Kapitel XI

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Verärgert lehnte sich Rory an den Türrahmen und verschränkte seine Arme vor der Brust. Chung lenkte ein und sah Nakoa an.

"Er hat recht... lass uns zuerst die Talismane entfernen und die Grimoire holen..."

Nakoa überkreuzte seinerseits die Arme und sah die beiden nacheinander an.

"Es sieht so aus, als wurde ich überstimmt... nun gut... suchen wir die verdammte Grimoire..." 

Rory stieß sich vom Rahmen ab und hielt Nakoa am Arm fest, der soeben den Raum betreten wollte.

"Lass mich vorgehen... du sagtest, die Dinger hängen hier schon ewig... wenn das wirklich der Fall ist, dann werden sie mir nicht schaden... ich war täglich hier zum Lesen und nicht nur für ein paar Minuten... an den Wochenenden war ich den ganzen Tag und manchmal auch die Nacht hier drinnen... übrigens weiß ich genau in welchem Regal sie steht..."

Nakoa sah zuerst Chung und dann Rory an. Nach kurzer Überlegung nickte er zustimmend.

"Aber sei vorsichtig, Mac... komm sofort zurück... wenn dir etwas passieren sollte, bekomme ich den Zorn von Chung zu spüren..."

"Ya..."  

Nakoa beachtete den Ausruf von Chung nicht weiter, bedachte Rory mit einem zuversichtlichen Schulterklopfen, das Rory fast in die Knie gehen ließ.

"Nakoa... ich weiß dein Vertrauen sehr zu schätzen, aber hat dir schon mal jemand gesagt, dass deine freundschaftlichen Klapse echt schmerzhaft sind?!... Weißt du eigentlich, wie viel Kraft du hast?..."

Nakoa sah auf seine Hand und dann zu Rory.

"Oh... ähm... entschuldige Junge... bis jetzt hat sich noch nie einer beschwert... ich werde es mir aber für die Zukunft merken..."

Rory lächelte ihn an, griff dann in seine Jacke und holte den Dolch heraus. Kurz betrachtete er ihn, überlegte, ob er ihn behalten sollte, entschied sich dann doch ihn Nakoa zurückzugeben. Nakoa nahm den Dolch und sah Rory stirnrunzelnd an.

"Warum gibst du ihn mir zurück?..."

"Ich habe ihn damals nicht gehabt, also werde ich ihn jetzt auch nicht benötigen..."

Rory drehte sich zu Chung um, nickte ihm zu und wollte hineingehen, doch Chung hielt ihn auf.

"Warte bitte..."

Chung warf Nakoa einen Blick zu, dieser verstand den Wink und ging einige Schritte zurück in den Flur. Rory legte seinen Kopf schief.

"Aye... was ist?..."

Chung trat näher an Rory heran und sah ihm tief in die Augen.

"Bitte... riskiere dort drinnen nichts... wenn dir etwas zustoßen sollte... ich... aigo... Rory, ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann oder ob ich es jemals könnte..."

Rory sah die Furcht in Chungs Augen.

Er macht sich tatsächlich Sorgen um mich...

Ohne darüber nachzudenken, umarmte er Chung und flüsterte ihm ins Ohr. 

"Mach dir keine Sorgen... mir wird nichts passieren... ich verspreche es dir..."

Chung erwiderte die Umarmung. Es fühlte sich für Rory an, als ob Chung ihn nie wieder loslassen wollte. Sanft aber dennoch bestimmend löste sich Rory von ihm. Sein Blick wanderte zwischen Chungs Augen und Mund hin und her. Der plötzliche Drang ihn zu küssen war für ihn fast übermächtig. Bevor er wieder klar denken konnte, hatte Chung ihm die Entscheidung bereits abgenommen. Seine Lippen berührten zuerst sanft, dann fordernder Rorys. Ein leises Stöhnen entfuhr ihm und Chung zog ihn enger an sich. Rory schloss seine Augen und ließ sich in den Kuss fallen. Dies war sein Erster. Nie hätte er jemals geglaubt, dass es sich so gut anfühlen könnte, so berauschend. Sein ganzer Körper begann zu kribbeln, als ob tausende von Ameisen hinauf und hinab liefen. Rory fühlte sich schwerelos und vergaß in diesem Moment alles um sich herum. Im Bruchteil weniger Sekunden nahm Rory alles von Chung wahr. Seine Wärme, seine Erregung, Geschmack, Geruch, die Hände, die zärtlich seinen Nacken kraulten. Die Zeit stand für beide still. Doch auch der schönste Augenblick hat einmal ein Ende und Chung löste sich langsam von Rory. Noch benommen von dieser kurzen Zweisamkeit taumelte Rory leicht gegen Chung, der ihn sicher hielt und ihm nun zuflüsterte.

S.D.I. Mysterious CrimesWhere stories live. Discover now