Dabei waren sie gar nicht so falsch. Die Liebe war das, was die Menschen von Beginn an am meisten faszinierte. Eine Beziehung zwischen den zwei Kinder zweier langer Freude, die zufälligerweise auch noch Geschäftspartner waren, war ein gefundenes Fressen für die Medien. Die Leute würden sich um jedes Interview, um jedes Foto, um jedes Detail dieser angeblich überglücklichen Beziehung reißen. Der Warren-Deal würde weit in den Hintergund rücken, die Warren Company und Thorne Industries würden hingegen wieder Themengespräch Nummer eins werden. Und zwar nicht nur in der Wirtschaftsbranche, sondern überall.

Der Schachzug war also gut überlegt, nur zu welchem Preis? Die Medien würden sich freuen, die Firmen würden sich freuen, unsere Väter würden sich freuen - und Angeline und ich? Wir wären diejenigen, die zumindest für sechs Monate nur Leid ertragen würden. Wir waren die Einzigen, für die nichts aus dieser ganzen Sache rausspringen würde. Es war so, wie Gregor es bei unserem Treffen gesagt hatte. Es würde Opfer fordern, unser Firmen wieder auf Kurs lenken zu können. Opfer, die Angeline und ich bringen mussten.

Plötzlich klopfte es zweimal an der Tür. Ich riss den Kopf hoch und sah auf das dunkle Holz, das mich von meinen Besuchern trennte. Da meine Assistentin ebenfalls bereits Schluss gemacht hatte, kündigte niemand meine Gäste an. Aber das war auch nicht nötig, denn ich hatte sie immerhin selbst hergebeten.

Als sie Tür aufging, liefen Carter und Caleb gelassen ein. Beide nickten mir zur Begrüßung zu, doch ich schaffte es noch nicht einmal mich etwas zu bewegen.

"Setzt euch", murmelte ich ruhiger als erwartet. In mir herrschte hingegen ein einziges Chaos.

Carter und Caleb ließen sich auf den beiden Sessel hinter meinem Schreibtisch nieder, sahen mich an und warfen sich anschließend einen kurzen Blick zu. Diese stille Kommunikation kannte ich nur zu gut. Sie waren sich unsicher, wieso sie hier waren, und ich konnte es ihnen noch nicht einmal verübeln. Carter hatte alle Hände voll zu tun, seine Freundin zu umsorgen, die gerade eine Operation hinter sich hatte und Caleb ... naja, Caleb tat das, was er das letzte Jahr schon immer gatan hatte, auch wenn ich nicht wusste, was genau das war.

"Also", Caleb zog das Wort in die Länge und verschränkte seine Finger leicht ineinander, "wieso hast du uns um diese Uhrzeit herbestellt?"

"Ja, was ist so dringend, dass du es uns nicht einfach am Telefon hättest sagen können. Nichts gegen euch, doch ich verbringe meine Abende lieber mit meiner Freundin, als mit meinen Brüdern", fügte Carter hinzu und Caleb gab ein Würgegeräusch von sich. Carter stieß mit dem Fuß gegen sein Schienbein, woraufhin Caleb ihm einen bösen Blick zu warf.

Ich konnte nicht anderes tun, als die beiden stumm zu beobachten und diese typischen Streitigkeiten über mich ergehen zu lassen. Einziger Unterschied war allerdings, dass ich keine Kraft aufbringen konnte, um die beiden voneinander zu trennen. Das fiel auch Carter und Caleb sofort auf.

"Hey", Carter machte eine auffordernde Kopfbewegung, "was ist mit dir?"

"Ja", steuerte Caleb hinzu und sah mich abschätzend an, "du wirkst heute irgendwie so nachdenklich. Ist in den letzten Tagen etwas passiert, wovon wir nichts wissen?"

Die beiden hatten ja keine Ahnung. In den letzten drei Tagen war mehr los, als mir lieb war. Eigentlich hätte ich sie deswegen auch nicht extra herbestellt, doch mir schien die Info, eine neue Freundin in den nächsten sechs Monaten zu haben, wichtig genug, um sie ihnen persönlich mitzuteilen. Ich konnte mich an keine Situation erinnern, in denen ich ihnen jemals eine Frau an meiner Seite vorgestellt hatte, und jetzt würde ich eine Beziehung mit derjenigen führen, die ich am wenigsten leiden konnte.

Immerhin müssten sie Angeline nicht kennen lernen. Zum einen kannten meine Brüder sie bereits, zum anderen war unser Beziehung nichts weiter als eine Täuschung, die sechs ewig lange Monate andauern würde. Wir mussten uns also nicht wirklich kennen lernen, was Dinge zumindest etwa einfacher machte. Ich hatte keine Lust darauf, eine Freundin momentan oder auch in den nächsten fünf Jahren meines Lebens zu haben. Klar, irgendwann wünscht man sich natürlich eine eigene Familie, doch dieses Ziel würde ich zuerst noch zurückstellen. Es gab einfach viel wichtigere Dinge, als die Liebe. Dinge, wie ein Unternehmen zu leiten, das nicht mehr existierte, wenn ich diese Fake-Beziehung mit Angeline nicht einging.

The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)Where stories live. Discover now