Kapitel 3 ✔️

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L U N A

Ich stand unter der Dusche und das warme Wasser prasselte auf mich hinab, als ich auch schon raus musste und mir ein Handtuch um Körper und Haare wickelte.
Während ich mir die Zähne putzte hing ich meinen Gedanken nach.
Wird Draco auch dort sein?
Werden wir uns viel unterhalten können?
Und irgendwie habe ich ein mulmiges Gefühl, dort hinzugehen... als ob etwas passieren würde.
Schnell föhnte ich mir meine Haare trocken und zog mir frische Klamotten an; schwarze Jeans, weißes T-Shirt und schwarze Schuhe.
Hellwach betrat ich die Küche.
Molly stand am Herd und rührte in einem großen Topf, Arthur saß am Tisch und blätterte einen Stapel großer Pergamentblätter durch.
Als die Jungs hinter mir die Küche betraten, sah er auf und breitete die Arme aus, damit sie seine Kleidung begutachten konnten.
Er trug so etwas wie einen Pullunder und eine steinalte Jeans, die, ein wenig zu groß für ihn, mit einem breiten Ledergürtel festgeschnürt war.
Grinsend lief ich vorbei und Molly reichte mir eine Tasse Kaffee.
„Was haltet ihr davon?", fragte Arthur erwartungsvoll. „Wir sollen doch inkognito reisen - sehe ich aus wie ein Muggel, Harry?"
„Hmmh.", grinste Harry. „Sehr gut."
„Wo sind denn Bill und Charlie und Per-Per-Percy?", sagte George und konnte ein abgrundtiefes Gähnen nicht unterdrücken.
„Ach ja, die wollen apparieren.", sagte Molly, wucherte den großen Topf auf den Tisch und schöpfte Haferbrei in die Schalen. „So können sie noch ein wenig ausschlafen."
„Die pennen also noch?", grummelt Fred und zog eine Haferbreischale zu sich her. „Warum können wir nicht auch apparieren?"
„Weil ihr noch nicht alt genug seid und die Prüfung noch nicht abgelegt habt.", fauchte Molly. „Und wo sind eigentlich die Mädchen?"
„Ginny liegt noch im Bett und Mine duscht.", erklärte ich und fing an eine Schale Haferbrei zu essen.
Molly ging hinaus und wir hörten, wie sie die Treppe hochstieg.
„Fürs Apparieren ist eine Prüfung nötig?", fragte Harry.
„Oh ja.", sagte Arthur und steckte die Karten sorgfältig in die hintere Tasche seiner Jeans. „Die Abteilung für Magischen Personenverkehr musste vor kurzem einem Pärchen Bußgeld aufbrummen, weil die beiden ohne Erlaubnis appariert sind. Apparieren ist nicht einfach, und wenn man es nicht richtig macht, kann es üble Folgen haben. Das besagte Pärchen hat es doch tatsächlich geschafft, sich zu zersplintern."
Wir alle zuckten zusammen, außer Harry.
„Ähm - zersplintern?", sagte Harry.
„Sie haben je die Hälfte von sich zurückgelassen.", sagte Arthur, während er Unmengen Sirup über seinen Haferbrei kippte. „Da saßen sie natürlich ganz schön in der Klemme. Konnten weder vor noch zurück. Sie mussten auf das Magische Unfallumkehr-Kommando warten, das sie dann rausgeholt hat. Hieß 'ne Menge Papierkram für mich, kann ich euch sagen, wegen all der Muggel, die über ihre zurückgelassenen Körperteile gestolpert sind..."
„Haben sie es überstanden?", fragte Harry bestürzt.
„Oh ja.", sagte Arthur gelassen. „Aber 'ne saftige Geldbuße hat es gesetzt und ich glaube nicht, dass sie es so schnell wieder versuchen. Mit dem Apparieren ist nicht zu spaßen. Es gibt genug erwachsene Zauberer, die dankend darauf verzichten. Nehmen lieber einen Besen - langsamer, aber sicherer."
„Aber Bill und Charlie und Percy beherrschen es?"
„Charlie musste die Prüfung zweimal machen.", sagte Fred grinsend. „Das erste Mal ist er durchgefallen. Apparierte acht Kilometer weiter südlich, als er eigentlich wollte, direkt auf dem Kopf von so 'ner armen Oma, die gerade beim Einkaufen war, wisst ihr noch?"
„Tja nun, beim zweiten Mal hat er es jedenfalls geschafft.", sagte Molly, die unter herzhaftem Gekicher zurück in die Küche kam.
