Kriegserklärung

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„Weil Dr. Manuela Wayne und du nachweisliche Verbindungen habt. Familiärer Natur“, erwidere ich Diamonds Dummtuerei. Ja genau. Diese Reaktion habe ich sehen wollen. Ihre hellen, rosigen Wangen werden sekündlich blasser. Diese Körperreaktion verrät mir bereits mehr, als diplomatisch gewählte Worte. Ihre Hände verschränken sich defensiv vor ihrem Oberkörper. Für einige Augenblicke haben ihre Füße gezittert.
„Erspar mir bitte sämtliche Ausflüchte. Je eher du mir sagst, was ich wissen will, desto eher bist du mich wieder los, Mona“, sage ich streng und setze mich an den Rand ihres Schreibtisches, ohne sie auch nur für einen winzigen Moment aus den Augen zu lassen. Ich hoffe, sie erkennt den Ernst der Situation. Ihre strahlend hellen Augen, die das Leuchten der schwachen Raumbeleuchtung widerzuspiegeln scheinen, sind fest auf mich gerichtet. Sie fürchtet, dass ich sie töten werde. Ein Nebeneffekt, den mein Auftreten wohl mit sich bringt. Ich müsste lügen, wenn ich behaupte, dass mir das nicht gefällt. Die zugegen verdammt scharfe Anführerin der Friedensloge streicht sich seufzend durch die Haare und löst ihren sauber hergerichteten Zopf. Das hat sie damals auch gemacht, als wir miteinander gevögelt haben. Kurz schweifen meine Gedanken an den Abend ab. War schon echt heiß. Schwer seufzend setzt sie zum Reden an: „Nun gut“
Sie tapst an mir vorbei und setzt sich auf den Stuhl ihres Schreibtisches. Ich drehe mich zu ihr um.
„Ich bin ganz Ohr“
„Wie du bestimmt weißt, war ich nicht immer bei der Friedensloge“, beginnt sie ihre Ausführung und ich komme nicht umhin, ihr immer wieder in den Ausschnitt zu gucken.
„Richtig. Du hast deinen Weg in der Sichelloge begonnen. Abteilung Menschenexperimente, wenn ich mich nicht irre. Dann wurde dir die Durchsichtige injiziert und du hast die Kräfte bekommen, die du jetzt hast. Daraufhin hat man erkannt, dass du für die Friedensloge profitabler bist und du hast gewechselt“, rekapituliere ich grob den Werdegang der lüsternen Anführerin. Sie lächelt schwach und nickt.
„Auf das Gröbste heruntergebrochen, aber ja“
„Und weiter?“
Diamond streicht sich tief durchatmend durch ihre beinahe schon schimmernden Haare, ehe sie antwortet: „Und sie hat mich großgezogen. So etwas in der Art zumindest“. Sie pausiert einen Augenblick und kneift kurz ihre geschminkten Augen zusammen. Ich habe keine Ahnung, worauf sie mit dieser langatmigen Ausführung hinaus will.
„Diese Frau ist sehr daran gelegen Menschen zu „modifizieren“
„Überrascht mich nicht, wenn ich mir ihr Aufgabengebiet innerhalb der Sichelloge anschaue“, gebe ich achselzuckend zurück. Der Blick Diamonds scheint mich zu durchbohren. Sie will vermutlich auf etwas anderes hinaus.
„Wenn ich „aufgezogen“ sage, dann meine ich „herangezüchtet“. Hast du nicht damals ihre gesamte Operation hochgehen lassen?“ Ich nicke.
„Ihre Forschungen außerhalb des Syndikats. Diverse Geschöpfe hat diese irre Fotze rangezüchtet. Unter Anderem deine Vize. Fötzelche-“
„Vögelchen und den nächsten Spruch bereust du“, falle ich der spöttischen Diamond ins Wort. Sie grinst und winkt locker ab.
„Jaja, komm runter, war nur ein Witz. Auch ich bin unter diesen Umständen „aufgezogen worden“. Wenn ich mich recht erinnere, hat Wayne auch mit Dr. Corey und Dr. E. Manuel zu schaffen gehabt. Der Letztere dürfte dir sicherlich ein Begriff sein. Der Kerl, der Beptus auf die Welt losgelassen hat“
 
