Kapitel 6

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Pov Ju

Ich hörte bereits Stimmen. Gar nicht gut.. Ein Blick auf die Ihr verriet mir, dass es bereits nach 10 war.. also war ich zu spät. Ein lächeln formte sich auf meinen Lippen. "Ich bin schon ein kleiner Rebelle." flüsterte ich leise und musst sofort selbst drüber lachen. Wenn der Tag doch nur so toll weitergehen würde.. Naja wir werden sehen.

Ich schaute mich nochmal im Raum um. Jetzt würde ich mein Zuhause, meinen Safespace verlassen und würde (wahrscheinlich) nie wieder kommen. Ich seufzte.. Meine schlimmsten Befürchtungen würden jetzt wahr werden. Ich drehte mich um und senkte meinen Blick. Kurz verharrte ich in dieser Position. Dann schloss ich die Türe hinter mir und ging den Flur entlang. Meinen kleinen Koffer zog ich neben mir her, einige Male schlug er mir gegen das Schienbein und bei jedem mal wurde die Stimme in meinem Kopf lauter. Sie schrie, bettelte, weinte. Ich sollte nicht gehen. Das war mir ja auch klar... aber jetzt konnte ich auch nicht einfach nicht hingehen. Naja.. da war ein Fenster neben mir, doch ich ging einfach weiter. Hörte nicht auf meine Gedanken , setzte einen Fuß vor den anderen. Mein Herz schlug wortwörtlich schon gegen meine Rippen und mein Atem wurde immer flacher. 

Auf einmal spürte ich eine Umarmung von hinten. "Marv, hallo. Ich werd dich vermissen." Ich packte ihn und hob ihn hoch. Meinen Koffer ließ ich einfach fallen. Ich setzte den Buben wieder auf dem Boden ab und schloss ihn noch einmal in meine Arme.

Gemeinsam gingen wir in den relativ großen Vorraum. Meine Eltern warteten schon und nahmen mir sofort meinen Koffer ab. Ich bedankte mich und lächelte dann freundlich. Jetzt gab es kein zurück mehr. Ich entschuldigte mich noch kurz und verschwand dann ins Badezimmer. Ich sperrte mich ein und atmete tief durch. Ich griff in meine Hosentasche und zog eine kleine Pille heraus. Es ist mir ja klar, dass ich das jetzt nicht machen sollte, aber es würde sich so gut anfühlen. Außerdem ist sie ja da drinnen für sogenannte "Notfälle" Ich blickte das kleine, weiße Ding in meiner Hand an. "Ach scheiß doch drauf. Ich bin so lange clean. Das verscheiß ich mir sicher nicht." redete ich mir selber zu. Ich warf sie ins Klo und spülte hinunter. Dann wusch ich mir noch kurz die Hände und mein Gesicht und gesellte mich wieder zu den anderen. Ich setzte mein Fake Lächeln auf. Ich war verstört, dass ich auf einmal so verzweifelt war, das ist mir irgendwie gar nicht so aufgefallen...  Aber ein Funken Stolz war auch dabei. 


Pov Rezo

Ich schnitt gerade mein Video. Als ich eine Nachricht von Ju bekam. Er war anscheinend schon im Auto und sie würden gerade nach Berlin fahren. Warte mal.. BERLIN?? Was machte er denn dort? Meine Augen weiteten sich. Wir würden uns niemals treffen können. Traurig schrieb ich zurück: "Das freut mich. Nur Schade, dass es so weit weg ist. " Als Antwort bekam ich einen traurigen Smiley. Ich legte mein Handy weg und machte weiter. Nach einer guten Stunde läutete mein Alarm. Aja, der Stream! Ich machte noch kurz eine Story und startete dann den Stream.


Pov Ju

Wir waren fast angekommen. Aachen hat für mich immer so bedrohlich gewirkt, so verzweifelt, so hilflos. Noch 5,4,3 Häuser. Um nicht aufzufallen fragte ich "Und? Fahren wir noch lange? Ich kann es kaum noch erwarten." "Wir sind schon da." Damit bog mein Vater in die Garage ein. Es waren nur wenige Minuten Fußweg zwischen meinem und Rezos Haus. Das Haus baute sich bedrohlich vor mir auf. Ich lächelte den anderen zu und meinte, dass ich es kaum noch erwarten konnte. 

