1839 - Cecily Cardew

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In letzter Zeit zogen sich die Tage endlos in die Länge. Zuerst hatte ich gedacht es läge daran, dass ich auf das Land gezogen war. Doch schnell war mir klar geworden, dass es auch in der Stadt nicht anders gewesen wäre.
Ich saß auf meiner Veranda und sah auf den kleinen Teich in meinem Garten. Die Grillen zirpten und die Vögel zwitschern. Geräusche, die ich in der Stadt nie gehört hatte. Auch die Luft hier draußen war angenehmer und die Leute freundlicher. Ich nahm einen Schluck von meinem Tee. Fünf Uhr Tee gab es sogar hier. Manchmal luden mich die Nachbarn zum Tee ein und man redete über Geschehen und Neuigkeiten. Plötzlich hörte ich einen Dogcart von meinem Tor halten. Ich atmete tief durch und steckte die losen Strähnen meines braunen Haares wieder fest. Langsam erhob ich mich und begab mich zur Tür. "Fräulein Greenwill. Ich bin erfreut sie zu sehen.", sagte ich und öffnete das Tor. Es hätte zu lange gedauert den Gärtner oder den Butler zu rufen. "Auch mich freut es Sie zu sehen, Mrs Cardew. Und wie ich sehe bekommt ihnen die Landluft. Sie haben Sommerflecken bekommen."
Ich bat meine ehemalige Gouvernante herein auf eine Tasse Tee, ließ ihr einen Stuhl auf die Veranda bringen und bat sie sich zu setzten.
"Sie sollten heiraten, Mrs Cardew. "
Ich verschluckte mich an meinen Tee. "Wie bitte?" "Sie sind zu viel alleine. Ihre Mutter würde sich sehr freuen einen Schwiegersohn in der Familie begrüßen zu dürfen. Und vielleicht dann auch bald den ersten Enkel..." Empört stand ich auf. Wie konnte sie es wagen? "Ich Bitte Sie Fräulein Greenwill. Ich bin erst dreiundzwanzig und damit noch sehr jung. Die Frauen heutzutage heiraten erst später. Und was mischen sie sich da überhaupt ein?" Wütend ging ich hin und her. "My lady ist alles in Ordnung? " Mein Butler Henry hatte den Streit mitbekommen und war zu uns nach draußen gekommen. Ich schnaufte. Eine Eigenart, die ich mir erst auf dem Land angeeignet hatte. "Ich Bitte vielmals um Verzeihung, Mrs Cardew. Ich werde Sie nicht weiter bedrängen. Ich wollte Ihnen ja nur mitteilen, dass Ihre Mutter..." Das hätte ich mir ja denken können. Meine Mutter hatte das also zu verantworten. "Sagen Sie der lieben Frau Mutter sie soll ihre weiße Nase aus meinen Angelegenheiten raus halten. Nicht ohne Grund bin ich der Stadt und ihrer Aufsicht entflohen. " Ich setzte mich wieder und strich mein cremefarbenes Kleid wieder glatt. "Sollte ich eines Tages einen Mann an meiner Seite wünschen, werde ich mir schon einen suchen." Meine fünfzigjährige Gouvernante nickte. Das dunkelblaue Kleid und die strenge Frisur ließen sie noch kleiner und blasser wirken als sie schon war. "Ich werde es ihr berichten. Aber kommen Sie mir hier so alleine nicht auf dumme Gedanken, Liebes." Damit stand sie auf, wünschte einen Guten Tag und verschwand. Ich hatte ungeladene Gäste noch nie leiden können, schon gar nicht die, die die Boten meiner Mutter spielen mussten, weil sie in ihrem Spitzenkleid zu fein war in den Zug zu steigen und mich selbst auf zu suchen. Aber jetzt hatte ich das ungute Gefühl, dass ein Besuch von Ihr bald anstehen würde und wahrscheinlich würde sie einen eleganten Gentleman aus der Stadt mitbringen.
Die Sonne stand nun schon sehr tief am Himmel und ich beschloss ins Haus zu gehen.

VerbundenWhere stories live. Discover now