Kapitel 2 - Eine Begegnung mit Folgen

578 73 46
                                    

Knappe zwei Wochen saß sie nun hier in diesem in die Jahre gekommenen Sanatorium wie eine Teilzeit Gefangene und schlug sich ihre Zeit tot

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

Knappe zwei Wochen saß sie nun hier in diesem in die Jahre gekommenen Sanatorium wie eine Teilzeit Gefangene und schlug sich ihre Zeit tot.

Aber tatsächlich hatte sie mit der von ihren Ärzten attestierten Diagnose noch das Ruder rumreißen und sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen können, ohne weitere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Geschuldet war der angebliche Burnout, wegen dem Léa offiziell hier war mitunter auch ihrem überdurchschnittlich hohen Medikamentenkonsum, der sie am Tattag derart mental beeinträchtigt hatte, dass ihr Anwalt von daher auf Unzurechnungsfähigkeit für seine Mandantin plädierte.

Nun gut.
Vielleicht stimmte das mit den Medikamenten nur bedingt.
Ihre Hausapotheke platzte zwar beinahe aus allen Nähten, so viele Präparate zum Beruhigen ihrer Nerven hatte ihr Hausarzt ihr im Laufe der vergangenen Jahre bereits verschrieben. Aber genommen hatte sie selten etwas davon.

Wozu auch zu Pillen greifen, wenn Zigaretten und Whiskey selbiges vermochten.

Zwar war die Anzeige wegen Körperverletzung dadurch nicht vom Tisch, aber in Anbetracht ihrer psychischen Verfassung könnte sie wirklich glimpflicher aus der Sache davonkommen, als anfänglich noch befürchtet.

Es war nicht wie erhofft, aber Lèa war mit der aktuellen Situation dennoch einigermaßen zufrieden.

Mit Ausnahme der Reaktion ihres Vaters, der wie zu erwarten ziemlich durch die Decke gegangen war.
Selbstredend nicht deshalb, weil seine Tochter im Affekt einen anderen Menschen verletzt hatte.
Nein.
Es war auch nicht deshalb, weil sie mit dem Briefbeschwerer Firmeneigentum im Wert von knappen siebzig Euro zerstört hatte, oder weil außerplanmäßig noch ein Reinigungstrupp anrücken, um den hellen Teppich vor dem nächsten Meeting von den hässlichen Blutflecken befreien musste.
Das waren Trivialitäten für Menschen wie Alfred von Ghent, der mit Immobilien handelte, die sich ein Normalsterblicher gar nicht erst leisten konnte.

Doch dass die Zeitungen sich ein weiteres Mal seit der Trennung von ihrem Langzeitverlobten die Mäuler über seine einzige Tochter und den Familiennamen von Ghent zerrissen, und er sich persönlich vor den Augen der Teilhaber dafür hatte rechtfertigen müssen, das hatte ihm nicht in seinen aufgeblähten Kragen gepasst.

Natürlich war es auch Lèa selbst übel aufgestoßen, weil sie in den Augen ihres Vaters wieder einmal versagt hatte.

Gleich, was sie tat, genügte es ohnehin selten seinen hohen Ansprüchen.

Und hätte ihre Mutter vor ihrem Tod damals nicht schriftlich verfügt, dass die Hälfte der Firma ihr zustand, so wäre sie bestimmt auch dort leer ausgegangen. - So wie es ihrem patriarchalischen Vater wohl nur recht gewesen wäre.
Denn selbst nach so vielen Jahren konnte er es nicht haben, dass eine Frau - erst recht seine eigene Tochter, mehr seiner Firma besaß als er selbst, da er ja nur eingeheiratet war und pro forma den Chef spielen durfte.

Every Breath you take - LESEPROBEWhere stories live. Discover now