Kapitel 5

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Sie war einfach atemberaubend schön. Und einmal mehr hatte sie ihn überrascht, eher bis ins Mark erschüttert. Noch vor zwei Minuten hatte sie sich hoffnungslos verzweifelt in den Schlaf geheult und ihn unbewusst zu ihr gerufen. Und jetzt stand sie hoch erhobenen Hauptes und mit einem Schmollmund vor ihm und wollte ihm auch noch weismachen, sie leide nicht. Kein Bisschen. Und sie wollte seine Hilfe nicht. Wollte ihn nicht. Sie machte ihn einfach nur verrückt.

Beinahe wäre er in ein teils hysterisches und teils triumphierendes Gekicher ausgebrochen, so sehr fühlte sich der Zauberer von seiner Heldin angezogen. Vielleicht konnte er nicht diese „Liebe" für sie empfinden, die Menschen normalerweise so füreinander empfanden, aber sie war auch schon so lange sein, dass es gar keine Rolle mehr spielte.

„Du hast mich gestalkt?", rief sie empört und ihre weichen Wangen, die er gerade berührt hatte, färbten sich purpurrot. Oh wie er es liebte, sie so aufzubringen.

„Man hat nicht viel zu tun, wenn man eine ganze Dimension alleine bewohnt", gab der Zauberer spöttisch zu bedenken.

„Trotzdem gibt dir das doch nicht das Recht einfach irgendwelche Leute zu beobachten", regte sie sich weiter auf. „Du verschwindest jetzt sofort aus meiner Wohnung!" Resolut zeigte die Kleine mit ausgestrecktem Arm in Richtung Eingangstür und sah dabei so unfassbar niedlich aus, dass er wieder grinsen musste.

„Tut mir leid, aber so funktioniert das leider nicht", setzte er an, wohl wissend, dass ihr nicht gefallen würde, was er ihr zu sagen hatte. „Du hast mich mit deinem starken Wunsch hierher gerufen, auch wenn es unbewusst war. Und nur Menschen mit einem Wunsch an mich können mich sehen und hören, was im Klartext bedeutet, dass ich entweder dein Verlangen stille, du mich vergisst und ich verschwinde oder du dir deinen kleinen Herzenswunsch selbst verwirklichst, wie du es möchtest. Aber ich kann erst verschwinden, wenn dein Wunsch, auf welche Art auch immer, erfüllt wurde und dieser mich nicht mehr zu dir ruft"

Ein Hochgefühl überkam ihn bei diesen Worten. Würde sie ihm tatsächlich die Möglichkeit geben, längere Zeit bei ihr zu sein? Eigentlich machte sie nicht den Eindruck, als wäre sie allzu begeistert von ihm. Genauer gesagt wollte sie ihn loswerden. Würde sie am Ende doch wieder einknicken? Ihrem schockierten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie das Denken für einen Augenblick eingestellt. Aber schließlich machte sie sich ihrem Ärger ordentlich Luft.

„Soll das heißen ich hab dich jetzt die ganze Zeit an der Backe?"

Ihre Tonlage schrillte etwas in die Höhe, was beim Zauberer einen kleinen Sprung im Herzen auslöste. Was glaubte sie, wie lange würde sie es wohl mit ihm aushalten? Und würde sie ihr Gefühlschaos weiterhin ertragen? Er brannte förmlich darauf es herauszufinden, sehnte sich regelrecht danach, bei ihr zu bleiben. Das erste Mal in seinem Leben könnte er mehr Zeit mit jemandem verbringen. Seine Kämpferin würde ihn nicht sofort vergessen und er würde nicht gleich wieder unsichtbar werden und alleine in seine Welt zurückkehren.

„Sieh es doch einfach als Herausforderung", spottete er sarkastisch und sah sie dabei direkt an.

Another Nameless Dandelion StoryWhere stories live. Discover now