Shadow needs light to exist

~3~

POV Nico

Die Häuser zogen an mir vorbei. So schnell dass ich sie kaum erkennen konnte. Stumm verabschiedete ich mich von jedem Einzelnen. Schon komisch wie sehr man an einem Ort oder auch nur an ein paar Häusern hängen konnte, auch wenn man nur einen kleinen Teil seines Lebens dort verbracht hatte. Nach dem Tod meiner Mutter waren Bianca und ich Waisen gewesen. Zumindest offiziell, denn keiner hatte eine Ahnung wo oder wer unser Vater war.

Unsere Tante und unser Onkel hatten uns aufgenommen, damit wir nicht ins Heim kamen. Also zogen wir zu ihnen in eine kleine italienische Stadt. Jetzt mit 14 zog ich wieder um, an den Ort wo ich geboren worden war. Venedig. Ich konnte mich noch teilweise an die Zeit dort erinnern. Enge Gassen, Gärten auf den Dächern, viele Touristen und überall Wasser. Allerdings würden wir auch nicht direkt nach Venedig ziehen, sondern auf die kleine Insel Lido di Venezia.

Ich war nicht begeistert davon. Im Gegenteil, ich wollte nicht umziehen und den einzigen Ort verlassen an dem ich mich wenigstens etwas zuhause gefühlt hatte. Der Ort an dem ich mit Bianca gelebt hatte. Ihr Tod war nun zwar schon fast 4 Jahre her und man könnte meinen ich käme damit langsam besser klar, aber naja, so war es nunmal nicht. Ich vermisste sie jeden Tag aufs Neue.

"Es ist besser so", meinte meine Tante vom Beifahrersitz und tätschelte mir in einer komischen Verrenkung das Knie. "Eine neue Umgebung wird die gut tun damit es dir besser geht", meinte sie. "Uns Allen." Dabei warf sie meinem Onkel einen scharfen Blick zu, der nur weiter stumm auf die Straße blickte.

Er war eindeutig nicht dieser Meinung und fand auch, dass der gesamte Umzug völliger Schwachsinn war und dass ich mich nur zusammen reißen müsse. Und natürlich, dass es meine Schuld war, so wie auch der Tod von Bianca. Mein Onkel hatte sie schon immer lieber gehabt als mich. Und dabei stimmte ich ihm da ja sogar zu. Ich hätte Bianca auch mehr gemocht als mich und an ihrem Tod war ich ebenso Schuld. Wieder stiegen mir diese verdammten Tränen in die Augen.

Wenn mein Onkel das sehen würde, würde er mich wieder als Heulsuse bezeichnet. Also schluckte ich die Tränen runter und setzte mir einfach meine schwarzen Kopfhörer auf ohne noch ein weiteres Wort zu meiner Tante zu sagen. Die lächelte mich liebevoll und etwas mitleidig an und drückte mir noch einmal das Knie. Dann drehte sie sich wieder nach vorne und ich schaltete "Highway to Hell" von ACDC auf meinem Handy ein um für die nächsten 3 Stunden nicht mehr in ein Gespräch verwickelt zu werden und das Lied war nun mal gerade mehr als passend. Beschissenes Venedig.