Chapter 1 - Introduction

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Mein ganzes Leben lang habe ich mir nie gewünscht sprechen zu können. Ich hatte nichts zu sagen und niemanden mit dem ich mich unterhalten konnte. Mein ganzes Leben lang habe ich geschwiegen.

Ich glaube nicht, dass ich noch sprechen kann. Die Ärzte glauben es sicher auch nicht. Wer seine Stimmbänder für 21 Jahre nicht benutzt, der kann wohl nicht erwarten, dass sie plötzlich noch für ihn arbeiten. 21 Jahre. So alt bin ich. 21 Jahre impliziert, dass ich bereits tonlos geboren wurde. Jedes Baby schreit, wenn es das Licht der Welt erblickt. Ich tat es nicht. Ich erblickte auch kein Licht.

Mein Name ist Lorcan. Ich bin der Erstgeborene meines Klans und damit das stärkste und böseste was es zwischen der weinenden Schlucht und den heuchelnden Bergen gibt. Geboren um zu herrschen, zu unterwerfen, zu töten. Ich bin der, den sie alle fürchten lernen. Merk dir meinen Namen, denn kennst du ihn nicht, wird das der sichere Tod für dich sein.

Lorcan. Er bedeutet für die Meisten 'Mut, Gewalt oder das erbitterte Streben nach Macht'. Siehst du mich dunkel und kalt in dem Winkel deines Auges, dann trittst du besser zur Seite, wenn dir dein Kopf lieb ist. Ich brauche keine Worte um dich auf die Knie zu zwingen, meine Hände reichen dafür aus. Wenn ich schlecht drauf bin, dann reicht auch ein einfaches Blinzeln.

'Lorcan' bedeutet auch 'der Stille' oder 'der Stumme'. Worte sind überbewertet und nur nötig, wenn du nicht stark genug bist dich anders auszudrücken. Ich muss niemandem sagen, dass er sich verbeugen soll. Sie wissen es und wer es nicht weiß, der lebt bereits nicht mehr. Mein Klan hat diesen Namen extra gewählt. Er erinnert uns alle jeden Tag an die Enttäuschung meiner Geburt, doch nach außen hin, zeigt er das was meine Familie repräsentiert: Stolz. Dass ich nicht sprechen kann war meine Entscheidung. Ich habe es nicht für nötig gesehen.

Die ersten vier Tage meines Lebens habe ich gesprochen. Die ersten vier Tage meines Lebens war ich allein in völliger Dunkelheit. In diesen Tagen habe ich mehr über die Welt und ihre Kreaturen gelernt als in denen, in denen Sonne durch die Fenster schien und man mich bemerkte. Das Leben ist kalt, dunkel und hässlich. Wenn du es beherrschen willst, musst du kälter, dunkler und hässlicher sein. Nicht unbedingt äußerlich. Versteh mich nicht falsch. Ich bin das schönste was du auf dieser Seite der Welt finden wirst. Sie sagen alle es sei eine Schande das jemand mit meinem Gesicht nicht sprechen kann. Wundern sich wieso meine Perfektion eine Lücke hat.

Ich bin ein Nicoli. Eine Kreatur der Dunkelheit, der Nacht ohne Sonne. Anders als bei euch scheint sie bei uns nur wenige Stunden und erlischt dann zu völliger Kälte. Und wenn die Nacht besonders stürmisch und unertragbar erscheint, dann kommen wir zur Welt. Wie jeder meiner Art kroch ich aus der Erde hervor. Damals war ich sechzig Zentimeter groß und grub meinen Weg vier Meter nach oben um dann aus der engen Dunkelheit in eine weite zu gelangen. Nicoli werden aus der Erde geboren. Ich war geboren wie alle anderen, gesund und voller Würde.

Ich sprach mit mir selbst und wunderte mich über die Dummheit meiner Erschaffer als diese nach zwei Tagen immer noch nicht herunter in die Keller kamen um mich zu finden. Als sie mich entdeckten, da wusste ich sofort, dass meine Worte verschwendet wären. Sie wollten, dass ich sie preise, aber wieso sollte ich, wenn ich doch mächtiger war als sie?

Ich erinnere mich noch gut daran wie sie da standen und mich schüttelten und anschrien, ich solle doch gefälligst einen Ton von mir geben. Noch am selben Tag brachten sie mich zum Alchemisten. Er testete mich auf alles was es auf diesem Planeten gibt und kam zu dem Ergebnis, dass nichts an mir falsch war. Meine Erzeuger wurden wütend und ich beobachtete interessiert wie sie den Alchemisten umbrachten. Mit fünf Tagen war ich Zeuge des ersten Mordes. Wie leicht es doch war jemanden zu beenden. Ein einfaches Messer in den Hals und dann zusehen wie sie langsam an sich selbst ersticken.

Blumen sind für die SchwachenWhere stories live. Discover now