»Fertig?«, fragte er. Ich warf einen letzten Blick auf mein Äußeres, nickte und drehte mich dann zu ihm um.

»Du siehst ... anders aus«, brachte ich ein wenig unbeholfen hervor, weil mich seine Ausstrahlung ein wenig verunsicherte.

Seine breiten Schultern, die dennoch recht schmale Hüfte und seine starken Beine wurden zwar von der Uniform verdeckt, doch füllten sie die Kleidung so sehr aus, dass es ihm einen ordentlichen Anteil an Autorität und Respekt einflößte. Er sah wirklich gut aus und das verschlug mir erst einmal den Atem. Völlig überrumpelt von diesem Anblick war es also nicht verwunderlich, dass ich herumdruckste wie ein kleines Mädchen.

»Mund zu, Whitefield ...«, raunte Nik mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen, löste sich aus der Tür und überbrückte mit wenigen Schritten den Abstand zwischen uns.

Peinlich berührt fuhr ich meine Kieferklappe wieder nach oben, während in Niks eisblaue Augen ein belustigtes Funkeln trat.

»Du siehst auch nicht schlecht aus«, gab er reichlich verspätet das Kompliment zurück. Seine Augen wanderten ruhelos erst über mein Gesicht, dann über meinen Körper, während ich augenblicklich spürte, wie eine verräterische Wärme in meine Wangen stieg.

»Danke«, krächzte ich und räusperte mich sofort.

Niks Stimme war kaum noch ein Wispern und so tief, dass mich eine Gänsehaut überzog. »Nichts zu danken.«

Seine Worte zogen meinen Blick förmlich nach oben und als meine Augen auf seine trafen, musste ich hart schlucken. Völlig unfähig etwas zu sagen oder zu tun, sah ich mit an, wie Nik die Hände hob und mir den Kragen meiner Jacke zurechtrückte. Dann, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, strich er mir eine lose Strähne meiner Haare hinters Ohr. Die federleichte Berührung seiner Fingerkuppen auf meiner Schläfe sandten kleine elektrische Blitze durch meinen Körper und veranlassten mich dazu nach Sauerstoff zu schnappen, der in den letzten Minuten deutliche Mangelware geworden war. Schnell trat ich einen Schritt zurück.

»Wir sollten langsam ...« Das Ende des Satzes blieb unausgesprochen in der Luft hängen, da meine Synapsen noch ein wenig schlaftrunken in dieser dämlichen rosa Blase umherwankten, die nun jedoch zerplatzte.

Zerstreut schob ich mich an Nik vorbei, dessen intensiver Blick noch immer auf mir lag und es mir schwer machte, wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.

»Ja«, stimmte Nik verspätet zu, setzte sich aber schließlich auch in Bewegung und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verließen wir den Schlafblock.

Der Weg zur Rampe war nicht weit und verlief schweigsam. Wir fuhren mit dem Aufzug nun, da wir befugt waren, bis ganz nach oben, wo ein separater Landeplatz befand. Eine Drohne wartete bereits auf uns.

Nik und ich wurden von einem Wächter kurz eingewiesen, was jedoch gar nicht groß notwendig war, denn sie flog sowieso von selbst. Also stiegen wir ein, Nik tätigte die nötigen Einstellungen und startete das Flugobjekt schließlich.

Ich sog geräuschvoll die Luft ein, als die Drohne vom Boden abhob und leicht wankte, bevor sie kurz ruhig in der Luft stand und sich dann nach vorn neigte, um ihren Flug nach Zone Eins zu starten.

»Heilige ...«, hob ich an, doch es verschlug mir die Sprache.

So weit, wie es mir in den Gurten des Sitzes möglich war, lehnte ich mich nach vorn und richtete meinen Blick aus dem Fenster. Was sich vor meinen Augen bot, raubte mir den Atem. Die Gebäude unter uns wurden immer mehr zu kleinen Punkten, während ich nicht nur das vierte Quartal der zweiten Zone, sondern ganz Circle aus der Vogelperspektive betrachten konnte. Ich sah einen kleinen Teil des Waldes der vierten Zone, die Mauer, die sich um die Stadt schloss und dahinter die endlos scheinende Einöde von Zone Fünf. Die Fabrikgebäude wirkten von hier oben mickrig klein und die komplette zweite Zone sah im Vergleich zu den äußeren Ringen aus wie geleckt. Die Drohen legte an Tempo zu und flog direkt auf den Regierungsturm in der Mitte der ersten Zone zu.

Captured | Band 1Where stories live. Discover now