Kapitel 8 - Smaragde

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Entfernt drang ein Trommeln an meine Ohren, erregte Stimmen, gedämpft durch dunklen Stoff, der bis über meine Nase reichte und mich wärmte. Smaragde funkelten vor meinen Augen - leuchtend grün, selbst in der tiefen Dunkelheit. Ich blinzelte, aber sie verschwammen, je mehr ich versuchte, sie festzuhalten. Die Müdigkeit gewann und trug mich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Als ich das nächste Mal die Augen öffnete, hatte sich die beißende Kälte in eine angenehme, warme Brise verwandelt. Ich lag auf dem Boden, die Beine angezogen und mit dem Rücken zur Wand. Beim Aufsetzen öffneten sich meine Lippen, als ich einen stechenden Schmerz am Rücken spürte. Dabei rutschte etwas von meiner Brust zu meinem Bauch; ich nahm den weichen, schwarzen Stoff zwischen die Finger - ein Schal.

Verwirrt schaute ich mich um und entdeckte niemanden. Mein Blick wanderte über den mit einer dünnen Schicht feinen Sandes überzogenen Boden. Schuhabdrücke waren in ihn graviert, meine eigenen, die von rechts kamen und zu dem Ort, an dem ich lag führten - und fremde. Größere, breitere Abdrücke, die von festeren Schuhen als meinen Sandalen stammen mussten und von der Biegung links von mir bis vor meinen Körper verliefen.

Ein paar Abdrücke waren nur Zentimeter entfernt und mit den Fußspitzen zu mir gerichtet. Weitere Abdrücke führten erneut den selben Weg aus der Gasse heraus. Ein kalter Schauer kroch meine Wirbelsäule hoch. Die Erinnerung an meinen Traum schoss mir ins Gedächtnis, während ich meinen Fokus wieder auf den Schal brachte. Jedenfalls dachte ich, dass es lediglich ein Traum war, wie jedoch sollte dann der Schal gemeinsam mit den Schuhabdrücken hergekommen sein?

Jemand war hier gewesen, es gab keine andere Erklärung. Jemand, der mich beobachtet hatte - für Sekunden, Minuten, Stunden, während ich ahnungslos schlief. Als säße ich auf Dornen, schoss ich hoch, den Schal noch immer in meiner Faust und bedeckte mein Gesicht.
Ich ging den Weg, den ich gestern hergekommen bin, wieder zurück und blieb stehen, als ich das gewohnte Plätschern von Wasser vernahm. Wenige Meter entfernt befand sich ein kleiner Springbrunnen aus Granit. Drei schmale Wassersträhle schossen aus der Mitte und trafen auf die glatte Oberfläche des Wassers. Ich hatte ihn den Abend zuvor nicht bemerkt und lief auf ihn zu. Ich tauchte meine Hände in das kalte Wasser, wusch den Staub von ihnen und schließlich mein Gesicht. Ich trank mehrere Hände voll und genoss, wie die Tropfen mein Kinn hinunterliefen und eine Gänsehaut auslösten.

Auf dem Weg zur Arbeit entdeckte ich einen Dattelbaum und füllte meine Tasche mit den süßen Früchten. Meine Finger klebten bereits, als ich von Sara begrüßt wurde, die mich zum Frühstück einlud und sich wunderte, dass ich bereits da war. Ich entschied mich, ihr die Wahrheit zu erzählen, nämlich dass ich vorerst keine Unterkunft hatte.
Die nächste Woche schlief ich in ihrem Gästezimmer, welches sie mir solange anbot, bis ich selbst was gefunden hatte. Jeder Tag verlief wie der vorige. Ich wachte auf, ging zur Arbeit, aß zu Mittag, kam nach Hause und ging ins Bett. Abends übte ich mit meinem Dolch, so gut es auf dem engen Raum ging und dachte an die Sichel, die ich an einem Felsen versteckt hatte, bevor ich durch die Tore Dammams lief. Es war unüblich für gewöhnliche Bewohner der Städte eine solche Waffe zu besitzen, soweit man nicht zur Wache des Sultans gehörte. Auf gewisse Weise war ich dankbar für die Eintönigkeit, denn mit ihr fühlte ich mich sicherer und als hätte ich die Kontrolle über mein Leben.
Am Freitag, nach Maghrib, dem Gebet bei Sonnenuntergang leerte sich der Markt. Die Menschen gingen nach Hause und auch das Geschäft war unbesucht. Sara war schon seit mehr als einer halben Stunde durch die Tür des Hinterzimmers gegangen, doch sie hatte vergessen, die Kasse zu leeren. Deshalb bin ich zurückgekommen und wartete nun, doch ich wurde ungeduldig und wunderte mich, was sie tat.

Letztlich ließ ich die Neugier gewinnen und bewegte mich leisen Schrittes hinter den Tresen. Meine Hand schob einen braunen Vorhang im Türrahmen vorbei und ich landete in einem winzigen Hinterraum. In einer Ecke stand ein Eimer mit trüben Wasser, ein schmales Regal mit Tüchern und Putzsachen. Keine Spur von Sara oder irgendwelchen Waren, wie ich eigentlich erwartet hatte. Ich brauchte zwei Schritte, um den Raum zu durchqueren und stand vor einem großen Wandteppich. Fast ausschließlich aus einem tiefen Rot, mit bronzefarbenen Verzierungen und weißen, gleichmäßigen Fransen. Ich ließ meine Finger leicht über eine kleine, gestickte Hibiskusblume streichen.

Rukaya - A Slaves Life Where stories live. Discover now