Von einem Baum aus beobachtet Quinn das Gebäude und sieht noch einmal auf den Zettel, ehe sie diesen wegsteckt und skeptisch auf das Treiben hinuntersieht. Ein paar Tage sind vergangen in denen sie nach Ungarn geflohen ist und nach einem weiteren Auftrag plötzlich einen Zettel auf ihrem Kopfkissen in der Pension hatte auf dem die Koordinaten standen und dass man sie gern für ein persönliches Gespräch einladen wollen würde. Gezeichnet wurde es mit ‚Faryon', wer ist das? Sie kennt niemanden und eigentlich ist auf ihr Gedächtnis verlass. Quinn streicht sich die weißen Haare aus dem Gesicht und lässt erneut einen Raben erscheinen, der sich zumindest schon einmal über den Stacheldrahtzaun hinweg setzen kann um ihr eventuell einen schnellen Auftritt zu ermöglichen. Sicherheitshalber lässt sie auch einen Teil ihres Schattens in Form einer Eule neben sich erscheinen, damit sie auch so schnell wieder zurück könnte wenn sie es bräuchte. Es sieht aus wie ein Hochsicherheitsgefängnis mitten im nirgendwo. Hohe Drahtzäune umgeben ein ziemlich großes Gelände mit einem großen und hell erleuchteten Gebäude in der Mitte und mehreren kleineren Gebäudekomplexen drumherum. Einige Militärfahrzeuge fahren herum, werden ab- oder beladen und trotz der Nacht herrscht ein reges Treiben. Wachen stehen an verschiedenen Eingängen, kontrollieren die Fahrzeuge die ein und aus fahren. Schwer bewaffnet und teils mit Hunden patrouillieren sie an den Zäunen entlang um mögliche Mängel sofort feststellen und beheben zu können. Was wird dort nur so streng bewacht, was macht man hier und wieso wurde sie hier eingeladen? Quinn zieht sich die Sonnenbrille auf, befestigt sie, schiebt sich die Kapuze nur noch weiter ins Gesicht, und zerfließt im nächsten Moment zu grauem Nebel, ehe sie bei dem Raben ankommt, der unbeachtet auf der Wiese vor dem größten Gebäude gelandet ist. Fast augenblicklich geht der Alarm los, man brüllt ihr etwas zu und die Waffen werden auf sie gerichtet. Scheinwerfer blenden sie doch durch die Sonnenbrille kann sie wenigstens die Augen ein wenig offen halten und sie richtet sich auf. Als sie auf die Warnungen und die Befehle sich erkenntlich zu zeigen nicht reagiert, wird geschossen. Mit einem Schnauben zieht sie eine Augenbraue hoch und kann dabei zusehen wie die Kugeln durch ihren nebligen Körper fliegen und keine einzige Wunde hinterlassen. Langsam dreht sie sich zu den Menschen um, sieht sie einfach nur an als wäre es nichts anderes als ein normaler Dienstag während das Feuer eingestellt wird. Zielgerichtet geht sie auf einen der Soldaten zu der ihrer Meinung wohl etwas zu sagen haben, bleibt ruhig in einem guten Abstand stehen, zieht den Zettel aus der Hosentasche und hält ihn hoch. Erst dann gibt er den Befehl die Waffen sinken zu lassen, geht auf sie zu und reißt ihr schon fast den Zettel aus der Hand. Die braunen Augen gleiten über das Papier, ehe er sie ansieht und ihr zunickt. „Wir hatten Sie schon erwartet. Ein wenig dramatisch, der Auftritt." Stumm zuckt sie mit den Schultern und ihr wird angezeigt dem Mann zu folgen der sich wohl von einem halben Herzinfarkt erholen muss. Während er mit seinem Tarnfleck vor ihr hergeht, fühlt sie sich schon fast schäbig. Eine alte, blaue Jeans, dreckige Sneaker, eine schwarze Jacke mit Kapuze... kein