5.

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Nicht ganz eine halbe Stunde später war der Patient im Krankenflügel und wurde versorgt. Meiner Meinung nach hätte er auch gern in dem Flur versauern können.
Wir verließen gerade den Krankenflügel, als Albus als Erster von uns seine Stimme zurück bekam. "Eigentlich müsste ich den Vorfall melden, immerhin wurde ein Schüler verletzt und du hast Magie verwendet - stablose Magie." Ich war nicht blöd, also warum erzählte er mir das? "Hat er dir denn weh getan?"

Ob bitte, jetzt wurde er lächerlich. Als ob so ein Wurm mir weh tun könnte. Dafür müsste er früher aufstehen. "Gellert bitte, ich muss wissen was passiert ist, sonst kann ich dir nicht helfen." Helfen? Das konnte er sich sonst wohin schieben. "Lass mich einfach in Ruhe. Melde es deinem Hauslehrer oder wem auch immer, ist mir egal. Ich hab ihn verletzt, das ist alles was zählt." Wütend stellte er sich mir in den Weg. Seine Augen sprühten förmlich Funken. "Das kann doch nicht dein Ernst sein. Ohne Grund würdest du ihm nicht weh tun!"

Albus spielte also den gutherzigen Helden, der für Gerechtigkeit sorgen wollte. "Woher willst du das wissen? Du kennst mich nicht, Dumbledore." Mein Ton war kälter als gewollt, aber es zeigte seine Wirkung. Für einen Augenblick weiteten sich seine Augen erschrocken, bevor er seine Maske wieder aufrecht erhielt. "Ich kenne dich aber gut genug um zu wissen, dass du nicht so jemand bist." Bei Nettesheim, ich wollte einfach meine Ruhe. Ich hatte keinen Nerv mich mit ihm lautstark in einem dunklen Gang zu streiten.

"Du hast gesagt 'Fass mich nicht an', richtig? Warum hast du das gesagt?" Solange hatte er also schon dort gestanden. Wenn er es wusste, warum nervte er mich dann unentwegt? "Warum ich das gesagt habe? Gewiss nicht weil ich wollte, dass er weitermacht",zischte ich gereizt. Prüfend scannten mich seine Augen ab, wahrscheinlich um sich ein genaueres Bild von mir und meinen Worten zu machen. "Er hat dich also auf DIESE Weise angefasst... Du hast dich lediglich gewehrt." Warum sah er mich plötzlich so komisch an?

Als er mich noch wütend angesehen hatte, war mir deutlich wohler zu Mute als dieser senile Blick, den er mir jetzt zuwarf. "Und wenn schon. Das spielt keine Rolle, immerhin wurde er durch mich verletzt und nicht umgekehrt." Unweigerlich musste ich seinem Blick ausweichen. Wie konnte man nur so viel Mitleid für einen Fremden empfinden, das war doch schon krankhaft. "Du redest Unsinn. Er hat eine Grenze überschritten und dein Nein nicht akzeptiert, du hattest also jedes Recht, ihn von dir zu stoßen." Sagte er das auch, hätte ich den Jungen getötet? Wohl kaum.

"Mir ist aufgefallen, dass du Körperkontakt im allgemeinen meidest, besonders von verschiedenen Alphas. Ist dir Mal etwas zugestoßen?" In welche Richtung dachte der Idiot denn bitte? "Wenn du damit meinst, ob ich unfreiwillig die Beine breit gemacht habe, dann muss ich dich enttäuschen, aber nein. Deine blühende Fantasie ist wirklich witzig, du solltest Bücher schreiben." Albus schien meine Worte alles andere als witzig zu finden. Noch immer sah er mich mit diesem komischen Blick an. "Darf ich dich anfassen? Nur an der Kleidung, meine ich."

