5. Kapitel

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Aus Annas Perspektive

Ich wache auf und muss mich erstmal kurz orientieren. Statt wie Zuhause direkt aufzuspringen, kuschle ich mich noch etwas unter die Decke und schaue nach oben. Wattewölkchen ziehen langsam über meinen Kopf dahin. Ich fühle mich angenehm leer und überlege, in wie weit da Jan seine Finger im Spiel hatte. Es ist ja schon bewundernswert, was er alles nur mit seiner schieren Anwesenheit bewirken kann. Allerdings finde ich das auch etwas angsteinflößend, ehrlich gesagt. Langsam stehe ich nun auf, lege die Decke zusammen und klemme sie gemeinsam mit meiner Matte unter meinen Arm. Vorsichtig belaste ich meinen Fuß. Es geht gut, wenn ich auch sicherlich nicht den Nordic - Walking - Kurs durchführen werde. So scharf bin ich da allerdings echt nicht drauf. Ich gehe einige Schritte und lasse mich dann unter dem schon etwas verblichenen Pavillon nieder. Das Plätschern des kleinen Sees wirkt angenehm einlullend und ich lasse die Gedanken einfach Gedanken sein. 

Einige Zeit später, mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer, um zu duschen. Fine würde mich ja schließlich auch bald abholen. Ich lächle der Rezeptionistin zu und nehme dann den Fahrstuhl nach oben. In meinem Zimmer angekommen, schmeiße ich einfach die Matte und Decke in eine Ecke und grinse über mich selbst. Ich ziehe die Sportklamotten aus, wickle vorsichtig den Verband ab und betrete das Badezimmer. Auch für Duschgel und Shampoo ist gesorgt, so dass ich direkt ausgiebig die Regendusche genieße. Etwas wackelig auf den Beinen trockne ich mich dann ab und beschließe mich heute mal wieder so richtig hübsch zu machen. Nackt gehe ich ins Zimmer und suche mir ein richtiges Wohlfühloutfit heraus. Danach schnappe ich mir mein kleines Schminktäschchen und mache mich etwas zurecht. Gerade als ich fertig bin, klopft es an der Türe. 

"Komm ruhig rein!"

Ich lächle Fine zu, als sie das Zimmer betritt. 

"Wow, du siehst toll aus!" Sie lächelt mich an. "Mir scheint es, als würde dir die Zeit hier gut bekommen!"

"Ich fühle mich richtig gut. Das Yoga hat sehr gut getan. Ich muss zugeben, Jan macht das ganz schön gut!"

"Oh ja. Das macht er." Fine grinst. "Das erste Mal, dass ich mit ihm Yoga gemacht habe, war in der Reha. Und da dachte ich nur, was für ein aufgeblasenes Getue. Aber es macht etwas mit einem. Da hast du recht."

"Ich habe ja wirklich Probleme mich zu entspannen, aber er schafft das wie auf Knopfdruck."

"Knopfdruck trifft es ganz gut. Er hat ein sehr gutes Wissen über den ganzen Körper und nutzt dieses um verschiedene Energien zu aktiveren."

"So, noch Schuhe an, dann bin ich fertig!" Ich lächle sie an, während sie sich umschaut. "Jaja, ich weiß. Chaotisch hier. Allerdings genieße ich es, dass ein Zimmer mal, auch wenn ich weg war, genauso aussieht, wie vorher." 

"Ja, das stelle ich mir anstrengend vor mit Kindern. Irgendwann möchte ich auch welche, aber ich denke da müssen Jan und ich noch ein bisschen an uns selbst arbeiten. Ich bin froh, dass es jetzt beruflich und beziehungstechnisch einigermaßen läuft."

"Ihr habt doch noch Zeit. Überstürzt es nicht. Simon war ja auch mehr als ungeplant. Und über die Schwangerschaft herausgefunden habe ich ausgerechnet auf einem Kurzurlaub in der Villa von Maxis Eltern mit unseren Freunden.  Daniel , Maxi und Elena kennst du ja. Daniel und Elena waren damals allerdings noch kein Paar. Elena war damals mit Marlon zusammen. Er ist Gynäkologe und hat mich dann mehr oder weniger freundlich überredet mich von ihm untersuchen zu lassen, nachdem ich in der Küche zusammengeklappt bin. Er hat als erster den Braten gerochen."

"Oh das klingt spannend. Ich hoffe er war zumindest vorsichtig? Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, mich von einem männlichen Gynäkologen untersuchen zu lassen..." mit etwas geröteten Wangen sieht Fine mich an. 

"Die Untersuchung von Marlon war mit die vorsichtigste, die ich jemals hatte. Er ist wirklich sehr einfühlsam. Allerdings ist er mittlerweile in den USA und arbeitet dort. Hast du denn schon eine Gynäkologin hier?" Vorsichtig schlüpfe ich in meine Schuhe. Bei meinem rechten Fuß muss ich schon etwas die Zähne zusammenbeißen. 

"Alles in Ordnung?" Fine schaut mich fragend an. 

"Ach, ich bin vorher nur kurz im Park umgeknickt. Ich muss gleich mal noch eine Bandage im Ort kaufen. Dann wird das wieder."

"Quatsch. Ich sag Jan Bescheid."Fine zückt schon ihr Handy. 

"Nein. Wirklich. Das passt. Ich habe da viel Erfahrung mit. Leider. Es ist in ein paar Tagen gegessen, wenn ich konsequent die Bandage anlasse."

"Wie du meinst. Und was das Gyn - Thema angeht. Nein habe ich nicht. Jan steht mir deshalb auch schon immer wieder auf die Zehen. "

"Mein Gynäkologe, Dr. Jäger ist wirklich toll. Eher väterlich und nicht ganz so attraktiv wie Marlon." Ich schüttle mich kurz innerlich. "Aber er ist wohl etwas weit weg nur so zur Vorsorge. Und wenn ihr Kinder plant, sowieso. 

"Ja. das stimmt. Ich habe schon gehört, wie Jan mit Nathan darüber gesprochen hat. Nathan geht auch auf gar keinen Fall!"

Nun ist es an mir zu Lachen, als Fine mich mit mehr oder weniger entsetzen Blick anschaut. 

"Na komm, Nathan ist doch gar nicht so schlimm!"

"Oh doch. Fast so schlimm wie Daniel. Aber bei dem war ich wenigstens unter Drogen, als er an meinem Intimbereich zugange war!"  Ich kichere leise und auch Fine stimmt in mein Lachen mit ein. Immer wenn wir uns gegenseitig anschauen, sprudelt es erneut aus uns heraus. Irgendwann sitzen wir fix und fertig auf dem Boden und streichen uns die Lachtränen aus dem Gesicht. 

"Na das Make up hätte ich mir sparen können", sage ich trocken. 

"Geht. Noch kein Pandaalarm in Sicht. Aber wir sollten los, wenn du noch zur Apotheke möchtest. Hier wird um 18 Uhr der Bordstein hochgeklappt!"

"Ja, dann los. Ich hieve mich nach oben und verlasse dann gemeinsam mit Fine das Zimmer. 

Spaziergang zur inneren Mitte oder Annas GeschichteWhere stories live. Discover now