Die Jagd

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Susans Sicht:

Die Spuren im Schlamm führen mich zu einer kleinen Höhle im Felsen, keine 3 Kilometer von dem Ort entfernt, an dem ich Caleb getroffen habe. Wachsam sehe ich mich um und lausche den Geräuschen der Natur, den Bogen gespannt. Ich bin jederzeit bereit zu schießen.

Die Geräusche um mich herum sind vollkommen normal. Die Vögel zwitschern und ich höre kleine Tiere durch das Unterholz rascheln. Wenn der Dämon hier ist, muss er sich schon vor einer Weile in der Höhle verkrochen haben, dass diese Tiere so fröhlich ihre Arbeit tun.

Aus der Dunkelheit der Höhle dringt kein Laut, doch das hat nichts zu bedeuten. Dämonen können sich absolut still verhalten, wenn sie das wollen. Nicht einmal das verräterische Atmen eines normalen Menschen kann ihnen zum Verhängnis werden, denn Dämonen brauchen nicht zu atmen. Sie sind ja schon längst tot.

Bedachten Schrittes bewege ich mich langsam auf den Eingang der Höhle zu. Durch jahrelanges Training bewege ich mich so leise wie eine Katze. Kein Ast bricht unter meinen Stiefeln und keines der Tiere bemerkt mich auch nur. Nach wie vor vollkommen konzentriert, trete ich in den Schatten der Höhle. Mittlerweile hat der Regen aufgehört und die warme Sonne hatte meine nasse Kleidung schnell trocknen lassen. Doch hier im Schatten der Höhle kann die Sonne mich nicht erreichen und meine klammen Klamotten kleben mir nahezu am Körper. Die Verletzung in meinem Nacken schmerzt und meine Jacke scheuert unangenehm auf der klebrigen Wunde. Mein Zopf fällt mir schwer in den Rücken und das Wasser, welches daran herunter tropft, fällt in der ohrenbetäubenden Stille viel zu laut auf den nackten Stein.

Eine altbekannte Gänsehaut, die nichts mit der Kälte zu tun hat, macht sich bemerkbar als ich tiefer in die Höhle vordringe. Meine Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt. Er ist hier!

Ich muss ihn übel verletzt haben, wenn er sich in so einer kleinen Höhle versteckt und hofft, dass ich ihn dort nicht finde. Das ich kein Blut bei den Spuren gefunden habe, hat nichts zu sagen. Ich muss ihn mit einem Dämonenpfeil getroffen haben, damit er ernst genug verletzt ist, um sich hier vor mir zu verstecken und ein solcher Pfeil hinterlässt keine blutenden Wunden. Das heißt aber nicht, dass sie weniger tödlich sind.

In der Decke der Höhle ist ein kleines Loch, durch das das Sonnenlicht dringt. Die Strahlen lassen die Spitze meines Pfeils hell aufleuchten. Er hat die selbe Macht wie das Dämonenmesser, dass unsere Väter immer bei sich hatten und welches nun Lily führt. Ethan hatte vor einiger Zeit herausgefunden, was dem Messer und auch den Kugeln im Kolt seine Macht gab und wie sie hergestellt wurden. Und so hatte ich nun Pfeilspitzen, die die selbe Macht hatten. Caleb hatte nach wie vor den Kolt mit neuen Kugeln und Lily hatte das Dämonenmesser. Ethan hatte eine Zeit lang die erste Klinge geführt, doch nachdem diese selbst bei ihm unerwünscht gewalttätige Ausbrüche hervorgerufen hatte, hatte er sich einen zweiten Kolt gebaut.

Durch das helle Sonnenlicht, das durch die Öffnung scheint, wird meine Sicht im Inneren der Höhle wesentlich besser. So erkenne ich nun einen dunkeln Schatten, der sich hinter einen Vorsprung drückt. Normalerweise würde es mich wundern, dass ein Dämon derart feige war, aber es scheint so als wolle dieser seinem Boss unbedingt Bericht erstatten und sein Tod würde dies nun mal verhindern. Ich richte den Bogen auf den Schatten.

„Komm da raus, Dämon, oder willst du feige zugrunde gehen?", sage ich in normaler Lautstärke, doch die Wände werfen meine Stimme überdeutlich wieder, so dass mein Echo um einiges lauter ist.

Keine Reaktion.

Vorsichtigen Schrittes bewege ich mich auf den Schatten zu, der sich keinen Millimeter von der Stelle bewegt hat. Den Bogen immer noch gespannt und alle Sinne in Alarmbereitschaft. Irgendetwas stimmt hier nicht. In einer einzigen fließenden Bewegung trete ich um die Ecke.

„Verdammt!"

Frustriert lasse ich den Bogen sinken. Vor mir liegt der Leichnam des Dämons. Der Brustkorb ist vollkommen aufgerissen und die Ränder so wie die Eingeweide vollends verkohlt. Auf der Höhe seiner rechten Schulter steckt mein Pfeil tief in seinem Fleisch. Es gibt keinen Zweifel, dass nicht nur die Hülle, sondern auch der Dämon, der darin war, tot ist.

Er muss hier seinen Boss getroffen haben und dem hat es scheinbar nicht gefallen, was er zu berichten hatte. Ein geübter Blick auf den Leichnam und die Hitze, die noch von der Wunde ausstrahlt, sagt mir, dass er keine 2 Minuten bevor ich die Höhle betreten habe, getötet wurde. Ich hätte den fremden Dämon also gesehen, wenn er hinaus gegangen wäre. Doch ein Blick über die Höhle zeigt mir, dass es keinerlei Spuren einer Teleportation oder auch nur für die Existenz eines anderen Dämons hier gibt. Nirgendwo liegt Schwefel und der Dämon ist eindeutig nicht mehr in der Höhle. Dazu kommt, dass meine EMF-Meter stumm an meiner Hose hängt und sich schon seit dem Gefecht in Lousianna nicht mehr gemeldet hat. Also wie kann ein anderer Dämon diesen hier töten, aber keine Spuren hinterlassen? Ist dieser neue Gegner etwa so mächtig, dass er all diese Spuren verwischen oder sogar vermeiden kann? Und wenn es so ist, wie zur Hölle sollen wir ihn aufspüren? Dazu kommt noch das Verhalten des toten Dämons. Das er nicht teleportiert ist und so meine Verfolgung vermieden hat, kann ich noch der Tatsache zuschreiben, dass er vielleicht zu schwer verletzt dafür war. Aber warum ist er nicht einfach ausgeräuchert und in eine andere Person umgestiegen, so dass ich ihn nicht verfolgen konnte? Gehörte es vielleicht zum Plan, dass ich das hier finde? Und wenn ja, warum? Um Macht zu demonstrieren? Um die Botschaft zu senden, dass es da draußen einen mächtigen Gegner gibt? Das machte doch alles keinen Sinn. Ich muss hiervon dringend Ethan erzählen. Vielleicht kann er sich einen Reim auf die ganze Sache machen.

Ich knipse schnell ein paar Fotos mit dem Handy, die ich Ethan später zeigen will. Dann mache ich kehrt und schlüpfe durch den Eingang hinaus in die Sonne. Zeit sich auf den Weg zum Bunker zu machen und die anderen zu treffen. 

The next generation 2: Nachdem sie starbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt