Als die Drei den Speisesaal verlassen schlendert Jasper verschlafen auf uns zu.
„Guten Morgen allerseits", richtet er gähnend sein Wort an uns und lässt sich auf den freien Platz gegenüber Salem plumpsen.
„Du bist zu spät", weist Salem den Illusionisten hin, der sich lediglich verschlafen über die Augen reibt.
„Ja ich weiß..Verzeihung, doch seit Cordo den Trupp verlassen hat und ich allein im Zimmer bin habe ich eben niemanden mehr, der mich rechtzeitig weckt", erklärt er beiläufig und schaufelt sich ein wenig Joghurt in seine Müslischüssel. Salem seufzt ergeben.
„Wieso lässt du dich nicht von Arion wecken?", kontert er genervt, woraufhin ich den Blick hebe. Arion ist Jaspers Haustier und ein Schattenwolf. Anfangs war ich erstaunt, dass ein Wesen der Dunkelheit einen Copycat Magier akzeptiert hat, doch sie scheinen eine besondere Bindung zu haben.
„Arion ist frei und tut was er möchte", entgegnet Jasper mit ausladender Handbewegung. „Wenn ihm danach ist schläft er bei mir im Zimmer und wenn nicht streunt er draußen in den Wäldern umher", erklärt er woraufhin Salem erneut seufzt. Beim Stichwort Wald werde ich hellhörig. „Hast du keine Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte?", frage ich an Jasper gerichtet, der mich einen Moment verblüfft anstarrt, ehe er in schallendes Gelächter verfällt.
„Arion soll etwas zustoßen? Draußen im Wald?", presst er zwischen mehreren Lachern hervor. „Ember du bist heute aber wirklich ein Scherzkeks, was?", fügt er lachend hinzu und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Arion ist ein Wolf. Seine Heimat ist der Wald. Ich glaube bevor ihm dort etwas passiert geht die Welt unter", meint er abtuend, woraufhin ich augenverdrehend nicke. Die Anmerkung, dass ich ein Gespräch über mögliche Wilderer zwischen Salem und Hera mitgehört hatte verkneife ich mir. Salem wirft mir einen besorgten Blick zu ehe er Jasper genervt anfunkelt.
„Es ist lieb, dass du dir Sorgen um Arion machst", meint er nun an mich gewandt und lächelt mir entgegen. „Es stimmt, dass der angrenzende Wald gefährlich sein kann. Ganz besonders in letzter Zeit, doch wie Jasper schon sagte, Arion ist ein Schattenwolf. Er kennt sich bestens aus, darauf kannst du vertrauen. Wenn du dich selbst überzeugen möchtest kannst du in der Mittagspause ja einmal nach ihm sehen. Was hältst du davon?", fährt er fort, woraufhin ich nachdenklich auf meinen Teller starre.
„In den Wald..", murmle ich einen Teil meiner Gedanken leise vor mich her.
„Keine Sorge dir wird nichts geschehen. Hellion hat die Umgebung fest im Blick", beschwichtigt er, da er wohl den Eindruck hat, dass er mich verängstigt haben könnte.
Hellion hat alles im Blick? Wie kann es dann sein, dass ihm der Feuerfuchs entgangen ist? Hat er ihn für keine Bedrohung gehalten? Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht sollte ich später tatsächlich einen Ausflug in den Wald unternehmen.
„Aber zunächst ist dein Training angesagt", meint Salem mit erhobenem Finger und provokantem Grinsen auf den Lippen. Ich verziehe meine Lippen zu einer schmalen Linie und lasse meine Schultern nach vorn fallen.

„Oh richtig! Bevor ich es vergesse..ein Brief ist für dich angekommen", wechselt der Rothaarige das Thema und entlockt mir einen verwirrten Gesichtsausdruck.
„Ein Brief?", hake ich nach und sehe, wie er einen weißen Umschlag hervorholt.
„Ich habe selbstverständlich nicht hineingesehen, doch ich glaube er ist von General Sorin", entgegnet er schmunzelnd und reicht ihn mir rüber. Mit großen Augen starre ich auf den Umschlag ehe ich ihn freudig aufreiße. Ich falte das Pergament auseinander und überfliege die Zeilen hastig.
