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„Das kannst du laut sagen.", der dunkle Haarschopf vor mir gab ein leichtes Lachen von sich und als sie schließlich ihr Gesicht zu mir drehte, erkannte ich sie auch.
„Du bist das Mädchen von heute morgen, oder?", flüsterte sie und musterte mich kurz.
„Äh ja.", keine Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte, „Und du bist...?"
„Oh ich bin Jennifer, aber jeder nennt mich nur Jenny. Dieser „merkwürdige Kerl" ist Mike, mein Bruder. Zwillingsbruder. Klasse Auftritt übrigens, also der draußen. Es gibt leider nur selten Leute, die meinem Bruderherz die Stirn bieten.", sie grinste mich breit an, während sie mit gesenkter Stimme zu mir sprach, „Aber auch wie du es gerade dem Professor gezeigt hast. Wirklich amüsant."
Ich schnaubte verächtlich. „Klar. Erster Tag am College und schon zwei Feinde gemacht, könnte nicht besser laufen."
„Na ja dafür kannst du mich schon mal zu deiner Verbündeten zählen. Die Feinde meines Feindes sind meine besten Freunde.", wieder lachte sie leise, was ihr einen argwöhnisches Blick von ihrer Banknachbarin kostete.
„Danke, aber ich komm ganz gut allein zurecht.", ich lächelte dünn und senkte meinen Blick wieder auf meine Notizen. Normalerweise war ich nicht so kühl neuen Personen gegenüber. Doch mein einziges Ziel war dieses eine Jahr ohne große Zwischenfälle zu überstehen. Danach auf nimmer Wiedersehen USA und willkommen zurück Kanada.
Doch die Brünette vor mir ließ sich nicht so leicht beirren lassen und redete stattdessen einfach weiter, wie ein Wasserfall: „Aber sag mal, wenn du im ersten Jahr schon im Mathematikkurs für Fortgeschrittene bist, bist du dann eine kleine Einstein, oder was?"
Etwas in meiner Brust zog sich zusammen, als sie das sagte. „Kleine Einstein", so hatte mein Bruder mich immer genannt.
„Soweit würde ich nicht gehen.", das war gelogen, „Aber meine Eltern machen bei allem immer Druck und wollen, dass ich etwas „Besonderes" bin."

„Oh glaub mir du bist besonders.", murmelte Jenny, als wäre das eigentlich nicht für meine Ohren bestimmt gewesen. Ich runzelte die Stirn.
„Was?"
„Was?", kurz schwieg sie. Ihr Gesichtsausdruck war nervös, dann wechselte sie schnell das Thema, „Also, Elleandra-"
„Ella.", unterbrach ich sie. Ich hasste es, wenn man meinen vollen Namen benutzte.
„Ella. Wo kommst du her? Was hast du getrieben bis du hier angekommen bist? Woher hat der Wind dich getragen?"
„Ich komme aus Kanada, genauer gesagt aus Quebeck. Und keine Ahnung. Highschool. Familie. Freunde. Ein ganz normales Leben eben.", ich seufzte, das war wieder gelogen. Mein Leben war eigentlich das komplette Gegenteil von „normal". Seit meiner Kindheit hat meine Mutter mich von einem Kurs zum nächsten geschleppt. Von Instrumenten bis hin zu Kampfsport. Sie wollte, dass ich ein Wunderkind bin. Ein Ersatz für meinen Bruder. Er war das Wunderkind gewesen. Egal was er versuchte, es gelang ihm von anhieb. Ich war nur gut in der Schule. Vielleicht etwas intelligent. Doch insgeheim wollte ich nur einmal aus dem Schatten meines Bruders raus. Aber ich war nicht er. Und würde es auch nie sein. Das wollte meine Mutter nur nie akzeptieren. Vermutlich wäre es für sie angenehmer gewesen, wenn ich damals an seiner Stelle verschwunden wäre.

Es klingelte zur nächsten Stunde. Ich atmete erleichtert aus. Gerettet vor meinen eigenen Gedanken, die mich wieder wie ein Strudel nach unten ziehen wollten. Und gerettet vor der nervigen Fragerei. Schnell räumte ich meine Sachen zusammen, schenkte Jenny ein dünnes Lächeln und wollte gerade mit der Menge aus dem Saal eilen als ich durch eine Stimme zurückgepfiffen wurde.

„Hey Weißbrot, was ist mit deinen Haaren passiert? Etwa in Bleiche gefallen?", er lachte hämisch. Ich sah
mich zu ihm um. Es war dieser Schwarzhaarige Typ von eben. Dieser Mike.
„Nein aber du scheinbar. Die giftigen Dämpfe müssen deine Sinne benebeln oder warum sonst stellst du so eine dumme Frage?", ich rollte mit den Augen und drehte ihm wieder den Rücken zu, um weiterzugehen. Doch er ließ sich nicht so leicht abschütteln und folgte mir mit einem seiner Freunde im Schlepptau.

„Was schaust du denn so grimmig? Ich hab dir doch nur eine Frage gestellt."
Ich blieb stehen und seufzte.
„Typisch; Männer mit großen Autos, müssen auch immer eine große Klappe haben."
„Was war das?"
„Ich sagte, ich wurde so geboren. Ein Genfehler. Aber das verstehst du wahrscheinlich nicht.", mit dem Worten, wandte ich mich wieder zum Gehen. Doch dieses Mal kam er mir nicht hinterher.
Ein Arm legte sich plötzlich von hinten um meine Schultern.
„Mein Bruder ist ein Arsch, hör nicht auf ihn.", sagte die Brünette neben mir und grinste breit.
Ich warf einen Blick zurück. Mike sah mir immer noch hinterher. Das spöttische Grinsen war aus seinem Gesicht gewichen. „Ja, ich weiß."

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ᏕᎮᎥᏒᎥᏖ ~ ᎴᏗᏕ ᎶᏋᏂᏋᎥᎷᏁᎥᏕ ᎴᏋᏒ ᏕᏋᏋᏝᏋWo Geschichten leben. Entdecke jetzt