Die zweite Schlacht von Beruna

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Peter pov.

Ich zog Belle mit mir zu dem Pferd, welches etwas abseits stand.
»Wir brauchen mehr Soldaten. Du bist die ganzen Jahre durch Narnia geirrt und hast sicherlich in verborgenen Teile noch lebende Narnianen getroffen«, erklärte ich. »Du musst gehen und sie zum Kämpfen auffordern.«
»Ich werde dich nicht hier alleine lassen«, flüsterte sie und sah mir tief in die Augen. Ich beugte mich weiter zu ihr runter und meine Lippen berührten die ihren. Sie waren weich und warm und ich schloss meine Augen. Ich bemerkte, wie Belle ihren Kopf wegreißen und mich von ihr wegschubsen wollte. Doch ich hielt sie fest und so erwiderte sie, überraschenderweise, meinen Kuss.
Ich löste mich von ihr und sah sie an. Gerade als ich etwas sagen wollte, krachte es laut und die Erde begann zu beben. Ich wandte mich um und sah, dass die Telmarer den Haug mit riesigen Steinen katapultierten.
Schnell hob ich Belle auf das Pferd. »Bitte«, flehte ich. »Wir können jede Hilfe gebrauchen.«
Sie nickte. »Aber eins musst du mir versprechen: Verlass mich nie wieder.« Sie hielt mir ihre Hand entgegen, ich ergriff sie und stimmte ihr zu. Dann ließ ich Belle los und gab dem Pferd einen Klaps. Mit einem Satz nach vorne rannte das Tier los und die Königin ritt in Richtung des Waldes.
Plötzlich sah ich von Weitem, wie einige Reiter der Telmarer die Verfolgungsjagd zu ihr aufnahmen. Sie zückten ihre Armbrust und zielten auf das Mädchen. Ich rief ihr zu, da sie die Feinde nicht bemerkt hatte, doch es war zu spät. Die Bolzen sausten bereits auf Belle zu. Sie waren nur noch ein paar Meter von ihr entfernt. Aber dann geschah etwas Seltsames. Die Geschosse lösten sich in Luft auf. Eine Art Schild hatte sich schützend um die Königin gelegt.
Ich atmete erleichtert auf, als ich sah, dass sie in dem Schutz des Waldes verschwand. Die telmarischen Schützen schienen es nicht mitbekommen zu haben. Sie wandten ihre Pferde und reihten sich wieder ein.
»Peter!«, rief plötzlich Edmund.
Ich rannte zu ihm und stellte mich neben meinen Bruder. »Egal was passiert«, flüsterte ich, »ich werde nicht von deiner Seite weichen.«
Edmund lächelte. »Genauso wenig wie ich von deiner.«
Die Telmarer gingen zum Kavallerieangriff über. Nun musste ich auf Kaspian vertrauen. Die Reiter kamen immer näher und ich bekam es ein wenig mit der Angst zu tun. Was ist, wenn Lucy es nicht schaffte? Was wäre, wenn Belle keine Soldaten mehr fand? Und was wäre, wenn wir das hier nicht überleben würden? Diese und viel mehr Gedanken schossen mir auf einmal durch den Kopf.
Innerlich zählte ich die Sekunden und hoffte, dass alles klappte. Zum Glück setzte sich dann Kaspians Teil vom Plan durch. Die Erde unter den Reitern tat sich auf und riss die Soldaten mit sich.
Ich hob mein Schwert und brüllte: »Susan! Jetzt!«
Meine Schwester gab unseren Bogenschützen den Befehl zu schießen, um die Telmarer, die hilflos in der Grube lagen und voller Panik hinausklettern wollten, mit Pfeilen zu durchbohren. Die Geschosse sausten über unsere Köpfe und trafen ihr Ziel. Dennoch überlebten welche.
Nun begannen die Fußsoldaten sich in Bewegung zu setzen, während Lord Sorpespian immer noch mit einigen anderen Lords am Waldrand das Spektakel beobachtete.
Edmund und ich schwangen und aus unsere Pferde. »Für Narnia!«, rief ich, reckte mein Schwert gen Himmel und gab meinem Tier die Sporen. Mein Bruder und ich galoppierten gefolgt von unseren Soldaten gegen die Telmarer. Die Zentauren und Minotauren überholten die Faune sowie die Zwerge. Nur noch ein paar Längen trennte uns von den Feinden. Mein Herz pochte wild. Ich hatte Angst.
Mit einem lauten Aufprall schlugen wir gegen die Soldaten der Telmarer. Ich durchritt die Reihen und tötete einen nach dem anderen. Plötzlich stürmte Kaspian auf seinem Pferd, gefolgt von einigen Narnianen, eine der zwei Rampen, die von unter der Erde auf das Schlachtfeld führten, auf die Wiese.
Ich sah, wie er an dem Graben vorbeiritt und von einem Soldaten vom Pferd geschubst wurde. Er fiel in das Loch. Weiter sah ich nichts, denn mein Tier brach unter mir zusammen. Es war von einem Pfeil getroffen worden und ich stürzte - wie beim letzten Mal. Ich wurde unter dem Pferd begraben und ich konnte mich nicht mehr bewegen.
Auf einmal bebte die Erde und Wurzeln schossen durch den Boden.
»Lucy«, flüsterte ich. Sie hat es geschafft.
