Kapitel 7

1 0 0
                                    

Der Torbogen stand hier sicher schon eine ganze Weile. „Mindestens fünfhundert Jahre.", schätzte Ralph, obwohl er auch keine Ahnung davon hatte. Wirklich Vertrauen erweckend wirkte das Gebilde nicht. Alt und verwittert, mit Ranken und anderen Pflanzen überwuchert von außen und dunkel von innen. Gerade die ersten Stufen waren noch zu erkennen, dann führte die Treppe in dem Bogen einfach nur ins Nichts.

„Da müssen wir erst mal die richtige Ausrüstung besorgen sonst wird das nichts. Wir könnten in eine Grube oder einen Schacht fallen so dunkel wie da ist.", meinte Ralph und als hätte sie es gewusst holte Be eine kleine Taschenlampe aus ihrer Hosentasche. Die sollte ausreichen, um nirgendwo reinzufallen.

„Ist die überhaupt hell genug?", fragte Ralph und brauchte gar keine Antwort. Die Taschenlampe hatte er schließlich selbst gebaut und sie war auf jeden Fall hell genug. Be hatte sie sich eingesteckt als sie sich auf den Weg gemacht hatten. Das Labor von Ralph war voll mit derlei Gebrauchstechnik, die er aus Langweile baute, wenn ihm gerade nichts anderes einfiel. Alle weiteren Argumente durfte Ralph noch anbringen während Be in vor sich her durch den Bogen die Treppe hinunter schob.

Die kleine Taschenlampe erhellte den Tunnel ganz ausgezeichnet und sie konnten sicher die Treppen hinabsteigen. Zumindest so sicher wie ein fremder, uralter Tunnel sein konnte.

Gruselig war es jedenfalls nicht. Kein Stück Dunkelheit ließ die Lampe übrig und was sie sahen war ganz gewöhnlich für die Umgebung. Spinnweben und Kletterpflanzen an Steinwänden. Dazwischen immer mal ein Käfer oder ein anderes kleines Getier, dass so lange neugierig blieb, bis es vom Licht getroffen wurde und sich davon machte. Sie gingen eine Weile so weiter, bis sie zu einem Durchgang kamen, der die Kinder nur einzeln hindurch ließ. Das war sicher nicht das Ende des Weges, aber viel zu schmal und niedrig, um zu zweit weiterzugehen. Lang war der Durchgang nicht und nach knapp zehn Metern standen sie, wieder nebeneinander, in einem großen Raum, den die Lampe nun nicht mehr ganz erfassen konnte. Die Kinder schauten sich erst mal um, nur der andere Ralph hatte seine Augen noch bei dem schmalen Wegstück, das hinter ihnen lag.

„Das macht man doch nur damit etwas nicht durch passt.", sagte er mehr zu sich.

„Was passt nicht durch.", fragte Sophia die die Runen an den Wänden des Raums bewunderte.

„Der kleine Tunnel hinter uns. Soll der etwas nicht rein oder nicht rauslassen?", fragte der andere Ralph und die Stimmung wurde ein bisschen angespannter.

„Meint er das was hier nicht raus sollte ist noch hier?", fragte Sophie während sie sich ein bisschen genauer umschaute.

„Oder nicht rein und nein, hier ist gar nichts mehr.", sagte Ralph und hatte recht. Er sogar sehr recht damit. Während es im Tunnel mit der Treppe noch kreuchte und fleuchte, war hier nichts zu sehen oder zu hören was an das kleinste Tier erinnerte. Pflanzen hatten sich hier ein paar ausgebreitet, aber Tiere hatten diesen raum wohl gemieden. Keine Spinnennetze in den Ecken, keine Käfer auf dem Boden und kein Pieps zu hören. Bevor sie sich Gedanken dazu machen konnten, ging Be schon weiter und mit ihr das Licht. Im Dunkeln wollte keiner bleiben also folgten sie ihr.

Dieser große Raum hatte nicht wirklich viel zu bieten, zumindest auf den ersten Blick. Boden, Decke und Wende waren schon recht groß, aber das beeindruckt einen ja nicht auf Dauer. Erst als sie eine Weile gegangen waren veränderte sich das Mauerwerk um sie herum. In den Steinen waren immer mehr Runen und Zeichen zu sehen die zuerst in den Stein graviert waren und später dann aus gläsernen, silbernen und am Ende sogar goldenen Verzierungen bestanden. Wer auch immer das hier gemacht hatte, hatte sich richtig viel Mühe gegeben und keinen Aufwand gescheut.

„Das ist schon schön hier.", sagte der andere Ralph, weil es ihm einfach zu ruhig war und bekam erst mal keine Antwort. Sie hatten das Ende des Raums erreicht und was sie hier sahen verschlug allen die Sprache. Eine Wand aus glänzenden Steinen die wie ein Regenbogen schimmerten. In jedem zweiten Stein war ein Symbol eingraviert und zwischen den Steinen verliefen goldene Linien.

