»Also ...«
Der General hebt seine Hand und legt seinen Kopf schief.
»Nur damit ich es richtig aufgefasst habe: Ihr Drei-«
»Sechs«, korrigiert Ellen ihn spitz und sieht ihn mit einem strengen Blick an.
War ja 'ne echt klasse Idee von uns gewesen, auf diese Art hierher zu kommen.
Ihnen ist zwar vorab schon bewusst gewesen, dass sie höchst wahrscheinlich nicht weit kommen werden würden, aber das es gleich so schiefgehen musste ...
Das ist schon hart.
Dabei haben sie noch nicht einmal das gefunden, wonach sie gesucht hatten. Tragisch, doch damit müssen sie jetzt leben.
Aber die Soldaten hätten ruhig ein wenig sanfter mit uns umgehen können. Immerhin sind wir keine Baumstämme, die man beliebig hin und her rollen kann, je nachdem wie man lustig ist.
Die Fesseln und die aufgeplatzten Wunden an ihrem Körper und die zusätzlich noch ihr Gesicht schmücken, machen es auch nicht gerade angenehmer. Genauso wenig wie die Provokation mit dem Geruch des Kaffees. Da kann sie eine noch so dicke Blutkruste unter ihrer Nase haben, es ist und bleibt eine Qual.
Auch wenn Kaffee wie verbrannte Scheiße schmeckt, ist der Geruch unwiderstehlich ...
Abgesehen davon ist der Keller feucht und kalt - und so etwas wie 'Tageslicht' kennen die hier unten wohl nicht.
Man erkennt so gut wie fast nichts, außer das, was sich unter dem mickrigen Radius der Lampe, in der Mitte des Raumes, befindet. Und dort befindet sich der Mann in grüner Uniform.
Ein Wunder, dass die Klimaanlage bei denen überhaupt Funktioniert ... hm, wobei. Wenn man es sich genauer überlegt, scheint die Elektrizität bei ihnen wohl doch nicht so gut zu funktionieren.
Zumindest verrät sie die fettig, flackernde Glühbirne, die schon längst hätte ausgetauscht werden müssen. Aber im Gegensatz zu dem, was sie mittlerweile schon gewohnt sind, ist das hier Luxus.
Unnötiger Luxus. Denn das ist Luxus schließlich und dieser Begriff trägt auch keine anderweitige Bedeutung.
Ellen lenkt ihren Blick von der Glühbirne ab und verharrt wieder bei der Kaffeetasse des Generals.
Mit Leichtigkeit rührt er in der heißen Brühe und nippt zuerst, da dieser wohl gerade erst frisch zubereitet wurde.
Der Raum wird wohl als 'Verhörraum' genutzt oder so ähnlich.
Rhonda und Eugene sind genau wie Ellen von den Fesseln geplagt, wie sie es eben erst festgestellt hat, nachdem sie einen Blick zur Seite geworfen hat.
Diese Umrisse würde sie von überall wiedererkennen, da kann das Licht noch so schwach sein.
Gleichzeitig stellt sie fest, dass die beiden genauso miserabel zugerichtet sind, wie sie selbst.
Deswegen hat er auch vorhin Drei gezählt, als nur mich.
„Warum spricht er dann 'nur' mit dir?"
Und warum sagen Rhonda und Eugene nichts?
„Vielleicht wurden sie ja eingeschüchtert oder ihnen wurde gedroht?"
Keine Ahnung, ist aber auch erst einmal nicht von Bedeutung.
Der General sitzt provokant auf seinem Stuhl und schlürft extra laut und lässt sich währenddessen ihre Korrektur auf seiner Zunge zergehen.
Genau wie sein Kaffee ...
»Wie auch immer.«
Er stellt die Tasse neben sich auf einem Beistelltisch ab.
Abgesehen davon wirkt der Raum ziemlich leer geräumt, was ein wenig beängstigend auf sie wirkt.
„Mag wahrscheinlich auch deren Ziel sein, dieses Unbehagen bei dir zu erreichen ... haben wir ja schon oft genug gesehen ..."
Dunkle Leere. Wie Ekelhaft.
„Ich wusste gar nicht, dass man dein Inneres so gut visuell widerspiegeln kann."
Wusste ich bis jetzt auch nicht. Wie schmeichelhaft.
„War das etwa wieder Sarkastisch?"
Ja.
Er sammelt sich noch kurz und sieht die Drei daraufhin direkt an.
»Ihr kommt von San Angelo hierher ... Und du behauptest die Tochter von zwei unserer Wissenschaftler zu sein und du behauptest Dinge, die nicht aus deinem Mund kommen sollten. Habe ich das richtig zusammengefasst?«
Diese Worte kommen überraschend ruhig rüber, im Gegensatz zu den Umgang mit ihnen.
Sollte mir das etwas jetzt Angst machen?
„Na ja ..."
Immerhin hat er in Englisch 6. Klasse schön aufgepasst, als sie das Thema Zusammenfassungen gehabt hatten. Stolz kann er auf sich sein, der gute Herr!
„Sarkasmus?"
Ja.
Ellen lässt den Kopf ein wenig hängen und leckt sich über die Lippen.
»Japp. Ich weiß ... Es klingt bescheuert.«
Er rührt wieder in seinem Kaffee und nickt.
Bei ihm klingt es so harmlos ...
»Und?«, fragt er nach ein paar Sekunden.
»Ja was und?«
»Woher wusstest du von alldem hier?«, wiederholt er seine Frage und richtet sie mal wieder an Ellen.
„Doch eigentlich dürfte er doch von nichts wissen ... Oder doch?"
»Die Eingänge, die Passwörter ... alles. Von wem weißt du das?«
Ellen sieht ihn an und wartet auch nicht, um ihm zu Antworten.
»Hatte meine Wege.«
»Das ist keine Antwort.«
»Es ist ... Kompliziert.«
Er schnauft und lässt den Löffel gegen die Tasse klirren, woraufhin sie vielleicht zusammenzucken würde, wenn die Fesseln nicht so fest an sie gebunden wären.
Anstatt einfach aufzustehen und zu gehen, überkreuzt er seine Beine und faltet seine Hände geduldig auf den Schoß.
»Gut. Ich hab' Zeit.«
Ellen seufzt und sieht keine andere Möglichkeit darin und keinen weiteren Grund, dies weiter hinauszuzögern. Ihr schwirrt noch der Kopf wegen dem, was noch nicht einmal eine Stunde her ist, weshalb sie einfach beschließt, es ihm zu erzählen ... und zwar alles.
»Also gut ... Vor sechs Jahren, fünf Monaten und zwölf Tagen...«
Und so beginnt sie zu erzählen, von Tag eins an und schluckt ihr schlechtes Gewissen hinunter, dass ihre Mutter heute Geburtstag hat.
Natürlich hat sie die Tage gezählt.
Was denn sonst.
KAMU SEDANG MEMBACA
McLarrys Experiment -Kontrollverlust-
HororWie fühlt es sich an, in einer disfunktionalen Welt, übertrumpft von Infizierten, aufzuwachsen ...? Und obendrein noch zu wissen, dass die eigenen Eltern dafür verantwortlich gewesen sind, wegen eines misslungenen Experimentes? Ja, richtig gehört...