Ein Telmarer beugte sich über den Leichnam meines Tieres. Er hob sein Schwert und wollte zustechen, doch dann erblickte ich ein Schemen, welches über mich sprang. Es rannte den Gegner um und weiter konnte ich nicht sehen, da ich mich nicht bewegen konnte. Ein Schatten verdeckte die Sonne. Ich konnte ihn nicht erkennen.
»Hast du mich vermisst?« Belle beugte sich zu mir hinunter und versuchte den toten Körper von mir zu schieben. Da sie zu schwach war, rief sie nach jemanden. Ein brauner Minotaurus trat neben sie und half ihr. Die Königin reichte mir die Hand und zog mich hoch.
Nun hatte ich wieder einen Überblick über die Schlacht. Die Telmarer wurden von Bäumen, die sich fortbewegen konnten, getötet, niedergemetzelt oder zertreten. Es waren deutlich mehr Narnianen als zuvor. Belle hatte also tatsächlich noch einige in den Wäldern gefunden. Wie hatte sie das nur so schnell erreicht?
Die Feinde flüchteten voller Angst in die Wälder, in Richtung des Flusses. Meine Soldaten nahmen die Verfolgungsjagd auf und auch ich rannte mit einem lauten Gebrüll hinterher. An den Ufern des Flusses blieben die Telmarer, angeführt von Lord Sorpespian, verwundert stehen. Lucy befand sich auf der anderem Seite. Sie hatte ihren Dolch gezückt und ihr grauer Umhang wehte im Wind.
»Angriff!«, schrie Lord Sorpespian und gab seinem Pferd die Sporen. Er wollte mit einigen seiner Soldaten die Brücke überqueren, während andere durch das Wasser waten.
Auf einmal tauchte neben Lucy Aslan auf. Ich sah, wie er meiner kleinen Schwester zunickte. Dann ließ er ein lautes Brüllen von sich. Das Wasser stieg an. Voller Panik verließen einige Telmarer den Fluss. Voller Neugier wartete ich ab. Und auch meine Soldaten bewegten sich nicht.
Da schnellte das Wasser heran. Wie eine riesige Welle durchzog es das Flussbett. Es formte sich zu einer Art Mensch, nur viel größer - ein Flussgott. Die Gestalt hob mit ihren wässrigen Händen die Brücke hoch, und die Soldaten, die darauf standen, sprangen hinunter - bis auf Lord Sorpespian. Verzweifelt starrte er das Wesen an. Sein Pferd tänzelte unruhig hin und her. Der Wassergott schien zu grinsen, bevor er die Brücke mitsamt den Lord verschlang. Und dann war alles vorbei.
Die Narnianen umkreisten die Telmarer, die sich flehend ergaben. Ich durchquerte mit Susan, Edmund und Kaspian den Fluss, um Aslan und Susan zu erreichen. Wir sanken vor dem Löwen auf die Knie.
»Erhebt euch, Könige und Königinnen von Narnia«, sagte er mit seiner Samtstimme gebieterisch. Susan, mein Bruder und ich gehorchten ihm. Kaspian blieb weiterhin in dieser Position.
»Auch du«, erklärte Aslan an den Prinzen gewandt.
»Ich glaube, ich bin noch nicht bereit dafür«, erwiderte er.
»Und genau, weil du das sagst, weiß ich, dass du es bist. Also erhebe dich.«
Kaspian erhob sich und steckte sein Schwert weg. Trumpkin und Reepicheep gesellten sich zu uns. Die Maus war verwundet und Aslan heilte sie, indem er ihr einen neuen Schwanz zauberte, denn den alten hatte er im Kampf verloren.
»Wo ist die Königin?«, fragte der Löwe dann. Er sah an uns vorbei, zur anderen Uferseite. Dort stand Belle und half den Verwundeten sowie den telmarischen Soldaten. Anscheinend fühlte sie, dass Blicke auf sie ruhten, denn sie hob den Kopf. Schnell wandte sie sich ab und tat so, als ob sie es nicht gesehen hätte.
»Ich glaube nicht, dass sie mit Euch reden möchte«, sprach ich. »Sie bereut immer noch, dass sie -«
»Wir alle machen Fehler«, unterbrach Aslan mich. »Wir alle bereuen. Sie hat genug bereut. Sie soll vor mich treten.«
Belle sprach mit einem Zentauren. Er nickte ihr zu und berührte ihre Schulter. Sie schwang sich auf den Rücken des Zentauren und er brachte sich durch das Wasser an das andere Ufer. Sie rutschte hinunter und ging langsam auf uns zu. Ohne mich zu beachten lief die Königin an mir vorbei und kniete sich vor Aslan, während sie zitterte.
»Es tut mir leid, Aslan. Ich habe versagt. In allem, was ich versprochen habe. Ich versprach auf Narnia aufzupassen. Was wäre passiert, wenn ich meinem Volk zur Seite gestanden hätte, als die Telmarer Cair Paravel angriffen«, sagte sie mit bebender Stimme.
»Wir erfahren niemals, was passiert wäre«, erklärte Aslan. »Aber was passieren wird, ist was ganz anderes. Ich vergebe dir.«
»Wie wir alle«, rutschte es mir heraus.
Belle erhob sich und wandte sich um. Sie lächelte zaghaft. Dann sank ich auf meine Knie und alle anderen - sogar die Telmarer - taten es mir gleich.

Die Chroniken von Narnia - Die Rache || Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt