Last

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Die Mädchen unserer Klasse liefen alle über den Schulhof. Ich mitten unter ihnen. Es herrschte ein angeregtes Gespräch. Über Jungs. Ich lief am Rande der Truppe und hörte interessiert zu. Mein Blick war zum Boden gerichtet und ich konzentrierte mich darauf, meine Sporttasche so hoch zu halten, dass sie nicht über den Boden schleifte. Unsere nächste Schulstunde war, was eine Überraschung, Sport.

Ich seufzte gequält. Ich hasste Sport. Dies lag nicht nur daran, dass ich unsportlich war. Aber ihr werdet noch sehen, wieso.

Schweigend dachte ich darüber nach, was wir wohl heute im Sportunterricht machen würden. Hoffentlich nichts mit Teams. Schon gar nicht, wenn sie sehr klein waren. Je mehr Leute, desto besser war es wenigstens noch... Da konnte man sich ein wenig in der Menge verstecken. Ich wollte nicht, dass jemand mich sehen konnte, wie ich mal wieder versagte. Dabei war mir klar, dass jeder einzelne in der Klasse wusste, dass ich schlecht in Sport war. Trotzdem versuchte ich immer und immer wieder, dies zu verstecken. Naiv von mir...

In dem Moment fiel mir auf, dass ich mit meinen Gedanken ja völlig abgedriftet war. Mal wieder. Ich hatte nichts mehr vom Gespräch der Mädchen neben mir mitbekommen. Ob es wohl was Wissenswertes gewesen war? Egal...wieder seufzte ich leise. Den anderen ist ja sowieso nicht aufgefallen, dass ich in Gedanken versunken war. Schließlich sagte ich ja nie besonders viel. Zu deren Themen hatte ich auch nicht viel beizutragen. Jungs, Make-Up, Partys...in all dem hatte ich kaum Erfahrung. Wieso sollte ich langweilige Geschichten von mir erzählen, die nichts Besonderes sind? Da beschäftigte ich mich lieber mit meinen Gedanken oder hörte den anderen zu.

In diesem Moment erreichten wir die Sporthalle. Eines der Mädchen öffnete die große Glastür und hielt sie offen, um den anderen den Vortritt zu lassen. Ich stand zwar nicht ganz hinten in dem kleinen Trupp, wartete aber, bis alle anderen vor mir eingetreten waren. Ich fand es unhöflich, sich Platz zu nehmen, wenn da keiner war, und ließ deswegen lieber alle vor. Dies tat ich eigentlich immer. Ich hatte nie den Eindrück gehabt, dass es andere störte, wenn sie immer vor mir liefen.

Unsere Gruppe bewegte sich Richtung Mädchenumkleiden. Dabei wurde immer noch viel geredet, nur ich lief schweigend hinterher. Ich wusste ja gar nicht mehr, worüber sie redeten. Hatte ja nicht aufgepasst. Zwei Jungs aus unserer Klasse kamen uns entgegen, sie waren schon fertig umgezogen und gingen Richtung Sporthalle. ,,Hey Moritz, bilden wir ein Team, wenn wir Partner brauchen?", fragte Hannah, eine meiner Klassenkameradinnen, den Jungen auf der linken Seite. Er grinste sie breit an, wuschelte dem Mädchen durch die Haare und sagte: ,,Klar doch."

Dann hatten sie uns passiert und verschwanden in der Tür zur Halle. Die Gruppe von Mädchen lachte. Ich lief immer noch hinter ihnen her und schaute neutral Richtung Umkleide. Für mich gab es keinen Grund, zu lachen.

Wir versammelten uns in dem kleinen Raum, der nach Schweiß und Deo stank, und jeder suchte sich einen Platz auf einer der zwei Holzbänke an den Wänden. Mein Blick fiel sofort auf einen Platz am Rande der Bank, in einer Ecke des Raumes, und ich ging hinüber und stellte meine Tasche auf der Bank ab. Neben mir war noch genug Platz zum nächsten Mädchen. Die meisten anderen hatten sich in der Mitte des Raumes zusammengesetzt und quatschten immer noch aufgeregt miteinander. Ich hörte die Wörter ,,Moritz" und ,,hübsch" heraus. Ah, darum ging es also. Uninteressant.

Schweigend, wie immer, zog ich mich um, vollkommen konzentriert auf mich selbst. In mir kamen wieder Sorgen wegen der Sportstunde auf. Ich starrte gedankenverloren auf den staubigen Fliesenboden der Umkleide, während ich versuchte, in meine Sportschuhe zu schlüpfen. Im Augenwinkel bemerkte ich, wie einige Mädchen sich erhoben und den Raum verließen.

Ich riss mich aus meinen Gedanken und schaute hoch. Alle waren aufgestanden und hatten mir den Rücken zugedreht, sie liefen aus der Umkleide raus Richtung Sporthalle. Ich saß noch immer unfertig auf der Bank. ,,Hey!", rief ich leiser als ich es hätte tun sollen, band schnell die Schnürsenkel zu, erhob mich und rannte ihnen hinterher. Niemand drehte sich zu mir um, die Mädchen waren alle zu sehr im Gespräch verfangen und hatten mich nicht gehört.

LastWhere stories live. Discover now