Die Frage warf mich etwas aus der Bahn. Warum würde er das wollen?.. Komischerweise bewegte sich mein Körper automatisch und mein Kopf nickte, ganz schwach nur, aber er tat es. Prüfend blickten seine Augen noch kurz in meine, bevor er seine Hand nach mir ausstreckte. Gespannt hielt ich den Atem an. Was hatte er nur vor?
Kurz darauf spürte ich, wie seine Hand die Stelle an meiner Schulter berührte, die zuvor von dem Ekel angefasst wurde.
Ich öffnete schon den Mund um zu protestieren, als ich spürte, wie ein angenehm warmer Schauer durch meinen Körper floss, insbesondere an meinem linken Arm.

Dieses Gefühl kannte ich nur zu gut, es war ein Reinigungszauber. Albis hatte mein Unbehagen offenbar mitbekommen und wollte mir auf diese Weise helfen. Das war aber nicht alles was mich überraschte, sondern der Fakt, dass er ebenfalls stablose Magie dafür benutzte.
"Geht es dir etwas besser?" Sobald er mit seiner Arbeit fertig war, trat er einige Schritte zurück, um mir genug Platz zu geben. Irgendwie fühlte ich mich komisch, nicht unangenehm komisch aber...warm komisch. Noch nie hat jemand versucht mir zu helfen und das erst recht nicht ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

"Ich denke schon, danke." Wer war dieser Junge nur. "Ich weiß wie manche Alpha sein können, sowohl einem Omega als auch anderen Alpha gegenüber. In Situationen wie diesen schäme ich mich dafür, der selben Gattung anzugehören." Meine Vermutungen waren also richtig. Albums war ein Alpha und doch war er ganz anders als der Stereotyp eines Alphas. Albus schien charmant, rücksichtsvoll und aufmerksam zu sein. Er respektierte andere ungeachtet ihres Standes. Das es so eine Person gab war eine neue Erkenntniss für mich. "Du bist nicht wie die, also mach dir darüber keine Gedanken."

Das brachte ihn zum schmunzeln. "Du bist auch nicht wie das typische Alpha." Die Worte waren als Aufmerksamkeit gemeint, aber irgendwie versetzten sie mir einen Stich direkt ins Herz. "Wir sollten in unsere Gemeinschaftsräume", lenkte ich ein. "Natürlich, es ist immerhin schon Sperrstunde. Ich werde den Professoren sagen, dass er dich belästigt hat und du dich nur gewehrt hast. Auf dich werden keine Konsequenzen zukommen." Wenigstens etwas.
Schweigend nickte ich nur und setzte meinen Weg fort. Duschen würde ich definitiv trotzdem.

Auf meinem Zimmer angekommen, schnappte ich mir meine Sachen zusammen und ging in die Gemeinschaftsdusche. Der Saal war bis auf ein paar vereinzelte Schüler leer, da die Party im Gemeinschaftsraum in vollem Gange war. Bereits beim eintreten kam mir der erdrückende Gestank von verschiedenen Omega entgegen. Für ein Alpha soll dieser Geruch gut riechen, süßlich und betörend. Ich empfand es als lästig und ekelhaft.

Meiner Meinung nach kam es nicht auf den Duft oder das Aussehen, sondern auf den Intellekt an. Was nützte ein hübscher Partner, wenn er strohdumm war?
Schnell betrat ich die Duschen. Endlich konnte ich diese ekelhafte Berührung abwaschen.
Als das kalte Wasser über meine Haut lief, entspannte ich mich endlich. Von jemandem angefasst zu werden war schon unangenehm genug, aber wenn es ein Alpha war, brannten mir die Sicherungen durch. Das konnte ich am wenigsten leiden.

Jetzt, wo ich meine Ruhe hatte und nachdenken konnte viel mir auf, dass mich die Berührung von Albus nicht gestört hatte. Im Gegenteil, sie fühlte sich normal, beinahe schon angenehm an, genauso wie seine bloße Anwesenheit.
Bei dem Gedanken an seine Geste vor dem Krankenflügel legte sich eine zarte Röte auf meine Wangen und ein wohliger Schauer durchfuhr mich. Schleunigst drehte ich das Wasser ein paar Grad kälter, sonst würde sich das Kribbeln in einer tieferen Gegend sammeln. Was machte dieses Alpha nur mit mir?

The Vision of One A Faite of Two. Donde viven las historias. Descúbrelo ahora