Das wiederum überrascht mich. Lasse mir meine Überraschung nicht ansehen. Zumindest hoffe ich das. Diese Info wird nirgendwo aufgeführt.
„Und woher weißt DU das? Das sind Informationen, die ni-“
„Nicht in den Archiven aufzufinden sind?“, unterbricht mich die Anführerin der Friedensloge und zum ersten Mal in diesem Gespräch liegt Triumph in ihrer sonst so lasziven Stimme. Überlegen hebt sie ihren Kopf ein wenig, um mich von oben herab anzuschauen.
„Du vergisst, wie locker Zungen werden, wenn der Sirenengesang die Sinne benebelt“, flötet sie spielerisch und ihr Gesichtsausdruck erinnert mich an die Nacht, die wir gemeinsam gehabt haben und mich Diamond mehrfach zum Kommen gebracht hat. Ich falte meine Hände zusammen und lehne mich etwas vor.
„Wer besitzt solche Informationen? Wer plaudert sie aus und worauf genau warst du aus?“, hake ich direkter nach.
„Worauf sollte ich aus gewesen sein?“
„Solche Sachen spricht man nicht einfach beim Ficken aus, was bedeutet, dass ihr explizit danach gesucht haben müsst. Du scheinst den verfickten Ernst dieser Situation nicht zu begreifen“, schlussfolgere ich und knalle beim letzten Satz meine Faust mit Schmackes auf ihre Tischplatte. Sie zuckt etwas zusammen, aber fängt sich augenblicklich.
„Na schön. Wenn du es unbedingt wissen musst“, beginnt sie, seufzt merklich aus und beginnt zu erzählen. Alles zu erzählen…
 
Einige Zeit später sitze ich wieder in meinem schwach durch gedimmtes Licht beleuchteten Büro auf dem überaus gemütlichen Ledersessel. Mir dröhnt der scheiß Schädel vom Tag. Als ich aus der unteren Schublade meines Tisches eine Ibuprofen 800 rausgeholt und sie mittels Wasser weggespült habe, murre ich in das Nichts meines Büros: „Hast du alles mitbekommen?“
Eine sonore Stimme in meinem Innersten bejaht.
„Sehr gut. Ich mach Schluss für heute. Behalt Diamond im Auge. Und Radon. Nur für den Fall, dass irgendetwas interessantes passiert“
„Verstanden“, erwidert der Informant, der mit mir telepathisch in Kontakt steht.
Muss den gesamten Tag erst einmal verarbeiten. Die Informationen ganz in Ruhe zu ein für mich verständliches Gesamtbild bringen. Aus purer Faulheit stehe ich nicht auf, um mir eine Flasche Rotwein aus dem Eckschrank links hinter mir zu holen, sondern teleportiere mich direkt vor die Glasscheiben.
„Heute mal den günstigen Dornfelder“, murmele ich, öffne den Schrank und greife mir die dunkelgrüne Rotweinflasche samt passendem Glas. Und zurück auf meinen Sessel teleportiert. Die ersten Schlucke gehen äußerst süffig runter.
„Was zum Fick war das für ein Vieh bei der Sichelloge. War das eines der Experimente von Wayne? Und wenn ja, was, wenn das nur ein Warnschuss war und da noch mehr von diesem Missgestalten existieren? Ich denke, dass Radon mich informiert, wenn sich etwas Neues ergibt“, murmele ich vor mich hin und starre dabei nachdenklich auf das sich träge umherbewegende Rot meines Getränks.
Die Tür meines eben noch ruhigen Büros  wird aufgerissen. Einer meiner Mitarbeiter humpelt panisch herein.
„Boss!“, keucht der große, breite und beinahe komplett vernarbte Problemlöser hervor. Einer meiner ältesten Mitarbeiter. Die Art wie er hereinplatzt. Dieser panische Gesichtsausdruck. Blut strömt aus gefühlt jeder Pore seines Gesichts. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich erhebe mich sofort von meinem Platz.
„Was ist mit dir passiert, Metall!?“, sage ich mit erhobener, besorgter Stimme. Will zu ihm gehen, doch gerade als ich den ersten Schritt in die Richtung meines verwundeten Problemlösers setze, brüllt er: „Nicht näherkommen!“
Erschrocken halte ich inne. Mein Blick huscht entlang des zitternden Körpers Metalls, um irgendeine Art Veränderung zu erkennen. Vergeblich. Abgesehen von der Masse an Blut, die seine gesamte Kleidung durchsifft zu haben scheint. Ist das nicht etwas viel Blut, das er verliert? Kann man da noch gerade stehen, geschweige denn klar denken und reden?
„Wir werden angegriffen!“, schreit Metall beinahe von Sinnen. Zu laut, um es nur mir mitzuteilen. Er will den ganzen Standort informieren. In mir spielen sich innerhalb von einigen Millisekunden verschiedenste Szenarien ab, wie ein möglicher Angriff aussehen kann, ehe ich nachfrage: „Wer greift uns an? Was genau passiert gerade?“

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 11, 2021 ⏰

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