Wunder dass man so auf sie reagiert hat. Gut, vielleicht liegt es auch an dem Fakt dass sie wie aus dem Nichts aufgekreuzt ist und als wäre sie der Tod persönlich. An der Tür angekommen, die neugierigen und skeptischen Blicke folgen ihr immer noch, hält der Soldat eine Karte an ein Lesegerät und gibt einen 6-stelligen Code ein, bevor sich die Tür öffnet und sie reingehen können. Dank ihrer Brille hat sie kein Problem mit dem hellen Licht und ihr ist es somit egal dass hier alles hell erleuchtet ist. Der Gang ist an den Wänden kahl gehalten, Türen führen in die verschiedenen Räume ab. Menschen kommen ihr entgegen, mustern sie mit gerunzelter Stirn und gehen dann aber weiter da sie in Begleitung des Soldaten ist. Manche tragen Arztkittel, manche sehen aus wie Techniker und manche wirken als würden sie gerade erst aus einem Büro kommen. Wieso ist selbst nachts hier so viel los? Was ist das für eine Einrichtung in die sie sich da gewagt hat? Sie hat ein ungutes Gefühl und normalerweise würde sie darauf hören und abhauen, aber ihre Neugierde gewinnt. Vor einer weiteren, gesicherten Tür bleiben sie stehen und während er wieder einen Code eingibt, spaltet Quinn einen Teil ihres Schattens ab und lässt ihn in Form eines kleinen Käfers bei einer Topfpflanze zurück die neben der Tür steht. Einfach um sicher zu sein, sie weiß nicht was sie erwarten soll und sie weiß nicht ob sie ganz hier raus will, oder nur aus dem Raum.

„Was für eine Freude Sie hier begrüßen zu dürfen!" Nachdem Quinn dem Soldaten in den neuen Raum gefolgt ist, hat es sich als eine Art Besprechungsraum entpuppt in welchem mehrere Personen sitzen und sie argwöhnisch und auch irgendwie zufrieden mustern. Stumm bleibt sie stehen und legt den Kopf schief, sieht nur den Kerl im Anzug an der lächelnd aufgestanden ist und auf sie zugeht. „Wir kennen Ihre Arbeit und wir würden Ihnen gern einen Vorschlag als feste Arbeitsstelle machen, um nicht um den heißen Brei herumzureden." Feste Arbeitsstelle? Er weiß schon was sie macht, oder? „Wir haben einige... ‚Informationslecks' die gestopft werden müssen, wenn Sie verstehen was ich meine." Ah, daher weht der Wind. Quinn nickt leicht, natürlich versteht sie worauf er hinaus möchte. Die weißen Augen wandern über die restlichen Menschen, ehe sie wieder den Gesprächsführer ansieht. „Was ist das hier." Es läuft nicht so einfach ab als wenn man sie für einen einzelnen Auftrag anheuert, so einfach geht das nicht. Sie will wissen für wen sie arbeitet, was hier passiert und ob sie das noch einmal durchstehen kann wenn es scheiße ist. „Das hier? Das hier ist Faryon, haben wir das auf dem Zettel vergessen?" Quinn legt den Kopf schief, starrt ihn durch die Gläser der Sonnenbrille weiterhin einfach nur an. Er weiß genau auf was die Frage bezogen war, als ob sie sich damit jetzt abspeisen lassen würde. Der Mann, schätzungsweise Mitte 30 und die blonden Haare ein wenig zurückgegelt, rückt sich räuspernd die Krawatte zurecht. „Ich hoffe Sie wissen dass ich keine Informationen herausgeben werde solange Sie nicht in einen Vertrag eingestimmt haben, oder?" Weiterhin starrt sie ihn an, zieht nur die Augenbrauen hoch und wartet ab. „Sie müssen verstehen dass-" Abrupt bricht er ab als ein erstickter Laut zu hören ist. Ein breiter Speer wurde