Ich kann nicht anders, als großartig zu sein

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Schwer bebt der müde Muskel in meiner Brust.

»Es kommt vom Herzen her«, sage ich und meine es.

Denn jede Faser dieser strähnigen Pumpe schwitzt und treibt mir den Teufel in den Leib. Und mit dem Teufel kommt die Raserei, kommt die Fahrigkeit, kommt der jugendliche Schwung.

Mein Leben war nie besser als jetzt!



Die grauen Zellen schwimmen wie flüssiges Metall in meinem Kopf.

»Schlaf wird überbewertet«, sage ich und meine es.

Wenn ich mich nur besser konzentrieren könnte, dafür gäbe ich auch etwas von der Euphorie, die meinen gesamten Körper durchzuckt und mir nur Lachen ins Gesicht zaubert.

Denn die Euphorie kommt mit einem Preis!



Die rennenden Zeiger auf der Uhr nagen an mir, genau wie mein Verstand.

»Die Gedanken rasen kreuz und quer und stolpern übereinander«, flüstere ich und meine es.

Was längst vergangen, kommt mir vor wie gestern erst geschehen. Jede Silbe, die ich je vernommen, hallt mir immer und immer wieder in den Ohren.

Ich gebe es nicht zu, aber ich fühle mich gejagt!



Aber die Jagd stachelt mich an und messerscharf sind meine Sinne.

»Niemand kann mir das Wasser reichen«, triumphiere ich und meine es.

Mit meiner Gabe, aus tausend Indizien zu kombinieren, kann ich jeden in die Tasche stecken. Mein Geist rotiert auf 200 Grad, diese Hitze muss raus und sich an allem und jedem abreagieren.

Jeder, der mir böse kommt, dem verpasse ich eine geballte Ladung!



Dabei fühle ich mich absolut großartig.

»Keiner ist witziger, keiner kann mich übertrumpfen«, sage ich und meine es.

Aus meinem Mund purzeln die scharfzüngigsten Sprüche. Jede Schwäche wird von mir ausgenutzt, um meine Überlegenheit zu beweisen. Und meine Worte schneiden tief ins Fleisch.

Wer meine derben Jokes nicht versteht, dem fehlt der Humor!



Doch ich brauche Unmengen an Kohle für das geistige Feuer in meinem Kopf.

»Ich habe Heißhunger den ganzen Tag«, sage ich und meine es.

Kohlenhydrate in reinster Form und Eiweiß für den zähen Muskel in meiner Brust.

Ohne Stoff erlebe ich den Black Out!



Mein einziges Problem ist die Unsicherheit tief in mir drinnen.

»Niemand hat mehr Durchblick als ich«, prahle ich und meine es.

Und doch nagt jede Ungereimtheit in meiner Erinnerung an mir, nagt jede Lücke in meinem Kopf an meinem Selbstverständnis, nagt jede Kritik mit scharfen Zähnen an meinem Selbstwertgefühl.

Und das kann ich nicht zulassen!



Jeder, der sich mir in den Weg stellt, wird fertiggemacht.

»Ich brauche nur pusten und du fällst um wie ein Streichholz«, brülle ich und meine es.

Denn keiner ist stärker und perfider als ich, niemand ist meinem Scharfsinn gewachsen. Deshalb darf ich und muss ich jede Kritik und üble Rede und jedes böse Tun schon im Keim ersticken.

Oder ich ersticke daran!



In jedem Menschen um mich herum finde ich noch ein Fünkchen Böses.

»Ich spüre doch, dass du dich gegen mich stellst«, sage ich und meine es.

Ich sehe überall Komplotte, überall Zwist und Zank. Niemand liebt mich, denn sie suchen alle nur ihren Vorteil an mir.

Doch ich bin doch nicht blöd!



Meine Sicht auf die Welt und die einzig wahre Sicht.

»Du solltest wirklich mal über dein Leben nachdenken«, sage ich und meine es.

Denn offensichtlich versteht niemand die Zusammenhänge, und niemand durchblickt die eigenen Unzulänglichkeiten, und an was es ihnen mangelt.

Ich sage es ihnen auf die Nase!



Und dafür zerbreche ich alle Fäden, die mich halten.

»Ich möchte nicht allein sein«, flehe ich und meine es.

Und doch sehe ich, wie mein schrankenloser Jähzorn alles um mich herum zu Boden reißt. Was ich nicht willentlich zerpflücke, das fällt von selbst von mir ab und lässt mich entblößt zurück.

Davor habe ich Angst, eine Heidenangst!



Denn ich weiß, dass ich doch nicht zurechtkomme.

»Ich schaffe es nicht mehr«, fiepe ich und meine es.

Die unerledigten Dinge, die mich umgeben, stürzen auf mich ein, und wie sehr ich auch rotiere, sie türmen sich immer weiter auf und der Teufel muss dafür verantwortlich sein, denn mein Gewissen springt mich aus allen Ecken an und ich möchte fliehen aber kann nicht aus meiner Haut.

Ich kann mich doch nicht einmal um mich selbst kümmern!



Ein armer Schlucker, ein Taugenichts bin ich.

»Vor mir liegen die Scherben meines Lebens«, sage ich und weine.

Niemand, der mich festhält. Niemand, der mich versteht. Am allerwenigsten ich selbst.

Mein Herz drückt dumpf und zäh, wie um Tausend Jahre gealtert ...


Chaos. Ich kann nicht anders, als großartig zu seinOnde as histórias ganham vida. Descobre agora