T H I R T Y T H R E E

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„Du hast gestern Abend echt gefehlt. Es war so lustig!" Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen, sah er mich an. „Ich wäre echt gerne dabei gewesen, aber mir ging's wirklich nicht gut..." Erwiderte ich daraufhin, was mein Gegenüber mit einem „jetzt gehts dir ja zum Glück wieder gut" und einem freudigen Händeklatschen quittierte. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu den anderen, die schon sehnlichst auf uns warteten.

„Hey Leute!" Begrüßte ich alle einheitlich und schenkte ihnen ein fröhliches Lächeln. Netterweise machten Charles und Pierre direkt Platz, damit ich mich zwischen sie setzten konnte, letzter drückte mir auch direkt ein Bier in die Hand. „Wo hast du gestern eigentlich gesteckt? Ich hab dich gar nicht gesehen..." Fragte mich George irgendwann, der sich davor noch mit Yuki unterhalten hat. Die Anderen unterbrachen ihre Gespräche ebenfalls um mir zuzuhören. „Ich war zuhause, mir ging's nicht so gut..." Gab ich dem Williams Piloten zu verstehen, was er nur noch mit einem Nicken zu kommentieren wusste.

„Aber jetzt erzählt mal. Wie war's? Was habt ihr gestern noch gemacht?" Ich ließ meinen Blick durch die Runde schweifen und blieb unabsichtlich bei Max hängen. Er schien anders als sonst, eher abwesend und uninteressiert zu sein. Er blickte zur Seite, wo sich seine Augen langsam in dem Meer an Sand verliefen. Er bemerkte nichtmal, dass ich ihn ansah, so abgelenkt wie er war. In der Zwischenzeit hatte Daniel schon angefangen von gestern Abend zu erzählen, wobei ich nichts von dem was er sagte, mitbekommen habe. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, herauszufinden was in Max vorgeht. Gut, eigentlich wusste ich das ja schon. Aber ich war mir sicher, dass das nicht alles war. Da waren noch mehr Sachen, die ihn beschäftigten und zum schweigen brachten...

Die Sonne war mittlerweile schon hinter Hügeln und Bergen verschwunden und die Stimmung war ausgelassen. Alle lachten, sogar Max war etwas mehr dabei und beteiligte sich am Gruppengeschehen. Während die anderen schon an ihrem dritten Bier nippten, hatte ich es bei einem belassen. So gut, als dass ich mich heute betrinken wollte, ging es mir nun doch noch nicht. Stattdessen trank ich aus einer Flasche Kirschlimo, die sowieso viel besser schmeckte.

„Okay Leute, lasst uns eine Runde ich hab noch nie spielen. Wer als erster zehn Finger unten hat verliert!" Wir stimmten Lando's Vorschlag einstimmig zu und so begannen wir das Spiel, welches immer für Gesprächsstoff sorgt. Alle hatten zehn Finger oben und der Brite begann mit der ersten Frage. „Ich hab noch nie einen Kuss bereut." Nicht nur einen... Alle bis auf Daniel machten einen Finger runter. „Schaut mich nicht so an. Sowas bereut man doch nicht!" Murrte er fast schon beleidigt, was mir ein leises Kichern entlockte. „Ne ne. Er bereut es nur nicht, weil er froh ist, wenn ihn überhaupt mal jemand küsst!" Die Gruppe brach in lautes Gelächter aus, nur Daniel lachte nicht. Er strafte seinen früheren Teamkollegen Max mit einem bösen Blick, was dieser gekonnt ignorierte und direkt die nächste Frage stellte. „Ich habe noch nie einen One-Night-Stand gehabt." Gespannt ließ ich meinen Blick durch die Runde gleiten. Alle hatten einen Finger runtergenommen.

Die nächsten Runden verliefen ziemlich positiv für mich, während Lando und Max nur noch drei Finger oben hatten, waren es bei Yuki und mir noch ganze sieben. Die anderen lagen irgendwo dazwischen. Als nächster war Pierre dran mit dem fragen und natürlich, wie sollte es auch anders sein, stellte er eine Frage die nicht gemeiner hätte sein können. „Ich hab noch nie jemanden geküsst, der hier anwesend ist." Ich fühlte mich ertappt als alle Blicke zu Max und mir schnellten. Dümmlich lächelnd nahm ich einen Finger runter, der Niederländer tat es mir gleich. „Und was ist mit euch?" Pierre nickte in Richtung von Lando und Carlos. „Da sah gestern schon sehr innig aus..." Die Gruppe brach in lautes Gelächter aus, nur die beiden angesprochenen wollten sich damit nicht zufrieden geben. „Ihr habt uns gezwungen, das zählt also nicht!" Schmollte der frühere McLaren Pilot, erntete dafür jedoch nur auslachende Gesten. Im Endeffekt gaben sich die beiden geschlagen und nahmen einen Finger runter.