„Das ist schon sehr kitschig.", las Sophie auf einem Zettel, den ihr Be gegeben hatte.

„Das ist wunderschön du Banause.", erwiderte Sophie.

„Das ist ein Rätsel.", fügte Ralph hinzu und bekam drei fragende Blicke.

„Diese Schriftzeichen sind nicht einfach zur Dekoration an dieser Wand. Sie haben ein bestimmtes Muster und dann auch wieder nicht. Ich denke es ist eine Aufgabe oder besser gesagt ein versteckter Code.", sagte Ralph und ging zu der Wand. Die Symbole ließen sich verschieben, ziemlich leicht sogar.

„Du meinst ein Rätsel.", sagte der andere Ralph und hatte sicher nicht ganz unrecht, aber für Ralph waren Rätsel etwas für Kinder.

„Rätsel sind etwas für Kinder und Märchenfiguren. Das hier ist ein System aus fünfzehn verschiedenen Symbolen in Gruppen angeordnet zu je 7 bis zwanzig. Innerhalb dieser Gruppen gibt es noch mal kleine Unterschiede in den Symbolen, bei denen ich jetzt die Reihenfolge bestimmen muss und dann die Reihenfolge der Gruppen und daraus eine Anordnung finden, die uns weiterbringt. Das hier ist sicher kein einfaches Rätsel.", sagte Ralph und holte einen kleinen Taschenrechner, zumindest war es mal einer, aus seiner Tasche und fing an darauf herumzutippen.

Be und Sophie schauten ihm dabei zu und versuchten zu sehen was er gerade erklärt hatte. Der andere Ralph schaute sich lieber ein bisschen um, ging zur linken Seite in die Ecke und klopfte drei Mal gegen ein paar Steine. Darauf hin schoben sie die Steine knirschend in die Wand und machten einen Durchgang frei. Natürlich hatten die anderen das Knirschen gehört und Ralph hatte seinen Taschenrechner wieder eingepackt und ist am anderen Ralph, der ein breites Grinsen im Gesicht hatte, vorbei in den nächsten Raum gegangen. Der andere Ralph ist dann las letzter hinterher und mit den anderen wieder heraus.

„Was ist denn da passiert?", fragte Ralph während er versuchte durchzuatmen.

„Keine Ahnung.", sagte der andere Ralph der sich auf den Rücken gelegt hatte und seine Augen geschlossen hielt, bis das Drehen aufhörte.

„Das fühlt sich an wie in einer Zentrifuge, zumindest die Übelkeit.", sagte Sophie und die anderen stimmten ihr zu, obwohl von denen noch keiner in einer Zentrifuge gesessen hatte. Mit dem Betreten des Raums stellte sich eine Übelkeit ein, die ihnen fast die Beine wegzog. So schnell sie konnten drehten sie um und versuchten jetzt wieder die Kontrolle über ihren Magen zu gewinnen.

„Das war knapp.", hatte Be auf einen ihrer Zettel geschrieben und neben sich gelegt, so dass jeder ihn lesen konnte.

„Wir müssen es trotzdem noch mal versuchen.", sagte Sophie und überraschte die anderen ein bisschen. Nicht unbedingt, weil sie sagte, was sie sagte, sondern weil sie es sagte und nicht Ralph. „Der Stein war ja nur ein paar Meter entfernt. Das sollte doch möglich sein."

Die anderen gaben keine Widerworte und nach einer kurzen Pause, nach der es allen schon wieder ganz gut ging, schritt das Mädchen erneut durch den Gang, während die anderen auf sie warteten. Ralph hatte ihr noch einen kleinen Beutel aus Stoff mitgegeben. Der war natürlich nicht aus normalem Stoff, sondern aus einem ganz speziellen Gewebe, um vor möglicher Strahlung zu schützen.

Schon nach ein paar Schritten in Richtung des Steins konnte sich Sophie nicht mehr auf den Beinen halten. Sie taumelt noch bis zu dem Tisch, auf dem der Stein lag und ging dann zu Boden. Be wollte ihr gleich hinterher, aber Sophie gab ihr ein Zeichen, dass sie draußen bleiben sollte. Einen Moment dauerte es und Sophie konnte schon wieder stehen. Scheinbar musste sich der Körper nur an etwas gewöhnen was hier anders war. Sophie benutzte den Beutel wie einen Handschuh, griff sich den Stein und stülpe den Handschuhbeutel um. Damit war der Stein sicher und auch wenn die Übelkeit kurz wieder einsetzte, konnte die Vier mit Energiequelle zurück gehen.

Wieder auf dem Dach gab Ralph den Stein an Andrew weiter der sich daran machte ihn in sich einzubauen. Das würde einen Moment dauern und weil es gerade nichts anderes zu tun gab, gingen die Vier Mittag essen.


Geschichten aus Falling Cove - Das FensterWhere stories live. Discover now