von hinten durch den Brustkorb des Soldaten gerammt, bestehend aus reinem Schatten. Er fängt an vor Schmerz zu brüllen was in ein Gurgeln übergeht, zappelt wie wild und der Körper erschlafft erst, als sie ihm einen zweiten Speer durch den Kopf jagt um ihn nicht leiden zu lassen. Die Schattenwaffen ziehen sich zurück, ehe der Körper wie ein Sack auf den Boden fällt, das rote Blut tränkt den Flecktarn und den Boden unter sich, breitet sich immer weiter aus. Sie ist die eindeutig mächtigere Person hier, das sollte man noch einmal klarstellen. Dem armen Kerl wird schon fast schlecht als er die Leiche ansieht und schluckt, ein schnelles Nicken ist zu sehen. „N-Natürlich." Als Quinn ihren Kopf dreht um zu den anderen zu sehen, bekommt sie auch hier Angst zu spüren die ihr helfen sollte an die benötigten Informationen zu kommen. „Far-Faryon ist- ist eine Organisation die... also wir führen gewisse Experimente an übernatürlichen Wesen durch um Dinge auszutesten und-" Während Quinn sich dann doch ein wenig verarscht vorkommt, immerhin haben Testungen eben mit Experimenten zu tun und sind inbegriffen, blickt der Kerl hilfesuchend zu den anderen und rückt sich erneut die hellblaue Krawatte zurecht, ehe er sich den hellgrauen Anzug hinrichtet und versucht wieder selbstbewusst zu wirken. „Kommen Sie mit, am besten sehen Sie sich das selbst an." Sie kann das Grauen in seinen Augen sehen als er versucht an der Blutpfütze vorbei zur Tür zu gelangen und diese aufzumachen ohne die Leiche auch nur einmal anzusehen. Quinn folgt ihm unbeeindruckt, steckt die Hände in die Jackentaschen und ist froh dass diese zu ist, so ganz warm ist es nämlich nicht. Die weißen Augen wandern nun über verschiedene Fotos und Gemälde an den Wänden des Ganges den sie nun entlanggehen. Portraits von irgendwelchen Menschen die ihr überhaupt nichts sagen, scheinen aber wichtig genug sein um aufgehängt worden zu sein. „Ich bitte um Entschuldigung wenn es laut werden sollte, aber manche Wesen können wir nicht zum Schweigen bringen ohne sie zu töten was das Beruhigungsmittel angeht, vielleicht sollten Sie sich schon einmal darauf vorbereiten. Und mein Name ist Kalion Berustik, wie darf ich Sie ansprechen?" Quinn bleibt neben ihm bei einem Aufzug stehen und sieht ihn aus dem Augenwinkel an, ehe sie nach vorn auf die noch geschlossenen Türen blickt. „Am liebsten gar nicht, aber bleiben wir bei... Quinn?" Kalion erwidert den Blick. „Wie Harley Quinn?" Einer ihrer Mundwinkel geht hoch und sie nickt leicht. „So ungefähr.", murmelt sie und betritt den Fahrstuhl als erstes als sich die Türen öffnen. Soll er denken dass es wegen dieser Filmfigur ist, sie ist einfach nur scheiße darin sich einen neuen Namen auszudenken auf den sie hören würde. Aber um so besser, dann glaubt man wenigstens dass sie einen anderen Namen hat und das hier ist nicht ihr echter. Er drückt auf einen Knopf und als sich die Türen schließen, wirft sie einen Blick auf das Stockwerk zu dem sie sollen. Obwohl alle anderen Stockwerke beschriftet sind, ist der Knopf der einzige ohne Schrift und der einzige, bei dem man noch einen Schlüssel braucht den Kalion nun hineinsteckt und umdreht. Erst dann setzt sich der Aufzug in Bewegung, nicht schlecht.

Kreuzzug des ÜbernatürlichenWhere stories live. Discover now