Irgendwann waren dann nur noch Max, Pierre und ich im Spiel. „Okay, lasst mich nachdenken..." Überlegte ich laut, während ich versuchte mir etwas auszudenken, was mich dem Sieg etwas näher bringt. „Ich hab noch nie jemanden beim Sex erwischt." Mit geschärften Augen blickte ich zwischen den beiden hin und her. „Wir reden nie wieder drüber, Daniel..." Peinlich berührt nahm Max einen Finger runter. Sein früherer Teamkollege wollte dazu allem Anschein nach nichts sagen, denn sein Gesicht war knallrot angelaufen. „Und du, Pierre? Wer war der oder die Glückliche?" Schmunzelnd sah ich zu meiner rechten, wo der Franzose saß. Er schluckte schwer bevor er etwas dazu sagte. „Klassenfahrt, zehnte Klasse. Ich bin traumatisiert!" Sein angeekelter Blick ließ keinen Zweifel an seiner Aussage.

„Jetzt ich!" Pierre klatschte begeistert in die Hände und rückte unruhig auf seinem Po hin und her. Indessen überlegte er schon, was er sagen könnte und ich hatte ernsthaft Angst, es könnte mich den Sieg kosten. Ich hatte nur noch einen Finger oben und er müsste nur gut genug nachdenken, um etwas zu finden, was mir den Sieg ungreifbar macht.
Gespannte Stille. „Ich hab noch nie jemandem meine Gefühle verheimlicht!"

Vor meinem inneren Auge schossen sofort tausend Bilder vorbei. Dieser unwiderstehliche Geruch, seine sehnigen Hände, dieses Lächeln, welches es mir schwer macht, nicht auch zu lächeln. Seine ganze Art. Wie er redet, wie er mich ärgert und wie er geht. Das Gefühl welches er in mir auslöst, ist das liebe?
Liebte ich Lewis?
Dass ich keine Gefühle für ihn habe, konnte ich mir unmöglich weiter vormachen. Mittlerweile wusste ich, dass ich welche hatte, was nicht bedeutet, dass es mir passte. Aber ob ich diese Gefühle als Liebe betiteln würde, weiß ich auch nicht. Ich meine, wenn man sich liebt, tut man doch alles dafür, dass es dieser Person gut geht, oder nicht? Aber das tu ich nicht, nicht im geringsten. Am liebsten würde ich Lewis tot sehen. Er bringt Seiten an mir zum Vorschein, die ich selbst nicht kannte und eigentlich auch froh darüber war. Er bringt mich dazu, Dinge zu tun, die ich eigentlich gar nicht möchte. Ich möchte nicht an ihn denken. Ich möchte mir nicht wünschen, dass er bei mir ist. Und ich möchte auch nicht, dass er ein Teil von meinem Leben ist. Ein Leben, welches praktisch zum Scheitern verurteilt ist.
Ist das liebe?

Mein Blick flog zu Max, der plötzlich völlig verstummt war. Seine Augen waren leer, seine Körperhaltung eingefallen. Er wirkte, als wäre er nicht hier, genauso verwickelt in irgendwelche Gedanken wie ich. Und ich fragte mich, ob nur ich das sah. Dass es da etwas gab, über was er sich Gedanken oder sogar Sorgen machte. Dass er anders war. Leiser, abgelenkter.

Ich verlor mich in seinen tief grün/blauen Augen und bemerkte dabei gar nicht, dass es ihm genauso ging. Für einen kurzen Moment gab es nur uns. Die anderen bröckelten an den Seiten meiner bewussten Wahrnehmung weg. Ihre Stimmen wanderten in den Hintergrund und das Knacken des Lagerfeuers rückte an ihre Stelle. Sekunden vergingen, in denen nichts passierte. Plötzlich brach meine Umgebung in ihrer ganzen Intensität auf mich ein, ihr herzliches Lachen, das Laute Klatschen. Ein Blick genügte und ich verstand warum. Wir hatten keinen Finger mehr oben, beide nicht. Wir haben verloren.

In meinem Magen bereitete sich ein ungutes Gefühl, je länger ich darüber nachdachte. Wer war diese Person, der Max seine Gefühle verschwiegen hat. War ich es?

Indessen war der Alpha Pilot bereits aufgesprungen und tanzte und jubelte vor Freude über seinen Sieg. Wirklich daran beteiligen konnte ich mich aber nicht. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, nicht meine Gedanken die Oberhand bekommen zu lassen. Eigentlich wollte ich jetzt nicht über sowas nachdenken. Ich wollte den Abend mit Freunden genießen, und nicht meine Zeit verschwenden, indem ich mir Gedanken darüber machte, ob er mich meinte. Ich wollte nicht zulassen, dass Max Verstappen Gefühle für mich entwickelt, die ich vielleicht nicht erwidern konnte. Denn das konnte ich nicht, oder?

Er war ein Mittel zum Zweck, so sehr es auch wehtat das zu sagen, aber das war er. Ich wollte Lewis mithilfe von ihm eifersüchtig machen, nicht mehr und nicht weniger. Und es hat geklappt, aber ich habe doch keine echten Gefühle für ihn entwickelt?!

Toxic Love - When hate becomes Love | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now