„Percy hat seine Prüfung erst vor zwei Monaten bestanden.", sagte George. „Seither appariert er jeden Morgen nach hier unten, nur um zu beweisen, dass er es beherrscht."
Vom Flur her waren Schritte zu hören und Mine und Ginny kamen in die Küche.
Sie sahen blass und verschlafen aus.
„Warum müssen wir so früh aufstehen?", sagte Ginny, rieb sich die Augen und setzte sich an die Tisch.
„Wir haben einen kleinen Fußmarsch vor uns.", sagte Arthur.
„Fußmarsch?", sagte Harry. „Wie bitte, gehen wir etwa zu Fuß zur Weltmeisterschaft?"
„Nein, nein, das ist zu weit weg.", sagte Arthur lächelnd. „Wir müssen nur ein kurzes Stück zu Fuß gehen. Es ist nämlich sehr schwierig, eine große Zahl von Zauberern an einem Ort zu versammeln, ohne dass es den Muggeln auffällt. Wir müssen ohnehin immer vorsichtig sein, und bei einem Riesenereignis wie der Quidditch-Weltmeisterschaft -"
„George!", sagte Molly scharf, und wir alle schraken zusammen.
„Was ist?", sagte George in einem Unschuldston, der keinen täuschte.
„Was hast du da in der Tasche?"
„Nichts!"
„Lüg nicht!"
Molly richtete den Zauberstab auf George's Tasche und sagte: „Accio!"
Mehrere kleine, bunte Gegenstände schossen daraus hervor; George versuchte sie einzufangen, sie entwischten ihm jedoch und flogen geradewegs in die ausgestreckte Hand seiner Mutter.
„Wir haben euch doch gesagt, ihr sollt sie unschädlich machen!", rief Molly zornig und hielt offenbar einige weitere Würgzungen-Toffees hoch. „Schafft das Zeug fort, haben wir gesagt! Leert eure Taschen, aber dalli, und zwar beide!"
Es war peinlich mit anzusehen; die Zwillinge hatten offenbar beabsichtigt, möglichst viele Toffeebohnen aus dem Haus zu schmuggeln, und erst mit Hilfe ihres Sammelanzaubers schaffte es Molly, aller habhaft zu werden.
Accio! Accio! Accio!", rief sie und die Toffeebohnen flogen von überall her auf sie zu, etwa aus dem Futter von Fred's Sakko und aus den Aufschlägen von George's Jeans.
„Wir haben ein halbes Jahr gebraucht, um sie zu entwickeln!", schrie Fred seine Mutter an, als sie die Toffees wegwarf.
„Ach, ist ja 'ne tolle Art, ein halbes Jahr zu verbringen!", kreischte sie. „Kein Wunder, dass ihr nicht mehr ZAGs geschafft habt!"
Alles in allem herrschte bei unserem Aufbruch keine besonders fröhliche Stimmung.
Molly schaute immer noch finster, als sie ihren Gatten auf die Wange küsste, wenn auch längst nicht so finster wie die Zwillinge, die ihre Rucksäcke schulterten und ohne ein Abschiedswort für sie hinausgingen.
„Dann viel Vergnügen", sagte Molly, „und benehmt euch.", rief sie den Zwillingen nach, die ihr jedoch stur den Rücken kehrten. „Ich schicke Bill, Charlie und Percy gegen Mittag nach.", sagte Molly an ihren Mann gewandt, dann gingen er, Harry, Ron, Mine, Ginny und ich hinaus und folgten Fred und George über den Hof.
Es war recht kühl und der Mond stand noch am Himmel.
Nur ein grünlicher Schleier am östlichen Horizont kündigte den kommenden Tag an.
„Denkst du Malfoy ist dort?", fragte Mine.
„Ich weiß nicht. In seinen Briefen hat er nichts geschrieben.", murmelte ich. „Aber ich hoffe es..."
„Es wäre so toll, wenn ihr endlich zusammenkommen würdet.", lächelte Mine und hackte sich bei mir ein. „Ich denke, ihr wärt ein süßes Paar."
„Wer weiß, vielleicht kommen wir ja dieses Jahr zusammen.", lächelte ich und stupste sie an, sodass sie ein bisschen zur Seite stolperte und wir schließlich lachen mussten.
Wir stapften den dunklen, feuchten Weg zu einem Dorf entlang und nur unsere Schritte störten die Stille.
Während wir durch das Dorf gingen, erhellte sich der schwarze Himmel allmählich und nahm ein dunkles Blau an.
Meine Hände waren eiskalt.
Arthur blickte immer wieder auf die Uhr.
