DIE UNSCHULDIGEN OHREN

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Der Wecker hatte schon zum dritten Mal geklingelt, doch Elia schaffte es einfach nicht, aufzustehen

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Der Wecker hatte schon zum dritten Mal geklingelt, doch Elia schaffte es einfach nicht, aufzustehen. Nicht, dass er viel geschlafen hätte – natürlich nicht. Erst vor einer Stunde war er völlig übermüdet ins Bett gekrochen, hatte sich die Bettdecke über den Kopf gezogen und dann wie in Trance darauf gewartet, dass das unbarmherzige Klingeln den nächsten Tag einläuten würde.

Er wusste, dass er besser sofort aufstehen sollte. Um Punkt sieben gab es bei den Konrads Frühstück, und wenn er nicht den Abwasch der nächsten zwei Wochen aufgebrummt bekommen wollte, sollte er besser schnell aus dem Bett hüpfen. Warum schaffte er es also nicht?

Es klopfte dreimal kurz an seine Zimmertür. "Raus aus den Federn, Schlafmütze!" Dann folgte ein Kichern. Marie. "Du sollst Mutter und Vater nicht warten lassen."

Elia stöhnte nur und drehte sich zur Seite. "I-ich glaube, ich bin krank." Allein beim Gedanken ans Essen wurde ihm übel. Er brauchte nur ein paar Stunden richtigen Schlaf ... nur ein paar Stunden. Elia musste für einen kurzen Augenblick eingenickt sein, denn nun öffnete seine Mutter die Zimmertür und setzte sich an sein Bett. "Marie sagt, du bist krank?" In ihrer Stimme lag die Vorsicht einer Mutter, die diese Ausrede bereits einmal zu oft gehört hatte.

"Mh-m." Zu mehr konnte Elia sich nicht durchringen.

Birgit Konrad legte prüfend eine Hand auf die Stirn ihres Sohnes und zog dann vielsagend eine Augenbraue hoch. "Fieber hast du aber nicht."

Nein, Elia war ja auch nicht wirklich krank. Er brauchte nur den Schlaf. "K-kein Fieber, aber ich ... ich fühle mich einfach total fertig. Und schlecht ist mir auch." Er setzte eine gequälte Miene auf, was ihm unter diesen Umständen nicht sonderlich schwerfiel.

Doch es schien nicht zu ziehen. "Na na, eine kleine Erkältung wird dich schon nicht umbringen. Ich gebe dir fünf Minuten, ja?" Sie strich ihm sanft eine freche Haarsträhne aus der Stirn und wollte sich gerade zur Tür bewegen, als sie plötzlich in der Bewegung erstarrte. "Was ist denn das hier?", fragte sie langsam. Eine böse Vorahnung beschlich Elia und er zwang sich, dem Blick seiner Mutter zu folgen.

Dort lagen sie, drei Bücher in dunklem Einband, mitten auf der Fensterbank. Was hatte Elia sich nur dabei gedacht, die so offen liegen zu lassen? Dabei hatte er sich so viel Mühe gegeben, die Kreide vom Laminat zu wischen. Bei uns gibt es keine Geheimnisse. Elia biss die Zähne zusammen und ignorierte das Brennen in seinen Augen. Er hatte schließlich nichts Falsches gemacht, oder?

Mit spitzen Fingern hob Birgit das erste Buch vom Stapel auf. "Dämonologie und Monster alter Mythen. Elia? Willst du mir das erklären?" Ihre Worte durchschnitten die Stille mit eisiger Schärfe.

Elia wollte gar nichts erklären, aber stumm bleiben würde ihm leider auch nicht helfen. "E-es ist nicht so, wie es aussieht ...", begann er. Er wollte nicht lügen, aber er konnte seiner Mutter schlecht beibringen, dass er nach Monstern suchte, die ihn und seine Mitschüler seit der verhängnisvollen Nacht an Halloween heimsuchten. "D-diese Bücher standen in der Schulbibliothek, a-also habe ich sie ausgeliehen, um sie Pfarrer Otis zu zeigen. E-er möchte doch wissen, wenn in der Stadt—"

𝕰𝖓𝖈𝖞𝖈𝖑𝖔𝖕𝖆𝖊𝖉𝖎𝖆 𝕴𝖓𝖒𝖔𝖗𝖙𝖚𝖆𝖊Where stories live. Discover now