihrer. Seufzend legte Niamh sich wieder hin, die Wange auf eine Hand gebettet, sodass sie ebenfalls ins Feuer starren konnte, ihre andere Hand umschloss in sanftem Griff die seine. Fast erwartete sie schon, dass er sie zurückzog, aber er ließ sie gewähren, ließ die Berührung zu. Seine Hand war angenehm warm und dort, wo sie sich berührten, prickelte ihre Haut.

„Danke", flüsterte sie.

Er reagierte nicht.

„Ruh' dich aus."

Niamh sah ein, dass das wohl am vernünftigsten war und ließ ihren Gedanken freien Lauf, während sie das flackernde Schauspiel der Flammen beobachtete. So verging eine ganze Weile und niemand sagte etwas. Nur die Geräusche des Waldes - der Wind in den Bäumen, das entfernte Quacken der Frösche, Insekten, die umher schwirrten, kleine und große Tiere, die durch das Unterholz huschten und ihren Artgenossen Laute zuriefen - drangen an ihr Ohr und gaben ihr ein Gefühl von Vertrautheit. Nur das Geräusch der Wellen, die wenige Meter von ihnen entfernt an die Klippen brandeten, war ihr fremd und erinnerte sie daran, dass das hier nicht ihr Zuhause war, dass sie irgendwo weit weg von Zuhause war. Und so wanderten ihre Gedanken unweigerlich zu Quaritch und wie sie überhaupt hierher gekommen war.

„Warum hast du mich gerettet?" Die Worte waren ausgesprochen, bevor sie darüber nachgedacht hatte.

„Das hab ich nicht."

„Du hättest dabei zusehen können, wie diese Frau mich zu Tode gepeitscht hätte. Der menschliche Quaritch hätte das getan und er seinen Spaß daran gehabt. Aber du hast das nicht getan."

Schweigen.

Als sie schon glaubte, er würde nicht mehr antworten, holte er tief Luft. „Ich weiß es nicht."

So etwas in der Art hatte sie sich schon gedacht.

„Vielleicht war es Eywa, die mich beschützt hat."

„Pf." Der Ausdruck kam zu schnell und war zu selbstsicher.

„Du weißt, dass es die große Mutter gibt. Sie lebt auch in dir. Auch wenn dein Geist nicht der eines Na'vi ist - dein Körper ist es."

Verlorene Seelen PandorasWhere stories live. Discover now