1. Kapitel

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Ally

»Fünf Dollar darauf, dass sie gleich ihre Bücher fallen lässt, in der Hoffnung, er hebt sie wieder auf«, meint Phoebe und wirft sich ihre langen schwarzen Haare zurück.

»Zu offensichtlich. Hab doch ein bisschen mehr Fantasie«, kommentiert Hanna. »Ich erhöhe auf zehn, dafür, dass sie zusammen auf die Toilette verschwinden.«

»Willst du so unbedingt dein Taschengeld loswerden?«, mische ich mich ein, weil es mir zu bunt wird. »Ben geht Hailee nicht fremd.«

»Das stimmt nicht«, widerspricht mir Hanna besserwisserisch. »Gerüchten zufolge hat er jede Woche eine andere im Bett.«

Ich verdrehe die Augen, da ich mich weder für Ben und Gerüchte interessiere noch mich auf sie verlasse. »Ich verstehe nicht, warum ihr ihm überhaupt Aufmerksamkeit schenkt. Er ist es keine Sekunde wert, dass sein ohnehin schon großes Ego noch weiter gepusht wird. Es gibt doch viel spannendere Themen als Ben Blake.«

»Na und?« Hanna grinst breit. »Wir haben ja sonst nichts Besseres zu tun. Das ist wie eine kostenlose Live-Sitcom.«

»Eher wie eine schlechte Trash-TV-Serie«, murmle ich genervt, weil gefühlt jede Pause gleich abläuft.

Wie immer ist Ben der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, als er sich zu seinen Freunden an den Tisch im Zentrum des Schulhofs der River High setzt. Ich gehöre nicht dazu. Dabei werden sie nicht nur von uns, sondern auch von einigen anderen Mitschülern beobachtet.

Ein Mädchen aus einer Clique, die ihn zuvor schon die ganze Zeit über kichernd angestiert hat, tritt nun – begleitet von den gespannten Blicken ihrer Freundinnen - mit ihren Büchern in den Armen mutig an ihn heran.

Gelangweilt wende ich mich wieder meinem leckeren belegten Schinken-Käse-Sandwich zu. Ich habe mich schon den ganzen Vormittag über darauf gefreut. Was gerade passiert, ist nämlich nichts Neues. Heute ist eben wieder Ben-Anschmacht-und-Anmachzeit. Irgendein verzweifeltes Mädchen versucht, seine Aufmerksamkeit zu erlangen, er badet in ihrer Anbetung, genießt es, im Mittelpunkt zu stehen, lässt sie dann jedoch abblitzen.

Man könnte meinen, dass so etwas nur in Büchern oder Filmen passiert. Doch diese Szene, die sich vor unseren Augen abspielt, ist leider Realität.

Er hat sich so sehr verändert, dass ich froh bin, dass ich nicht mehr mit ihm befreundet bin. War er früher der beste Freund, der mich mit seinen Streichen und Witzen immer zum Lachen gebracht hat, ist er jetzt ein arroganter Angeber.

Dafür habe ich Phoebe und Hanna. Zwar sind wir nicht die allerbesten Freundinnen, aber wir verstehen uns sehr gut, und wenngleich ich mich nicht so sehr wie sie für den Gossip an unserer Schule interessiere, haben wir ähnliche Interessen. Das reicht mir.

Ein kühler Wind streift mein Gesicht, weshalb ich meinen Mantel und Schal fester um mich ziehe. Obwohl es kalt ist, haben wir es uns nicht nehmen lassen, unsere Pause wie viele andere Mitschüler draußen zu verbringen. Wir nicht ganz so Coolen sitzen abseits an einem runden Holztisch. Hier ist der beste Platz, um die ersten frühlingshaften Februarsonnenstrahlen nach den überwiegend wolkenverhangenen und verregneten Wintermonaten zu genießen.

»Sie hat die Bücher fallen gelassen«, stößt Hanna überrascht aus.

Ich folge ihrem Blick. Tatsächlich liegen die Bücher des Mädchens, welches sich Ben genähert hat, auf dem Boden.

»Ich bekomme fünf Dollar.« In Phoebes rehbraunen Augen blitzt Triumph auf. Heute trägt sie eine dunkle zerrissene Röhrenjeans, die ihre langen Beine perfekt zur Geltung bringen, und eine giftgrüne, innen gefütterte Bomberjacke – ihr typischer Kleidungsstil. Sie ist kubanischer und brasilianischer Abstammung, schlau und spielt leidenschaftlich Basketball. Es gibt einige Jungs und Mädels, die Interesse an ihr zeigen. Allerdings sind die meisten eher flüchtige Bekanntschaften, da sie vorerst keine feste Beziehung will.

Seeking Your Love (Kiss'n'Kick 2: Ally & Ben)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt