✦Prolog✦

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Schwerer Regen trommelte auf das Dach der kleinen Kapelle, die sich ganz am Rand des Friedhofs befand. Sie war umringt von mächtigen Eichen, die ihre jahrhundertealten Äste weit über die Grabreihen ausbreiteten und die Grabsteine und Kreuze vor den leichten Tropfen beschützten.

Yunho öffnete sachte das eiserne Tor, das das Friedhofsgelände von dem umgebenden Waldstück abgrenzte. Er spürte die Kälte des Eisens dank seiner Handschuhe nicht. Seine Schuhe knirschten auf dem Kiesweg, der zur Kapelle hinführte. Er passierte unzählige Gräber, viele waren ordentlich gepflegt und mit hübschen Pflanzen dekoriert, andere waren völlig überwuchert weil sich niemand darum kümmerte. Das Papier in seiner Hand knisterte leise, als er den Strauß näher an seine Brust hielt um die Blumen vor dem Regen zu schützen.

Heute war sein letzter Tag in Crow's Town. Er hatte bereits die letzten Kisten aus seinem Appartment und in seinen Jeep geladen, ebenso wie Toto. Sie warteten auf dem Parkplatz, bis er wieder zurück war. Seine letzte Etappe auf der Reise zu einem neuen Leben war der letzte Besuch bei dem kleinen Denkmal für die Opfer des Twilight-Mörderers, dass von den Stadtbewohnern in der Kapelle errichtet worden war. Yunho hatte vor, eine Kerze zu entzünden, die Blumen abzulegen und ein letztes Mal für die Opfer zu beten. Er war zwar nicht umbedingt gläubig, aber er fand den Gedanken daran, dass irgendwo jemand war, der auf die Seelen verstorbener Menschen und Tiere aufpasste, irgendwie tröstlich.

Das Eingangstor des Gebäudes ließ sich überraschend leicht aufziehen. Das Prasseln des Regens wurde beinahe sofort zu einem angenehmen Hintergrundgeräusch, als es hinter Yunho wieder ins Schloss fiel. Der Geruch von altem Stein, Weihrauch und Kerzenwach stieg ihm in die Nase. Seine Schuhe quietschten auf den Steinfließen, als der Polizist langsam durch den Raum und hin zu der Gedenktafel lief, die neben einem kleinen Altar links einer schmalen Säule hing. Weiße Teelichter brannten ordentlich aufgereit unter der polierten grauen Steinplatte, auf der, in schwarzen Messingbuchstaben, die Opfer des Twilight-Mörderers verweigt waren. In zwei Glasvasen standen auch zwei kleine Blumensträuße aus Chrysanthemen und Nelken dabei. Yunho legte seinen Strauß zwischen die Vasen und zupfte vorsichtig einige der Lilien zurecht, bis er mit dem Gesamtbild zufrieden war. Dann faltete er seine Finger und schloß seine Augen.

Es war kein langes Gebet, auch kein poetisches. Er sprach einfach einige Worte, die er an die Einheit sante, die auf die Seelen der Verstorbenen aufpasste. Worte der Dankbarkeit, Worte der Hoffnung und Worte der Reue. Er hatte sich bis heute nicht verzeihen, dass er mit der Person zusammen gewesen war, die für das Leid der Frauen verantwortlich gewesen war. Die den ganzen Schrecken verursacht hatte, die dafür gesorgt hatte, das Amee und Amy ohne ihr Mutter aufwachsen würden.

Er hatte Mingi seit dem Tag seiner Verhaftung nicht mehr gesehen, hatte ihn nicht besucht und, vor allem, war auch bei seinem Gerichtsverfahren nicht anwesend gewesen. Seine Aussagen als Zeuge wurden von den Geschworenen als Text vorgelesen...eine Sonderausnahme, die durch seine Umstände aber durchaus pausibel war. Danach hatte er sich auf eine Versetzung beworben und, als diese bestätigt worden war, hatte er sich auf die Suche nach einem neuen Appartment gemacht. Alle Stücke, die ihn auf irgendeine Art und Weise an Mingi erinnert hatten, hatte er während dem Packen seiner Umzugskisten aussortiert und weggeworfen.

Der Polizist öffnete seine Augen wieder und, nach einigen Sekunden, streckte seinen Arm aus um mit seinen Fingern langsam die Namen entlangzustreichen, die auf der Tafel standen. 

Maylynn McKard. Emily Wardear. Maria Stellar. Linda Starleaf.

Irgendwo hinter ihm öffnete sich die Tür der Kapelle erneut, eine Person lehnte einen Regenschirm gegen die Wand der Kapelle, bevor sie sich ebenfalls in Richtung des Denkmals bewegte. Das war Yunhos Stichwort. Er neigte ein letztes Mal seinen Kopf, bevor er sich umdrehte und am Rand des Raumes zurück zum Eingang lief. Die andere Person drehte ihren Kopf noch in seine Richtung, aber er blieb nicht stehen sonder öffnete die Türe in einer flüssigen Bewegung und verschwand im Regen.

Kang Yeosang seufzte schwer und blickte noch lange auf die geschlossene Tür,  die den Blick auf Yunho blockierte, bevor er sich zu dem Altar stellte und seinen Strauß weißer Rosen neben die Lilien legte und ebenfalls die Augen zu einem kurzen Gebet schloss. Er betete für die Seelen der Opfer und für Yunho. Dafür, dass beide irgendwann einmal zur Ruhe kommen würden und das die emotionalen Wunden heilen würden. 

Yunho bekam von alldem nichts mit. Er öffnete die Tür seines Jeeps, vergewisserte sich, dass es Toto noch gut ging und drehte dann den Schlüssel, um endlich die Stadt hinter ihm zu lassen und hoffentlich ein neues Leben beginnen zu können.

LacunaWhere stories live. Discover now