💘 Weil ich dich liebe... 💘

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- Weil ich dich liebe... -

Während das Blut über meine Finger läuft stell ich mir die Frage, wie es soweit kommen konnte. Hast du mir nicht noch vor 24 Stunden gesagt, dass du mich liebst? Und jetzt - 24 Stunden später - liege ich auf der Rückbank in einem fremden Auto und habe ein Messer im Bauch, dessen Blutung sich nicht mehr stoppen lässt. Aber das ist okay, wirklich! Denn ich bin bereit zu gehen, auch wenn ich es nicht ganz verstehe. Vielleicht hat das Wort Liebe auch eine andere Definition für dich.
Es scheint dich nicht weiter zu beschäftigen, dass du mir gerade ein Messer in den Bauch gesteckt hast, so wie du gerade gelassen über den Highway fährst. Langsam lasse ich mich auf dem freien Sitz neben dir nieder und beobachte dich beim Fahren.

Ob du mich wieder nach Hause bringen solltest, hast du mich gefragt. Aber ich hatte schon dem neuen Typen versprochen mit ihm zu fahren. Eine Ablehnung fand ich unhöflich, also hab ich zugestimmt. Es sollte nur dieses eine Mal anders laufen.

Ruhig atmest du ein und aus, verfestigt nochmal deinen Griff ums Lenkrad. Still sitze ich neben dir und verschwimme mit der vorbeiziehenden Landschaft, wie eine billige Kopie die man an die Scheibe klebt. So wie ich jetzt wieder neben dir sitze sieht es aus, als wäre es nie anders gewesen. Als hättest du meine Leiche nicht in einem drekigen Auto liegen lassen. Doch das hast du. Genauso wie du uns heimlich auf dem Rückweg nach gefahren bist, obwohl du eigentlich einen anderen Weg hättest nehmen können, jetzt wo du mich nicht nach Hause bringen musstest. Doch in Zukunft wirst du immer diesen Weg wählen, um dich daran zu erinnern was du getan hast. Was du mir angetan hast.

Nach einer Viertelstunde hab ich deinen Wagen dann erkannt und dazu gedrängt anzuhalten und dich zur Rede zu stellen. Wir hielten an dem Rand eines kleinen Waldes, der neben der Straße liegt. Einen kleinen Wald, den ich nie wieder verlassen würde. Aber das wusste ich nicht, als ich aussteig um dich zu fragen, was das solle. Nicht die leiseste Ahnung hatte ich, dass du mich wieder zurück ins Auto drängst um mich dort ein zu sperren, nachdem du den Fahrer aggressiv aus dem Auto gezogen hast. Bei dir sah es gar nicht aus, als wäre der Typ ein Kopf größer und bestimmt 10 Kilo schwerer als du. Doch du hast ihn einfach raus gezogen, das Auto verriegelt und auf ihn eingeschlagen. Der Überraschungseffekt war definitiv auf deiner Seite, aber trotzdem hätte er dich - ohne das Brecheisen in deiner Hand - fertig gemacht. Hättest du das Auto - mit mir drin - nicht verriegelt wie einen Hochsicherheitstresor, dann wäre ich dazwischen gegangen, hätte dich von dem Neuen weg gezogen und dich beruhigt, hätte den Streit geklärt. Aber du hast das Auto verriegelt und ich konnte nur hilflos gegen die Scheiben schlagen und verzweifelt schreien. Doch das brachte nichts. Und so sah ich zu wie du mit dem Brecheisen immer öfter auf den schon längst verunstalteten Körper einschlugst, wie ein Laufwerk, dass man nicht mehr stoppen konnte. Als es dann irgendwann genug war, schlepptest du den Körper in den Wald hinein. Wie ein totes Tier auf der Straße, das den Verkehr behindert und deshalb zur Seite geräumt werden muss.

Eine Frage nach der nächsten schießt mir durch den Kopf. Wie von selbst verlassen die aneinander gereihten Wörter meinen Mund, jedesmal ein großes Fragezeichen dahinter. Doch auf keine antwortest du mir. Nein, du sitzt nur da an deinem Lenkrad, klamerst dich daran, als könnte es dich vor dem Strudel der Gedanke und Schuldgefühle retten. Jedoch irrst du dich. Genauso wie ich mich irrte als ich dachte ich könne die vertrauen.

Das ich das aber nicht kann würde mir klar, als du mit der Leiche zwischen den Bäumen verschwandest. Da begann meine Angst vor dir zu steigen. Erst hatte ich versucht mich damit zu beruhigen, dass du mich doch liebst und mir niemals was tun könntest. Aber da war ich mir nicht mehr so sicher, immerhin hattest du gerade jemanden vor meinen Augen zu Tode geprügelt. Was hielte dich also davon ab, mir etwas zu tun? Ich hatte keine überzeugende Antwort. Und du offenbar auch nicht, denn als du zwischen den Bäumen wieder von dem Wald ausgespuckt wurdest, hast du mir schließlich ein Messer in den Bauch gesteckt. Zugegeben, davor haben wir noch eine Konversation geführt, warum das getan hast. Deine Entschuldigung dafür war, dass du mich doch liebst. Ich hab es nicht verstanden. Seit dem ich dein Auto im Rückspiegel erkannt hab verstehe ich dich nicht mehr. Seit dem du rasend vor Wut mich im Auto eingesperrt hast während du einen fast Fremden zu Tode prügelst verstehe ich dich nicht mehr.

Also erklär es mir! Warum hast du mir am einen Tag noch gepriesen wie wertvoll mein Leben ist und es am nächsten so behandelt wie ein abgelaufene Packung Milch. Hör auf mich zu ignorieren, wo ich doch genau neben dir sitze und eine Antwort will! Mir ist klar, dass man beim Autofahren die Straße im Blick behalten sollte. Nur ein kurzer Blick zu mir, nur ein Augenrollen oder ein genervtes Stöhnen, dass ich endlich meine Klappe halten solle. Ein kleines Anzeichen dafür das du mich noch wahrnimmst würde mir reichen. Egal wie lange ich warten würde, von dir kommt kein kurzer Seiten Blick und auch sonst nichts mehr. Daher verlasse ich bei der Abfahrt vom Highway dein Auto und stehe verloren in der weiten Welt, die unter meinen Füßen immer kleiner wird. Bis sie plötzlich ganz verschwindet, wie eine Seifenblase die mit fröhlicher Leichtigkeit einfach zerplatzt und weg ist. Wie unsere Liebe. Und das nur weil du mich liebst?

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𝑶𝑵𝑬 𝑯𝑼𝑵𝑫𝑹𝑬𝑫 𝑾𝑨𝒀𝑺 𝒕𝒐 𝒔𝒂𝒚 𝑮𝑶𝑶𝑫𝑩𝒀𝑬Where stories live. Discover now