Gemeinsam gingen wir hinein. Sie führten mich durch all die Räume. Küche, Badezimmer, Klo, Wohnzimmer, Esszimmer und schließlich: Mein altes Zimmer. Also mehr oder weniger. Eigentlich war das nur mein Scheinzimmer. Ich hatte hier nie drinnen gewohnt. Im K-, ach egal. Das ist jetzt nicht so wichtig. Ich dürfte jetzt endlich hier drinnen wohnen. "Wessen Zimmer ist das?" "Deines natürlich. Gefällt es dir?" Staunend betrachtete ich den Raum, nickend machte ich einen Schritt hinein. Er war ziemlich groß. Es gab ein Doppelbett, einen großen Schrank für Gewand, einen Schreibtisch und eine Kommode. Der Boden war aus Holz und das Zimmer war eher hell gehalten. Sie meinten, dass ich mich erstmal eingewöhnen sollte. Als die beiden aus dem Zimmer gegangen waren, schnappte ich mir meinen Koffer und öffnete den Schrank. Ich räumte alles ordnungsgemäß ein. Dann ging ich hinüber zum Schreibtisch und legte meine Schulsachen darauf, Hausübung würde ich sowieso nicht machen brauchen, weil das Waisenhaus in Köln war und ich jetzt hier zur Schule gehen werde. Mein neues Bett war weich.. Es lagen zwei Decken darauf, eine Schlaf und eine Flauschidecke. Diese schnappte ich mir natürlich sofort und legte mich gemütlich zurück. Mein Handy verriet mir, dass es bereits nach 2 war, also ging ich zu meinen Eltern. 

"Hallo, gibts was wichtiges?" Ich zuckte nur mit den Schultern und sie verdrehte die Augen. "Was willst du?" "Keine Ahnung. Bist du böse auf mich? Hab ich was falsch gemacht?" Ich verstand die Welt nicht mehr. "Immer noch so ein gebrechliches Bürschchen, wie früher, wa?" Meinte auf einmal mein Vater, der hinter mir stand. "Ehm.. ich habe euch doch noch nie früher gesehen." Versuchte ich mich herauszureden. "Genau. Als ob wir unseren Sohn nicht erkennen würden." meinte er und wuschelte mir unsanft durch die Haare.

Etwas geschockt stand ich da. Mein Gehirn war am rattern und meine innere Stimme schrie mich lautstark an. "Hab Ichs dir nicht gesagt? Hab ich dich nicht gewarnt? Du scheiß Sturkopf ey. Jetzt sitzt du erst recht wieder hier fest." Ich atmete laut aus und drehte mich dann um, um in mein Zimmer zu gelangen. "Oh sicher nicht Bürschchen." und schon viel ich rückwärts die Stufen herab. 


Pov Rezo 

Ein lautes Geräusch, ließ mich erstarren. Was war das? Ich hatte den Stream schon vor einiger Zeit beendet, also nahm ich meine Kopfhörer ab und ging in die Küche. Keiner da... Komisch. Auch in den anderen Räumen war nichts zu entdecken. Vielleicht hatte ich es mir nur eingebildet? Immer noch nervös ging ich zurück und rief Ju an. Es klingelt. 1 mal, 2 mal, 3 mal, 4 mal... Mailbox. Komisch? Sonst hebt er doch immer ab. Ich versuchte es wieder... nur Mailbox. Eine Nachricht vielleicht? Die kam nicht einmal an. Eins muss man ihm lassen, im schlechtesten Moment hat er keine Zeit und kein Wlan. Ich verdrehte belustigt die Augen und kicherte leise vor mich hin. 

Was er wohl gerade machte? Ging es ihm gut? "Genug von ihm." hörte ich mich selber sagen. Meine Augen suchten den Raum ab, was könnte ich wohl tun? Es lief darauf hinaus, dass ich spazieren ging. Meine Jacke und Schuhe hatte ich bereits an, also sperrte ich die Türe auf und setzte einen Fuß nach draußen. Boar, es is ja voll warm? Mein Handy zeigte 15 Grad an. "Klimawandel ist doch was tolles, hm?" Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. Echt scheiße, was wir mit unserer Welt gemacht haben.



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Need yaWhere stories live. Discover now