„..zum Training eingeladen..herzlichst willkommen in unserem Quartier..für Verpflegung gesorgt..freuen uns auf euer Erscheinen..", murmle ich, während der Rest mir gebannt zuhört.
„Was?! Zum Training eingeladen?", entkommt es Salem ungläubig, woraufhin auch Darko sich einmischt.
„Sprich gefälligst deutlicher Ember. Man hat ja überhaupt nichts verstanden", zetert er und greift sich den Brief.
„Hey!", entkommt es mir überrascht, während ich versuche den Brief zurückzuholen, doch Darko schiebt mich mit Leichtigkeit zur Seite. Ich krabble schon beinahe auf seinen Schoß und stütze mich auf seiner Schulter ab, was ihm ein dreckiges Grinsen entlockt.
„Liebe Ember, es ist bereits einige Zeit vergangen seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich hoffe doch stark, dass du dich im Chaoshaufen gut zurechtgefunden hast. Allerdings habe ich dabei keine Zweifel", beginnt er den Inhalt laut vorzulesen.
„Darko! Gib mir den Brief zurück! Er ist an mich adressiert also nimm deine Finger weg!", murre ich angestrengt, da ich mich noch immer mit aller Kraft nach oben strecke, um das Blatt Papier zurückzuholen.
„Pfft, musst du gerade sagen. Sieh doch nur wo du deine Finger hast", lacht er woraufhin ich in meiner Bewegung inne halte und an uns herabsehe. Ich sitze tatsächlich auf seinem Schoß und umklammere seinen Nacken. Für Außenstehende müsste das mehr als merkwürdig aussehen.
Röte steigt mir ins Gesicht während ich einen genervten Gesichtsausdruck auflege.
„Das ist nicht witzig", knirsche ich. Er tätschelt mir lachend den Kopf und drückt mich ein Stück nach unten.
„Nun hab dich nicht so. Wir sind doch eine Familie, oder?", meint er nun lächelnd und legt seinen Arm um meinen Rücken. Er dreht mich um hundertachtzig Grad, sodass ich nun wieder auf die Tischplatte starre.
„Du kannst gern so sitzen bleiben", fügt er hinzu, während er seine Hände unter meinen Armen nach vorn schiebt. Er sieht mir von hinten über die Schulter und beginnt erneut laut vorzulesen nachdem er sich spielerisch räuspert.
„Mir kam zu Ohren, dass Chronus eine Abmachung mit dir getroffen hat, die ihn seither nicht mehr loslassen will. Ich muss gestehen, dass ich von eurer Idee ein gemeinsames Training abzuhalten ebenfalls angetan bin. Ich würde mich sehr freuen, deine Fortschritte aus nächster Nähe bestaunen zu können. Daher habe ich mich entschieden dich und deinen Trupp zum gemeinsamen Training einzuladen. Ihr seid herzlichst Willkommen die kommende Woche in unserem Quartier zu verbringen. Es gibt sicher einiges, was wir voneinander lernen können. Für Verpflegung und Ausrüstung ist ebenfalls gesorgt. Wir freuen uns auf euer Erscheinen", beendet er den Inhalt des Briefs während ich noch immer mit verschränkten Armen auf seinem Schoß sitze.
„Zeig das einmal her", weist Salem den dunklen Magier an und tritt hinter seinen Stuhl. Er reißt ihm den Zettel aus der Hand und überfliegt die Zeilen selbst noch einmal. Darko wuschelt derzeit durch mein Haar und pikst mir immer wieder in die Seite.
„Jetzt hör schon auf zu schmollen. Du hättest uns doch ohnehin einweihen müssen", rechtfertigt er sich und spielt weiter mit meinen Haaren herum. „Sind aber ganz schön gewachsen, oder?", entkommt es ihm murmelnd und umfasst sie mit einer Hand. Salem schlägt ihm auf den Hinterkopf und lässt den Brief sinken.
„Hör auf damit. Ember ist doch kein Hund", murrt er, während Darko sich den Kopf reibt. „Ich halte sie doch nicht fest, sie kann jederzeit aufstehen", meint er grinsend woraufhin ich schnaube.