Keuchend und ohne viele Worte stiegen wir den Wieselkopf hoch, stolperten hin und wieder in ein verstecktes Kaninchenloch oder rutschten auf dicken schwarzen Grashöckern aus.
Schnaufend und keuchend betraten wir dann endlich ein ebenes Stück und hielten inne.
„Puuuhhh.", schnaufte Arthur, nahm die Brille ab und wischte die Gläser an seinem Pullunder trocken. „Immerhin, wir liegen gut in der Zeit - wir haben noch zehn Minuten..."
Mine kam als Letzte über den Hügelkamm, die Hände mit schmerzverzerrter Miene in die Seiten gepresst.
„Wie wär's mit ein bisschen Sport treiben?", neckte ich sie und genervt blickte sie mich an, worauf ich lachen musste.
„Jetzt fehlt uns nur noch der Portschlüssel.", sagte Arthur, setzte die Brille wieder auf und ließ den Blick suchend über die Erde schweifen. „Er wird nicht groß sein... ihr könnt mir helfen..."
Wir verteilten uns über der Hügelkuppe, hatten jedoch erst ein paar Minuten gesucht, als ein Ruf die Stille durchbrach.
„Hier, Arthur! Hierher, alter Junge, wir haben ihn!"
„Amos!", sagte Arthur und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Rasch schritt er hinüber zu dem Mann, der gerufen hatte.
Wir anderen folgten ihm.
Arthur schüttelte die Hand eines Zauberers mit wettergegerbtem Gesicht und braunem Stoppelhaar, der einen verschimmelten alten Stiefel in der anderen Hand hielt.
„Darf ich vorstellen, Amos Diggory.", sagte Arthur. „Arbeitet in der Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe. Und ich glaube, ihr kennt seinen Sohn Cedric?"
Lachend ging ich auf Cedric zu und umarmte ihn.
Lachend wirbelte er mich kurz durch die Luft und setzte mich dann wieder am Boden ab.
„Hallo, Luna.", lächelte er und wuschelte mir durchs Haar. „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen."
„Und wenig unterhalten.", murmelte ich. „Du warst selten in der Bibliothek."
„Ich weiß.", murmelte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Das nächste Mal lernen wir wieder zusammen."
Cedric war wie ein großer Bruder für mich.
Ich nahm Cedric an der Hand und zog ihn mit zu Mine und Ginny.
„Hermine, Ginny, das ist Cedric.", stellte ich die beiden dem Schönling vor. „Cedric, das sind meine besten Freundinnen, Hermine und Ginny."
Mine schüttelte verlegen Cedric's Hand und Ginny lächelte ihm freundlich entgegen.
„Na? In den Ferien Quidditch geübt?", fragte ich. „Dann kann ich dich wieder besiegen."
„Das letzte Spiel habt ihr verloren.", bemerkte Cedric. „Obwohl... eigentlich hättet ihr bestimmt gewonnen."
„Wahrscheinlich.", murmelte ich. „Aber Schnee von gestern. Ich besiege dich allein. Nur wir zwei. Ich bin eine super Jägerin."
„Ist sie wirklich. Sie wird dich fertig machen.", grinste Ginny.
„Wir werden sehen.", lachte Cedric.
„...machen wir uns bereit...", hörte ich plötzlich Arthur sagen.
Schnell liefen wir zu den anderen.
Von unserem klobigen Rucksäcken ein wenig behindert traten wir auf den alten Stiefel zu, den Amos Diggory in die Höhe hielt.
Wir zehn standen in einem engen Kreis zusammen, als eine kalte Brise über die Hügelkuppe blies.
Keiner sprach.
„Drei...", murmelte Arthur mit einem Auge auf der Uhr, „zwei... eins..."
Es passierte sofort: Ich hatte das Gefühl, als ob ich an einem Haken direkt hinter meinem Nabel plötzlich mit unwiderstehlicher Gewalt nach vorne gerissen würde.
Ich hatte den Boden unter den Füßen verloren; ich spürte, dass Mine und Cedric Seite an Seite mit mir flogen und ihre Schultern gegen die meinen schlugen; durch wütende Böen und wirbelnde Farbspiralen rasten wir dahin; mein Zeigefinger klebte an dem Stiefel, als zöge ich ihn magnetisch an, und dann -
Ich prallte mit den Füßen auf festen Grund, stolperte und fiel ins Gras.
Cedric reichte mir seine Hand und half mir auf.
Ich klopfte mir schnell den Dreck ab und atmete tief durch.
Ich hasse Portschlüssel... da ist Apparieren angenehmer.
„Sieben nach fünf vom Wieselkopf.", sagte eine Stimme.

Luna Black 4 - Harry PotterWhere stories live. Discover now