𝟑.𝟑 | 𝐀𝐝𝐥𝐞𝐫, 𝐁ä𝐫 𝐮𝐧𝐝 𝐅𝐮𝐜𝐡𝐬

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„Ach, du bist's, Mädchen. So wie es aussieht –", Stanislau musterte den endgültig k.o.-geschlagenen Boxer und verzog unzufrieden die schmalen Lippen, „bald keiner mehr. Neben , diesem ,Gott' hier aus dem hohen Norden, haben wir nur noch Stamen und so ein Küken. Nennt sich Orel. Wahrscheinlich hält der sich keine zwei Minuten im Ring. Schlechter Abend."

Stas' rückte seine Brille zurecht und besah sich den Beutel vor sich.
„Bist du nur zum Wetten oder zum Boxen da? Wir könnten dringend noch jemanden brauchen."
Eigentlich hatte Zarja keine Intention gehabt, heute selbst in den Ring zu steigen, insbesondere nicht nach dem Aspravskaja, andererseits war sie sich dessen wohl bewusst, dass es ihren Plänen von Nutzen sein konnte. Mittlerweile kühlten die Gemüter über Sieg bereits ab und würden sich spätestens nach einem Kampf zwischen ihm und Stamen auch nicht mehr erwärmen lassen, sollte dieser Orel wirklich so wenig zu bieten haben. 

Ein zierliches Mädchen, das sich auf einen Kampf mit irgendeinem Muskelprotz einließ, dagegen heizte die Stimmung erfahrungsgemäß früher oder später immer wieder an. Vor allem, wenn es entgegen allen Erwartungen gewann – und Zarja kämpfte nicht, um zu verlieren.
„Meinetwegen, eine Runde. Dann bleib ich bei den Wetten."
Diese sollten nach etwas Spektakel auch wieder besser laufen.
Stas' lächelte. „Dann heißt es, du gegen Stamen oder Víðarr."
„Einverstanden."

An Stas' Seite verfolgte sie den Kampf, der sich zunehmend in die Länge zog, mit halbem Interesse. Letztendlich gehörte der Sieg Stamen.
„Sollte man mich doch rausschleifen müssen, setz das Geld auf den Frischling", meinte Zarja, sich bereits abwendend.
Aus den Augenwinkeln konnte sie noch erkennen, wie Stas' eine Braue hochzog. „Sicher?"

„Wäre ich es nicht, hätt ich's nicht gesagt. Wenn ich schon an einem Abend meine Zähne und mein Geld verlieren könnte, sorg ich zumindest dafür, dass es nur bei einem davon bleibt."
„Kresnik steh ihr bei." Stas' berührte eine Stelle an seiner Brust, an der unter dem Hemd wahrscheinlich ein kleines Sonnenrad oder ein Abbild des Gottes ruhte.
Zarja winkte ab und warf Stanislau ihren Mantel zu. „Verschwende nicht seine Zeit."

Scheinbar ungerührt schritt sie auf den Ring zu, sich dessen völlig bewusst, dass sie sich von der trügerischen Leichtigkeit ihres Kopfs und Körpers nicht täuschen lassen durfte, ebenso wenig wie vom Kribbeln in ihren Fingerspitzen.

Stamen wartete dort bereits. Ein großes Paket Muskeln mit unsauber kahlgeschorenem Kopf, über den sich eine Narbe bis zur Stirn zog, und kleinen stumpfen Augen wie die eines Ebers, dessen Leben nicht Wald oder Stall, sondern der Schlachthof selbst war und der damit der Schlachtbank nicht gleichgültiger gegenüberstehen konnte. Bisher hatte er jede Begegnung mit ihr überlebt, aber wusste, dass das irgendwann nicht mehr der Fall sein würde und akzeptierte es. Warum er dennoch kämpfte, wusste er selbst nicht. Er tat es einfach, weil es für ihn nichts anderes gab.

In dem Moment, da sie unter Erstaunen des Publikums und der Ankündigung ihres Kampfes über die Absperrung sprang, ließ Zarja alles dort zurück. Nicht nur die versammelte Menge, sondern sogar sich selbst. Hier drinnen existierte Zarja Mrazova nicht. Hier war sie einfach nur Machka, die Katze. 

Ein Gongschlag und sie ging in Position. In ihren Sinnen trommelte, neben ihrem eigenen, Stamens gleichmäßiger Puls. Er war gesund, wach und ruhig, also in bester Form. Sein vorheriger Gegner schien ihm nicht besonders zugesetzt zu haben.
Angespannt, einander wachsam anblickend wie zwei Tiere vor dem Sprung verharrten sie nur einen Moment, bis sie zum Angriff übergingen.

Stamens massige Beine benötigten nur einen Schritt, um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken, und seine Faust damit direkt auf sie zuschnellen zu lassen. Doch der Schlag war zu vorhersehbar, als dass Machka ihn nicht hätte erwarten und tatsächlich flink wie eine Katze darunter wegtauchen und von unten einen Haken verteilen können. Ihre Hand schien nicht auf einen Kiefer, sondern Granit zu treffen. Sie ignorierte den vertrauten Schmerz, der durch ihre Finger schoss.
Stamen allerdings auch. 

Slaves of WarWhere stories live. Discover now