„Nun..ein Training mit General Sorins Trupp..klingt doch interessant", wirft Jasper schelmisch grinsend ein.
„In der Tat. Ich habe gehört, dass deren Quartier eine sagenhafte Glaskuppel besitzt. Sie wird morgens noch vor unserem von der Sonne angestrahlt und bricht das Licht in atemberaubenden Formen. Das muss ich mit eigenen Augen sehen!", mischt sich nun auch Ray in die Diskussion ein.
„Nun macht aber mal halblang. Wir wissen nicht, was der Rest davon hält. Außerdem könnte es keinen ungünstigeren Zeitpunkt für so etwas geben", seufzt Salem und stemmt eine Hand in die Hüfte. „Wir haben allerhand zu tun und durch die ganzen Abgänge in den letzten Wochen haben wir massive Probleme unsere Stellung zu halten. Die unteren Truppen sind unruhig und verunsichert. Ein solcher Ausflug würde kein gutes Licht auf uns werfen. Man könnte denken wir würden die Situation nicht ernst genug nehmen", erklärt er und drückt die Stimmung am Tisch. Auch ich lasse niedergeschlagen meine Schultern nach vorn fallen. Darko sieht mich mitfühlend von der Seite an.
„Wir arbeiten seit Wochen sehr hart. Ich weiß, dass du in letzter Zeit unter großem Druck stehst, Salem. Ich finde du machst das hervorragend. Gegen die Abgänge kannst du nichts tun. Das ist auch nicht deine Schuld. Diejenigen, die gehen wollen waren ohnehin fehl am Platz. Denkst du nicht, dass auch wir einmal eine kleine Pause verdient haben? Wir sehen uns schließlich auch nur zum Frühstück und Abendessen. Den restlichen Tag verbringen wir mit Aufträgen. Ich halte dieses Angebot für eine gute Gelegenheit einmal wieder etwas mehr Zeit miteinander zu verbringen", erklärt Darko woraufhin Salem die Brauen hebt.
„Du kannst Chronus doch genauso wenig ausstehen, wie der Rest von uns", kontert er irritiert.
„Ganz genau. Das wäre die Chance ihm ganz legal in den Hintern zu treten", kontert der Schwarzhaarige schnippisch und lehnt sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen gegen die Stuhllehne. Nachdenklich lässt Salem seinen Blick zu mir gleiten.
„Möchtest du hingehen?", fragt er mich nun ganz direkt.
„Ich möchte keineswegs dem Ruf unseres Trupps schaden. Wenn du es für keine gute Idee hältst werden wir selbstverständlich absagen. Ich meine, es ergibt sich bestimmt ein besserer Zeitpunkt", entgegne ich nüchtern und höre ich seufzen.
„Darüber solltest du dir wirklich keine Gedanken machen. Sich zu Sorgen ist meine Aufgabe, nicht deine. Wenn du hingehen möchtest werden wir heute Abend beim Essen die anderen einweihen und hören was sie dazu zu sagen haben. Allerdings werden sie dir diesen Wunsch bestimmt nicht abschlagen", erklärt er lächelnd und tätschelt mir den Kopf. Ich sehe ihm mit strahlenden Augen entgegen und unterdrücke meine aufkommende Freude so gut ich kann. „Und wenn dir dein Leben wichtig ist schlag dir die Gedanken, die du gerade hast, aus dem Kopf. Dein Grinsen ist widerlich", fügt er mahnend hinzu, während er Darkos Schulter umfasst. Dieser spannt sich augenblicklich an und setzt mich zurück auf den Stuhl neben sich.
„Ich weiß überhaupt nicht was du meinst", pfeift Darko mit engelsgleichem Blick woraufhin Salem nur die Augen verdreht.
„Genug Zeit geschindet. Ab auf den Trainingsplatz Ember", weist mich der Rothaarige an, weshalb ich ausgiebig seufze ehe ich mich erhebe.
„Jawohl, Meister", murmle ich und trotte auf den Ausgang zu.
„Viel Erfolg!", rufen die anderen mir noch hinterher, ehe die Tür ins Schloss fällt.

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