55 | Kokainrausch

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»Blinken nicht vergessen!«

Boah, ja. Und sonst hatte ich nichts zu scheißen, oder?

Dann standen wir endlich. Ich löste meine Finger von dem abgenutzten Lenkrad und bemerkte, wie verschwitzt und verkrampft sie waren. Keine Ahnung, was die ganzen anderen Kerle an Autos geil fanden. Dumme Poser ohne Selbstbewusstsein.

»Du hast mir immer noch nicht das Geld für die letzten Fahrstunden überwiesen«, merkte Renate an und hob ihre ungezupften Augenbrauen. Sie hatte eh voll die Mannsweib-Vibes und im Theorieunterricht hatte einer gelabert, dass sie mal im Gefängnis gewesen war. Wunderte mich nicht, so war unser Viertel.

»Ja, hier.« Ich griff in die Tasche meiner Jogginghose und hielt ihr einen Stapel Fünfziger hin.

Renates Blick wurde skeptischer. Schon klar, was sie dachte. Dass ein Neunzehnjähriger unmöglich mit ehrlicher Arbeit so viel Kohle machte. »Wird das ne Bestechung, oder was?«

»Ich will die Scheiße bezahlen, also Alter, nimm.« Ungeduldig bewegte ich meine Hand.

»Das Konzept Überweisung ist dir fremd?«

Arrogante Schlampe. Ohne Scheiß jetzt, die sollte mich mal besser nicht provozieren, das hatten schon viele bereut.

»Nimm einfach, is eh mehr.«

Renate nahm die Fuffis entgegen und warf einen kurzen verwunderten Blick darauf, als sie checkte, wie viel ich ihr gerade für ein paar Fahrstunden gezahlt hatte. Tja, ich konnte es halt. Damit ließ ich sie stehen, knallte die Autotür hinter mir zu und ignorierte ihr Gezeter aus dem Fenster raus. Bla bla, was juckte mich die Karre.

Außerdem hatte ich eh besseres vor.

Im Laufen zog ich die Brille von meiner Nase und schob sie in meine Jackentasche. Alter, ich sah doch genug ohne. Richtige Missgeburten, wer sich das ausgedacht hatte.

Vorbei an den leerstehenden Geschäften des Einkaufszentrums ging ich zu dem kleinen Kino. Unter den Treppen durch, auf denen wir früher immer gesoffen haben. Vorbei an einem siffigen Matratzenlager, auf dem sich zwei Obdachlose die Kante gaben. Auch dieses Mal war die Scheibe der Kinotür blankgewischt. Erbärmlich, wer sich für so etwas die Mühe machte.

Wie immer schlug mir stickige Heizungsluft entgegen. Ich lehnte mich gegen die dunkelrot gestrichene Wand und verschränkte die Arme vor der Brust.

Direkt an der Kasse stand ein Kerl, der vielleicht fünfzehn, sechzehn war und in seinem Arm ein Mädchen mit gemachten Locken. Erstes Date oder so, die Art von Schwachsinn, auf die ich mich nie hinab lassen würde. Gelangweilt tippte sie auf ihrem Handy herum, während er sich nicht zwischen Nachos und Popcorns entscheiden konnte.

»Ohne Scheiß, Nachos und Popcorn is einfach beides geil, bei Gott«, überlegte der Typ. Unentschlossen flog sein Blick zwischen beidem hin und her.

Fede sah ziemlich genervt aus, doch als er mich entdeckte, hellte sich sein Blick auf. Definitiv freute der sich, mich zu sehen. Wieder trug er dieses schwarze Hemd und wieder sah es scheiße gut aus. Heute hatte er ein bisschen mehr Bart als sonst und fuck, auch das gefiel mir.

Der Typ entschied sich für die Nachos und als Fede gerade dabei war, die in einen Plastikbehälter zu füllen, sagte er eilig: »Warte, Bruder ... ey, ich nehm doch das Popcorn.«

»Okay.« Genervt pfefferte Fede die Nachos zur Seite.

Schließlich setzte sich das Paar in Bewegung und Fede musste noch ein paar weitere Kunden abfertigen, ehe sich der Vorraum geleert hatte und ich zu ihm an das Tresen trat.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWhere stories live. Discover now